Winterberg. Harte Schneeflaute in Winterberg – es ist nass, grau und warm: Dennoch sind auch in diesem Jahr viele Niederländer zu Gast. Kommen sie wieder?

Es ist 12 Uhr mittags und die Gäste aus den Niederlanden haben den bekannten Ferienort Winterberg im Sauerland wie üblich fest im Griff.

Dabei ist das Wetter eigentlich schlecht für einen Skiurlaub: nass, grau und warm. Doch wo noch Lifte fahren und Kunstschnee liegt, tummeln sich wie auf einem bunten Wimmelbild Ski-Fans am weißen Hang.

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Zwischen dem Knirschen des Schnees, dem Zischen der Skier und lautem Bass, der aus Möppis Hütte herüber dröhnt, ist deutlich zu hören: Niederländisch ist hier die Verkehrssprache. Nicht umsonst gibt es das Sprichwort, dass der höchste Berg der Niederlande im Sauerland zu finden sei. So machen die vielen Gäste aus dem Nachbarland auf und abseits der Piste lieber das Beste aus dem mauen Wetter, statt ganz auf die Berge zu verzichten.

Winteridylle auch ohne natürlichen Schnee noch zu erahnen

Bea van Driesten ist mit ihrer Tochter Baudine und deren Freundin Lianne nach ein paar Stunden am Poppenberg auf dem Weg zum Mittagessen ins gemietete Ferienhäuschen. Die beiden Teenager aus der Nähe von Arnheim zeigen sich trotz abtauender Fahrbahn in bester Laune, die tropfenden Skier noch in der Hand.

Blick auf die Pisten und Ski-Hänge  in Winterberg. Foto:Ralf Rottmann/ Funke Foto Services
Blick auf die Pisten und Ski-Hänge in Winterberg. Foto:Ralf Rottmann/ Funke Foto Services © FUNKE Foto Services | Ralf Rottmann Funke Foto Services
Trotz Schneeflaute ist ziemlich viel los.
Trotz Schneeflaute ist ziemlich viel los. © Ralf Rottmann Funke Foto Services
Winterberg im Januar 2023 von oben.
Winterberg im Januar 2023 von oben. © Ralf Rottmann Funke Foto Services

Schließlich ist die Winteridylle, die der Name des Ortes verspricht, auch ohne natürlichen Schnee noch zu erahnen: Die Lifte fahren voll besetzt nach oben, die Ski-Fahrerinnen und Fahrer sausen im eleganten Slalom oder mit dem ein oder anderen Ausrutscher nach unten.

Echter Schnee wäre schöner gewesen

Neongrüne Warnwesten leuchten am Ende der Piste mit dem Schneeweiß um die Wette, oben spuckt ein Rohr Schneestaub aus, der sanft herabrieselt und die Piste in Stand hält.

Natürlich sei echter Schnee schöner gewesen, sind sich die Drei in voller Montur einig. „Aber es ist schon echt voll“, findet Baudine. „Das ist einfach gesellig. Beim Skifahren kommt man immer schnell mit anderen Menschen in Kontakt“, ergänzt Lianne, wobei sie natürlich das berühmte niederländische Adjektiv „gezellig“ verwendet.

Vom Wetter enttäuscht: Lieber nach Österreich fahren

Bea van Driesten gibt – dabei aber freundlich lächelnd – zu, wegen des Wetters schon etwas enttäuscht zu sein. „Wir überlegen, ob wir nächstes Jahr vielleicht eher nach Österreich fahren.“ Ihre Tochter hat nichts dagegen.

Brasje aus der Nähe von Zwolle, die am Winterberger Bahnhof im Auto sitzt und wartet, kann ihre Enttäuschung jedoch kaum verbergen. Sie ist zum ersten Mal samt Mann und zwei Kindern in Winterberg und zweifelt stark daran, ob sie im kommenden Jahr wiederkommen soll. „Keinen Schnee haben wir auch in den Niederlanden.“

Warum sie doch angereist sind? Stornieren eines Familienhauses koste ja nun mal etwas, sagt die 33-Jährige. Auch sie will das Beste draus machen, klingt deutlich weniger optimistisch. „Wir sind schon ein paar Tage hier. In allen Restaurants ist es gerade total voll.“

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Doch Aufgeben scheint keine Option zu sein, auf dem Autodach ist eine Skibox befestigt. Und am Winterberger Bahnhof hält die Familie nicht etwa für eine verfrühte Abfahrt an, sondern wartet auf weitere Mitreisende ihrer Familiengruppe.

Familie Peterinck aus Enschede, die mit ihrem Auto auf demselben Parkplatz einen Zwischenstopp fürs Mittagessen macht, kommt wiederum schon seit sechs Jahren nach Winterberg und hat kein großes Probleme mit dem fehlenden Schnee. Die Eltern zweier Söhne freuen sich wie gewohnt auf einen Natururlaub – und aufs Rodeln im Kunstschnee an der Ruhrquellenhütte.

Rodeln bleibt beliebt

Auch dort sind auf dem Parkplatz die gelben Autokennzeichen in der Überzahl. Den flachen, künstlich beschneiten Hang rodeln größtenteils Familien hinab, der Lift daneben steht allerdings still. Woher der Schnee kommt, scheint die Kinder nicht zu interessieren.

Auf dem Gummiband fahren die Gäste mit roten und blauen Schlitten hinauf. Nach kurzer Fahrtzeit kommt auch Tom Delissen mit seinem fünfjährigen Sohn Joep oben an.

Der Kleine ist schon ganz aufgeregt und will schnell wieder runter – mit dem Schlitten natürlich. Zusammen mit Mutter Maud und Tochter Mandy macht sich die Familie aus Roermond bereit zur Abfahrt zwischen anderen jauchzenden Kindern.

Abfahrt im Kunstschnee

„Wir sind zum dritten Mal hier, um mit den Kindern zu üben“, sagt Tom Delissen, der auch Deutsch spricht. Dafür sei Winterberg ideal, und sowieso nahe zur Grenze.

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Aber auch der Familie aus der Provinz Limburg gibt das aktuelle Wetter zu denken. Annullieren wollten sie ihren Urlaub ebenfalls nicht, das habe sich finanziell nicht gelohnt und es gebe ja genügend Beschäftigung für die Kinder. Doch fürs kommende Jahre haben auch sie ihren Blick wie viele andere Landsleute auf die österreichischen Alpen gerichtet. „Dann sind auch die Kinder dafür alt genug.“

Familie Delissen ist aber sonst gerne in Nordrhein-Westfalen. Im grenznahen Limburg kenne man das Nachbarland natürlich gut. „Wir sind den Austausch aus Roermond gewohnt, da kommen viele Deutsche hin“, so Tom Delissen. „In Winterberg funktioniert es genau anders herum. Es gibt zwar Unterschiede zwischen Deutschen und Niederländern, aber für uns aus der Grenzregion ist es eigentlich egal, ob wir in den Niederlanden oder Deutschland sind.“

Nur eine Schneegarantie, die hätten sie hier im deutschen Winterberg natürlich schon gern gehabt ...