Brilon. Energiekrise und Personalmangel: Die Lage in der Gastronomie ist heikel. Zwei Briloner Gastwirte erzählen offen und ehrlich wie es ihnen geht.

Es ist die Krise nach der Krise, die die Gastronomen in Brilon jetzt vor neue Herausforderungen stellt. Nach drei Jahren Pandemie, in denen die Gastronomie stets als erstes im Lockdown schließen und als letztes wieder öffnen durfte, ist eigentlich Nachholbedarf angesagt. Doch Energiekosten und Personalmangel machen ein gewinnbringendes Wirtschaften kaum möglich, in vielen Städten entscheiden sich Gastronomen dazu, die Öffnungszeiten einzuschränken order vorübergehend zu schließen. Zwei Gastronomen aus Brilon erklären, welche Auswirkungen der dauerhafte Krisenmodus mittlerweile auf das Geschäft hat.

Roastbeef oder Zucker sind sehr teuer geworden

„Vorrangig werde ich den großen Saal schließen“, sagt Thomas „Tommy“ Hillebrand vom gleichnamigen Restaurant im Briloner Kolpinghaus. „Seltsam, denn in der Pandemie war der Saal so gefragt, man konnte dort mit genug Abstand sitzen. Und jetzt, in der nächsten Krise, lohnt es nicht, den Saal zu heizen.“ Die Öffnungszeiten will er wegen der teuren Energiekosten eigentlich noch nicht einschränken, schließt dies aber nicht gänzlich aus. „Vielleicht mache ich irgendwann mittags nicht mehr auf, damit ich das Restaurant nicht den ganzen Tag erwärmen muss.“

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Die gestiegenen Kosten, nicht nur für Energie, sondern auch für Lebensmittel, machen sich für den Gastronom unmittelbar bemerkbar. „Ein Roastbeef oder Zucker sind sehr teuer geworden, manche Kollegen verkaufen gar kein Roastbeef mehr.“ Auch Hillebrand hat seine Karte der aktuellen Entwicklung angepasst – und die Preise ebenfalls. „Wir geben es nicht eins zu eins weiter, aber wir können auch nicht alles schlucken, das wird irgendwann gar nicht mehr gehen.“

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Dass die Kunden ausbleiben, kann er bisher aber nicht erkennen. „Der große Knall kommt dann um Ostern herum, wenn die Abschlagszahlungen kommen und viele ihre Abschläge nicht angepasst haben. Aber jetzt gerade ist es okay, die Stadt ist voll von Urlaubern und wir sind durchgehend gut besucht. Wir brauchen das auch in dem schwierigen Spiel mit Energiekosten, teuren Lebensmitteln und dem Personalmangel.“

Personal? Ersatz ist nicht zu bekommen

Es ist das Stichwort, das den Gastronomen genauso viele Sorgen bereitet wie die aktuelle Energiekrise. „Ich warte seit Wochen auf meinen dritten Kellner, der nicht aus Mazedonien einreisen darf.“ Ein Bekannter hatte ihm die Stelle vermittelt. Gleichzeitig treffen Hillebrands Mitarbeiter die ersten Grippefälle, Ersatz ist nicht zu bekommen. „Das führt zu einem wahnsinnigen Engpass. Ich sage meinen Mitarbeitern, dass sie nur 20 Gäste annehmen sollen und am Abend entscheiden wir dann nach Absprache, ob wir auch Laufkundschaft schaffen. Das bedeutet, dass ich Gäste abweisen muss.“ Wo das Personal hin ist, das weiß er nicht. „Die Schüler, die sich früher eine Mark dazuverdienen wollten, die gibt es nicht mehr. Aushilfen sind nicht zu bekommen. In allen Branchen.“ Hillebrand weiß nicht weiter. „Ich könnte mein Restaurant abends voll besetzen und das brauchen wir auch nach der Pandemie und vor der Energiekrise, aber dafür benötige ich Personal. Das hab ich nicht.“

Lage im Servicebereich katastrophal

Volker Gierse betreibt in Brilon das Hotel zur Post.
Volker Gierse betreibt in Brilon das Hotel zur Post. © WP | Jana Naima Schopper

Volker Gierse, Inhaber des Hotel zur Post in Brilon, hat zwei Ruhetage eingelegt. „Ich würde lieber montags wieder öffnen, aber dafür fehlt mir ein Kellner.“ Die Lage im Servicebereich sei katastrophal. „Ich kann nicht alle Räume nutzen, weil ich nicht genug Personal habe. Dabei kann ich am Abend 100 Essen aus der Küche geben, aber was nützt es mir, wenn ich nur 30 zum Tisch getragen bekomme?“ Es sei nichts mehr zu holen, niemand zu finden. „Gerade zur Weihnachtszeit brauche ich dringend einen festen Kellner.“ Dabei seien seine Anforderungen nicht hoch, bis 23 Uhr gäbe es nur warme Küche, sonntags und montags habe man frei. „Ich weiß nicht, wieso man niemanden findet. Es ist traurig, dass das an einem Kellner liegt. Mein Herz schreit förmlich danach, montags wieder zu öffnen, gerade für die Geschäftsleute die anreisen und abends gerne etwas essen möchten. Es geht nicht.“

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Die höheren Kosten in allen Bereichen würden es zudem noch dringlicher machen, Umsatz zu generieren. Das sei aber kaum möglich. „Wir arbeiten fast nur kostendeckend. Über Gewinn muss man nicht reden.“ Volker Gierse lacht. „Aber das ist eine Herausforderung und wir verlieren nicht den Humor.“ So beginnt er seine Stellenausschreibung auch mit einem: „Bock auf Kann-ich-nicht-mach-ich-nicht? Dann bitte NICHT bewerben. Für alle anderen haben wir genau den richtigen Job.“