Brilon. Sparbriefe aufgelöst, 40.000 Euro weg: Eine Brilonerin entdeckt, dass die Ersparnisse ihrer dementen Mutter verschwunden sind. Ein fieser Betrug?
Als Alena Schmidt* 2019 die Finanzen ihrer Mutter checkt, fällt es ihr zum ersten Mal auf – und doch zwei Jahre zu spät. Denn ihre Mutter, über 80 Jahre alt, aus Brilon und dement, hat 2017 ihre Sparbriefe aufgelöst. 40.000 Euro sind verschwunden. Wo das Geld ist, weiß Alena Schmidt nicht. Sie vermutet einen Betrug, etwa wie der Enkeltrickbetrug. Erwiesen ist das nicht, dennoch will sie sich zur Wehr setzen und rechtliche Hilfe suchen, insbesondere nach derWP-Berichterstattung über den Briloner Anwalt Oliver Brock, der die Postbank nach einem Enkeltrickbetrug verklagt hat.
Schon vor Jahren zeigt die Brilonerin Anzeichen von Demenz
Alena Schmidt lebt südlich von München, kommt aber eigentlich aus dem Großraum Brilon. „Ich habe zunehmend das Gefühl, dass alte und vor allem demente Menschen zum Spielball von Menschen mit unehrenhaften Absichten werden“, sagt sie. Ihre Mutter zeigt schon vor Jahren die ersten Anzeichen, irgendwann wird ihre Demenz schlimmer. Sie durchleidet Phasen mit wahnsinnigen Ängsten, ist von außen stark beeinflussbar.
Ängste um das Geld führt Alena Schmidt auf die Krankheit der Mutter zurück
„Sie hatte schon immer zwei Sparbriefe auf der Bank, insgesamt waren das rund 40.000 Euro. Sie wusste, dass der Tag kommen würde, an dem sie pflegebedürftig sein würde und sie wollte nie häuslich gepflegt werden, um ihre Familie nicht zu belasten“, sagt Alena Schmidt. 2019 überprüft sie bei einem Besuch die Finanzen ihrer Mutter. Zum Vorschein kommen zwei Auflösungsbriefe aus dem Jahr 2017. Damals ist Alena Schmidts Mutter schon dement, 81 Jahre alt. „Ich kann mich erinnern, dass sie um den Zeitraum der Auflösung herum Angst um ihr Geld hatte. Sie wollte mir die Sparbriefe mitgeben aber ich gab ihr die Briefe zurück.“ Alena Schmidt hat die Ängste nicht ernstgenommen, auf das Krankheitsbild der Mutter zurückgeführt.
Auflösungsbriefe verändern das Leben der gesamten Familie
Die beiden Auflösungsbriefe haben das Leben der gesamten Familie verändert. Seit Sommer 2022 ist Alena Schmidts Mutter im Pflegeheim, Sozialhilfeempfängerin. Dem Elternhaus, in dem ihre Mutter im Raum Brilon gelebt hat, droht die Zwangsversteigerung. „Wir versuchen gerade gemeinsam als Familie, diese Herausforderung zu stemmen und Vermögen zu erhalten und das Haus sozusagen zu retten.“ Der Plan sei immer gewesen, dass sie irgendwann in das Haus der Mutter zurückkehren wird, um den Ruhestand in der Heimat zu genießen. Jetzt kämpft Alena Schmidt darum, dass sie ihr Elternhaus nicht verliert. „Es ist ein Elend. Wir als Familie müssen nun schauen, wer was beitragen kann für die Versorgung meiner Mutter. Dafür greife ich nun meine eigene Altersvorsorge an.“ Es sei ein großes Problem, wenn alte Menschen betrogen würden. Ein Problem, das sich auch auf die Erben ausweitet. „Die Senioren haben eine Rücklage angelegt, haben gespart um der Gesellschaft und ihren Kindern nicht zur Last zu fallen. Wir wussten immer, dass das Geld da ist und nun stehen wir da, unvorbereitet. Ich habe viele schlaflose Nächte“, sagt Alena Schmidt. Dass man ihrer Mutter die mühsamen Ersparnisse genommen habe, macht sie wütend. „Das ist unanständig. Grässlich. Schlimm.“
Zweimal nimmt sie Kontakt zur Briloner Bank auf
Zweimal nimmt sie Kontakt zu der Sparkasse Brilon auf. Im Sommer diesen Jahres geht sie zur Filiale. „Ich wurde rüde herauskomplimentiert“, sagt sie. „Der Bankberater, der ihrer Mutter das Geld ausgehändigt hat, konnte sich sogar an meine Mutter erinnern, konnte mir aber gleichzeitig keine Auskunft geben, denn ich besitze keine Vollmacht über die Konten meiner Mutter.“ Ob ihre Mutter in Begleitung gewesen sei, ob Rücksprache mit demjenigen gehalten worden sei, der die Vollmacht besitze - all das weiß Alena Schmidt nicht. „Ich hatte erwartet, dass eine Entschuldigung kommt. Ich weiß ja, dass das Geld auf Wunsch herausgegeben werden muss. Ich verstehe die Banken.“ Sie wünscht sich mehr Eingrenzungen für Bankgeschäfte mit älteren Menschen. Mehr Voraussetzungen, damit ältere Menschen geschützt werden.
Sparkasse Brilon erklärt im Statement, wie Prävention funktioniert
Die Sparkasse Brilon äußert sich gegenüber der WP Brilon: „Zu Kundenengagements können wir im Einzelfall und im Allgemeinen verständlicherweise keine Auskunft geben“, so ein Sprecher. „Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind geschult und sensibilisiert, um solche Taten bereits im Vorfeld zu verhindern.“ Zudem soll ein Umschlag, auf dem Fragen rund um den hohen Betrag gestellt werden, dazu beitragen potenzielle Opfer vor einem Enkeltrick zu schützen. Die Fragen tasten unter anderem ab, ob die Person angerufen worden sei, ob das Geld noch am selben Tag übergeben werden muss und ob verboten worden sei, über den Grund der Geldabnahme zu sprechen. „Falls zwei der Fragen mit „Ja“ beantwortet werden, ist die Gefahr eines Betruges sehr hoch“, so die Sparkasse zu dem Fall.
Alena Schmidt will sich wehren – und wissen, wo das Geld geblieben ist
Alena Schmidt will sich nun wehren. Sie wolle nach einem WP Bericht über einen Enkeltrickbetrug jetzt tätig werden. In dem Bericht ging es um Rechtsanwalt Oliver Brock aus Brilon, der die Bochumer Postbank verklagt hat, nachdem diese unkritisch einen großen Betrag Geld an eine Seniorin herausgegeben hat, die auf einen Betrugsanruf hereingefallen war. Auch an den Weißen Ring will sie sich wenden. „Ältere Menschen sind so beeinflussbar. Da muss etwas passieren.“
*Name von der Redaktion geändert