Hochsauerland. Durch einen Vorschlag der Bundesnetzagentur könnte der Mobilfunkausbau verschleppt werden. Was sagt Friedrich Merz dazu?
Wie wenig „smart“ ein Smartphone sein kann, merkt man häufig erst, wenn schon wieder kein Mobilfunknetz zur Verfügung steht. Navigieren, Chatten oder eine schnelle Google-Suche sind nicht mehr möglich. Das Smartphone wird zum Ziegelstein mit einem großen Display ohne Verbindung zur Außenwelt. Ein Vorschlag der Bundesnetzagentur könnte den Mobilfunkausbau nun noch zusätzlich verlangsamen.
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Noch viele weiße Flecken
Auch die Politik hat schon vor einigen Jahren erkannt, wie wichtig ein funktionierendes Mobilfunknetz ist und hat den Netzbetreibern bei der Versteigerung der 5G-Frequenzen Auflagen zum Netzausbau gemacht. „5G bis zur letzten Milchkanne“ war das Versprechen. Davon sind die Netzbetreiber aktuell aber noch weit entfernt. Auch im Jahr 2022 existieren noch zahlreiche weiße Flecken ohne LTE- oder 5G-Anbindung auf der Landkarte. Rund 97 Prozent der Fläche sind nach Angaben der Bundesnetzagentur mit 4G versorgt. Aktuelle Zahlen zeigen, dass die Versorgung durch die Netzbetreiber mit dem neuesten Mobilfunkstandard 5G in der Fläche im Oktober 2022 bei rund 79 Prozent lag und somit um knapp 50 Prozent im Vergleich zum Vorjahr angestiegen ist.
So sieht es im HSK aus
Im Hochsauerlandkreis sind sieben Prozent der Fläche überhaupt nicht an LTE oder 5G angebunden, 33 Prozent werden nicht von allen Anbietern bedient. Auch der 5G-Ausbau läuft schleppend: Mit einem Anteil von 50 Prozent an der Gesamtversorgung kann nur die Hälfte auf den LTE-Nachfolger zugreifen. Zum Vergleich: Die Anbieter im Nachbarkreis Paderborn liefern nur in vier Prozent der Fälle nicht, die Großstadt Dortmund wird nahezu vollständig mit schnellen Mobilfunkverbindungen versorgt.
In der Frequenzauktion von 2019 verpflichteten sich die Firmen dazu, bis Ende 2022 in 500 bisherigen weißen Flecken neue Funkstationen zu bauen. Aktuellen Berichten zufolge ist Telefónica (O2) erst bei 55, die Telekom bei 44 und Vodafone bei 12. Betroffen vom schleppenden Netzausbau sind vor allem die ländlichen Gebiete, darunter auch der Hochsauerlandkreis. Zwar sind die meisten Städte mittlerweile gut angebunden, auf dem Land unterscheidet sinkt die Netzqualität und damit der Empfang aber deutlich.
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Ungleichbehandlung von Stadt und Land
Ein aktueller Vorschlag der Bundesnetzagentur könnte den Ausbau auf dem Land nun aber weiter verlangsamen. Ähnlich wie beim festen Breitbandanschluss, also DSL, Glasfaser oder Kabel, soll es Kunden zukünftig möglich sein, die monatlichen Zahlungen an den Anbieter zu reduzieren, wenn die vertraglich versprochenen Geschwindigkeiten nicht erreicht werden. Allerdings differenziert der Vorschlag zwischen Stadt und Landbewohnern. Würde diese Überlegung so umgesetzt, werden ländliche Haushalte deutlich schlechter gestellt als die Stadtbewohner: „In städtischen Bereichen könnte der mögliche Abschlag nach Ansicht der Bundesnetzagentur 75 Prozent, in halbstädtischen Bereichen 85 Prozent und in ländlichen Bereichen 90 Prozent betragen“ so die Bundesnetzagentur. Weil den Mobilfunkanbietern dadurch ein höherer Anreiz gesetzt wird, die Versorgung in der Stadt schnell auszubauen, droht das Land bei schnellen Verbindungen weiterhin abgehängt zu werden.
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Die WP hat deswegen bei den Bundestagsabgeordneten nachgefragt, wie sie die Situation beurteilen. Gerade auch in Hinblick auf die im Grundgesetz angestrebten, gleichwertigen Lebensverhältnisse.
Dirk Wiese (SPD)
„Wir werden darauf achten, dass keine falschen Anreize geschaffen werden, die den unterschiedlichen Ausbau zwischen Stadt und Land manifestieren oder gar legitimieren. Aktuell findet im Beirat der Bundesnetzagentur eine sehr intensive Diskussion, über die nicht erfüllten Ausbauauflagen durch die Netzbetreiber statt und wir setzen uns dafür ein, dass die Versorgungsauflagen konsequent durchgesetzt werden und dass die Nichterfüllung entsprechender Auflagen auch sanktioniert wird.“
Friedrich Merz (CDU)
„Menschen auf dem Land brauchen genauso schnelles mobiles Internet wie Stadtbewohner. Es ist inakzeptabel, dass Kunden im ländlichen Raum beim Mobilfunk nach den Vorschlägen der Bundesnetzagentur 90 Prozent weniger Leistung als vertraglich vereinbart hinnehmen sollen. Wer auf dem Land lebt, darf kein Kunde zweiter oder gar dritter Klasse sein. Das ist auch eine Frage gleichwertiger Lebensverhältnisse.“
Carl-Julius Cronenberg (FDP)
Der Vorschlag der Bundesnetzagentur zielt darauf ab, die Mobilfunkbetreiber vor Minderungsansprüchen aus Wirtschaft und Gesellschaft zu schützen. Einen solchen Kuhhandel sehe ich grundsätzlich kritisch. Erst recht, wenn er ausgerechnet Regionen belastet, in denen die Wirtschaftsleistung hoch, aber ÖPNV-Angebote unzureichend sind. Richtig ist der Weg, Hürden im Baurecht auszuräumen, um die Aufstellung von Mobilfunkmasten zu beschleunigen. Ebenso ist es richtig, alle Kommunikation von Behörden mit Bürgern und Betrieben vollständig zu digitalisieren.
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Nationales Roaming
Eine weitere Möglichkeit die Funklöcher schnell zu schließen, wäre das sogenannte Roaming. Beim Roaming erlauben die Mobilfunkbetreiber auch den Konkurrenten den Zugriff auf die eigenen Sendemasten. In einem Bereich, wo zum Beispiel die Telekom eher schlecht ausgebaut ist, könnten Kunden auch die Masten von Vodafone oder O2 benutzen und umgekehrt.
Der NRW-Landtag hat nach Antrag der schwarz-grünen Regierungskoalition entschieden, im Bau- und Digital-Ausschuss prüfen zu lassen, inwiefern ein solches „National Roaming“ Funklöcher in NRW effizient verschwinden lassen könnte.