Altastenberg/Hochsauerland. Wellness für Männer: Ist doch was für Weicheier, oder? Wellness-Expertin Elke van der Biest aus dem Hotel Astenkrone räumt mit Vorurteilen auf.

Die Nägel kürzen und feilen. Die Nagelhaut entfernen. Pflegeöl auftragen und jeden Finger bzw. jeden Zeh einzeln bis zum Hand- oder Fußballen massieren. So eine Mani- oder Pediküre gönnt sich der eine oder andere Mann von heute ja vielleicht noch. Aber ansonsten schwächelt das vermeintlich starke Geschlecht, hat Sorge, Wellness und Körperpflege seien eher etwas für Weicheier. 2007 wurde in den USA eigens im Februar ein „Tag der männlichen Körperpflege“ ins Leben gerufen. Hat der Ruf die Herren im Sauerland erreicht?

Lesen Sie auch: Brilon: Kostenloser Glasfaser-Anschluss - Das müssen Sie tun

Männer sollten das Feld nicht den Frauen überlassen

sollten das „Da ist noch viel Luft nach oben“, sagt Elke van der Biest. Sie muss es wissen. Die 59-jährige Masseurin, Medizinische Bademeisterin, Kosmetikerin, Fußreflexzonen-, sowie Lymph- und Ödem-Therapeutin beschäftigt sich seit 40 Jahren mit Wellness und Entspannung. Sie leitet die SPA-Abteilung des Romantik Berghotels „Astenkrone“ in Altastenberg und bedient vornehmlich eine weibliche Klientel. „Der Mann sagt häufig: ,Schatz, gönn Dir was!‘ und schickt seine Frau zur Wellnessbehandlung, während er in die Sauna geht. Ich würde mir wünschen, dass sich mehr Männer zum Beispiel eine Gesichtsbehandlung trauen würden. Wenn sie später sagen sollten: ,Das gefällt mir nicht!‘ Dann wäre es ja okay. Aber genau das glaube ich eben nicht“, sagt die Fachfrau. Und ergänzt: „Das Feld würde ich an Stelle der Männer nicht allein den Frauen überlassen.“

Hotstone-Massage ist auch bei Männer beliebt: Wellness-Expertin Elke van der Biest aus dem Romantikhotel Astenkrone.
Hotstone-Massage ist auch bei Männer beliebt: Wellness-Expertin Elke van der Biest aus dem Romantikhotel Astenkrone. © WP | Hotel

Dass sich die meisten Herren der Schöpfung zum Beispiel weniger für die Beschaffenheit ihrer Haut interessieren als für den richtigen Reifendruck oder den Lack ihres Autos, ist für Elke van der Biest vornehmlich eine Frage von Erziehung, Tradition und gesellschaftlicher Wertschätzung. „Es gibt zum Beispiel in der Schule leider kein Fach wie ,Körperpflege‘. Wenn Jungs das erste Mal beim Schulausflug in einer Jugendherberge übernachten, bekommen sie höchstens den Rat mit auf den Weg, doch vielleicht ein Deo zu benutzen. Das war‘s. Dabei sind Kosmetik oder Hautpflege kein Luxus.“ Interessant: Frisurtechnisch gönnt sich der moderne Mann durchaus die Tönung seiner ergrauten Schläfen, lässt sich „locken“ oder färben. Auch Barbershops erfahren immer mehr Zulauf. Aber der Weg zum eigentlichen Gesicht, zu den Händen oder zu den Füßen der Männer scheint ein langer zu sein.

Lesen Sie auch:Vogelschutzgebiet in Brilon und Marsberg wird geändert

„Durch unsere Ganzkörpermassage kommen viele auf den Geschmack – auch Männer. Lippen- und Augenpflege sind Bestandteile dieses Angebotes. Und dabei erkläre ich dann auch, warum die Partie um die Augen und um den Mund so empfindlich sind und besondere Zuwendung bedürfen. Wenn ,Mann‘ einmal merkt, wie gut das tut, ist das Eis meistens schnell gebrochen. Weibliche Stamm-Gäste berichten bei ihrem nächsten Besuch – bei dem dann auch der Partner plötzlich die Behandlung mit gebucht hat – dass die Tiegel mit Augenpflege zu Hause neuerdings ständig leer seien…“ Wer da wohl dran geht?

Lesen Sie auch:Winterberg: Streu- und Räummuffeln drohen harte Strafen

Elke van der Biest: „Man muss aber auch sagen, dass der Discounter für Männer bisher wenig anbietet. Eine namhafte Firma schafft es durch eine geschickte Werbekampagne, dass alle wie Jogi Löw aussehen wollen. Wir arbeiten mit anderen, sehr hochwertigen Produkten, die sehr individuell auf die jeweiligen Personen abgestimmt sind“. Männliche Haut sei viel dicker, die Talgdrüsen arbeiteten anders, Männer hätten häufiger Adrenalin-Pickel (Stichwort Stress) und Kernseife samt Dosencreme seien nicht alles. „Auch der Mann sollte waschaktive Substanzen benutzen, die die Haut nicht zu sehr austrocknen. Und natürlich kommt es darauf an, wo man sich aufhält. Jemand, der draußen den ganzen Tag am Skilift steht, braucht einen ganz anderen Schutz als ein Büromensch.“

Auch interessant

Inzwischen gebe es schnell einziehende Substanzen, die mitunter aufgesprüht würden und nicht stören. „Männer sind da besonders empfindlich, wenn etwas fettig oder ölig auf der Haut wirkt. Und trotzdem: Wellness und spezielle Körperpflege werden von Männern offenbar immer noch als Luxus und nicht als Notwendigkeit empfunden. „Das ist schon interessant. Das Auto ist ein Prestige-Objekt und bekommt von vielen Männern eine ausgesprochen intensive Beachtung. Dabei wäre es doch viel wichtiger, sich und seinem Körper etwas zu gönnen. Das hat doch auch etwas damit zu tun, ob man sich selbst mag und wertschätzt“, bringt es Elke van der Biest, die aus Sundern-Hellefeld stammt und schonlange Zeit in Winterberg lebt, sehr gut auf den Punkt.

Lesen Sie auch:Erdbeben-Spende in Brilon: Empörung über Lumpen und Müll

Weil Männer von Natur aus eine große Affinität zu Technik haben, lassen sie sich zum Beispiel durch technische Errungenschaften in der Kosmetikbehandlung anfixen. Der Skin-Shooter ist so ein Gerät, mit dem Seren gezielt und schmerzlos in die Haut „eingeschossen“ werden. Diese Technik hilft angeblich gezielt gegen Erschlaffung, Rötungen, Feuchtigkeitsmangel und Unreinheiten ohne die Haut zu verletzen. Van der Biest: „Nach einer Behandlung hat man ein sofort sicht- und fühlbares Ergebnis.“

Schönheit und Wohlbefinden für den Mann.
Schönheit und Wohlbefinden für den Mann. © WP | Thomas Nitsche

Vielleicht muss „Mann“ erst auf den Geschmack kommen. In vielen Hotels mit Wellness-Abteilung gibt es auch SPA-Angebote für Nicht-Hotelgäste, wo man für ein kleines Geld Schwimmbad und Sauna mitnutzen kann. Ein Blick auf die jeweiligen Homepages lohnt sich. Vielleicht traut sich der eine oder andere Mann ja dann doch mal, seinem Körper etwas Gutes zu tun. Elke van der Biest: „Die Zahl der einheimischen Männer, die das machen, ist bei uns immer noch überschaubar. Das sind dann schon eher Hotelgäste – dann bekommen es die Freunde zu Hause ja schließlich nicht mit.“