Olsberg. Die Neuregelungen von Bund und NRW-Landesregierung stellen Olsberg vor ein Dilemma. Die Politiker reagieren ungehalten – und geraten aneinander.

Windkraftanlagen auf den Höhenrücken sind seit jeher ein emotionales Thema in Olsberg. Die Neuregelungen der Bundes- und Landesregierung zum Windkraftausbau sorgen für eine Auseinandersetzung im Ausschuss für Planen und Bauen in Olsberg. Irgendwann greift der Bürgermeister ein: „Es liegt nicht mehr in unserer Hand!“

Um welche Regelungen geht es?

Das „Wind-an-Land-Gesetz“ soll den Ausbau der Windenergie in Deutschland deutlich schneller voranbringen. Das Gesetz soll bis 2032 umsetzen, dass 2 Prozent der Bundesfläche für die Windenergie an Land ausgewiesen werden müssen. Bis 2027 sollen schon 1,4 Prozent Fläche zur Verfügung stehen. Jedes Bundesland hat nach dem Entwurf einen gesetzlich festgelegten Flächenbeitrag beizusteuern. Der Flächenbeitragswert für NRW beträgt bis 2026 1,1 Prozent der Landesfläche und bis 2032 1,8 Prozent. In die Pflicht genommen werden dazu nicht nur die Landesregierungen. Der NRW-Koalitionsvertrag sieht vor, dass zur Genehmigung neuer Projekte im Windkraftausbau nur noch die fünf Bezirksregierungen für die Verfahren zuständig sind. Die Bundesländer dürfen zwar weiterhin über Mindestabstände entscheiden, müssen aber sicherstellen, dass sie ihre Flächenziele aus dem Windenergieflächenbedarfsgesetz erreichen.

Was bedeutet das für Olsberg?

Um diese Frage zu beantworten, muss man sich die aktuelle Lage in Olsberg genauer anschauen. Die Verwaltung der Stadt gibt einen genauen Überblick über den Stand der Genehmigungsverfahren nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG). So sind derzeit in Antfeld 7 Anlagen durch drei Projektentwickler beantragt. „Die Offenlage der Antragsunterlagen erfolgte für die vier östlichen und die westlichste Anlage. Desweiteren wurde das gemeindliche Einvernehmen für die fünf Anlagen erteilt. Die abschließende Entscheidung des HSK über die Genehmigung der Anlagen steht noch aus“, heißt es dazu. Am Heidkopf sollen 4 Anlagen entstehen, der Antrag ruht allerdings. Eine Entscheidung durch den HSK steht noch aus. Am Mannstein sind sieben Anlagen schon genehmigt worden, die Pläne lagen öffentlich aus. „Wir haben keine Kenntnis darüber, ob sich jemand gegen die Pläne gerichtet hat“, so Hubertus Schulte vom Fachbereich Bauen und Stadtentwicklung. In den letzten Wochen sind Informationsgespräche mit drei Projektentwicklern geführt worden, auch mit dem Kreis seien schon erste Gespräche geführt worden. Bei den drei Vorhaben ist nach Angaben der Projektentwickler die privatrechtliche Flächensicherung erfolgt. Geplant sind 10 Anlagen bei Antfeld-Nord, bis zu 5 Anlagen in Helmeringhausen-West bzw. Elpetal und bis zu 7 Anlagen im Südosten Bruchhausens. Alle drei Flächen liegen außerhalb der Suchräume der Verfahrensflächen des ruhenden Teilflächennutzungsplans. Ruhend, weil der Teilflächennutzungsplan „Windenergie“ vom Ausschuss schon im Mai ruhend gestellt wurde, um die Änderungen der gesetzlichen Rahmenbedingungen durch die neue Landesregierung abzuwarten. Mit den Neuerungen muss die Stadt nun entscheiden, ob sie die Planung wieder aufnimmt oder nicht.

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Was empfiehlt der Ausschuss?

Der Ausschuss für Planen und Bauen hat sich vorab die Meinung eines Rechtsbeistandes eingeholt. Eine Garantie für die Kommunen, über Windkraftstandorte mitzubestimmen, gäbe es spätestens ab 2027 nicht mehr. Eine Übergangsregelung sieht vor, dass Pläne, die rechtssicher bis März 2024 eingegangen sind, berücksichtigt werden – sicher ist das aber nicht. Das stelle die Stadt vor ein Dilemma. Es mache wenig Sinn für die Kommunen, eine kommunale Konzentrationszonenplanung mit den damit verbundenen Kosten und Ressourcen zu betreiben. Verzichtet die Kommune aber auf Planungen, verliert sie die Zurückstellungsmöglichkeit und muss damit rechnen, dass ihr Außenbereich bis zur Wirksamkeit eines neuen Regionalplans für Windenergieanlagen offen ist.

Wie reagieren die Ausschussmitglieder?

Emotional, frustriert, sogar wütend. Frank Kreutzmann (CDU) wendet sich mit einem langen Statement an die Verwaltung. „Die großartige und einzigartige Landschaft wird vom HSK für die Windkraft freigegeben. Das Vorgehen vom HSK kann ich nicht akzeptieren.“ Windräder würden die Umwelt zerstören, den Blick auf die Höhenrücken, sie gefährdeten den Artenschutz und würden Touristen fernhalten. „Ich habe nur herausgehört, wir müssen uns an die Regeln halten, wieso sitze ich hier als Ratsmitglied, wenn über meinen Kopf entschieden wird? Ich habe kein Gehör gefunden.“ Kreuzmann erntet einigen Applaus für seine Worte. Hubertus Schulte reagiert ungehalten. „Ich lasse das so nicht stehen. Diese Anlagen wurden in einem rechtsstaatlichen System genehmigt. Hier wurde nichts über unseren Kopf hinweg entschieden.“ Peter Bergmann (GRÜNE) betont seine Zustimmung zu den Neuregelungen. „Es freut mich, dass Bewegung in das Verfahren mit Windkraft kommt. Der Klimawandel nimmt zu und wenn wir so weitermachen, werden wir erschreckende Auswirkungen zu tragen haben. Herr Kreuzmann sieht das natürlich anders, aber dem kann ich nicht zustimmen.“ Dietmar Burmann (FDP) schlägt in dieselbe Kerbe wie Frank Kreutzmann. „Ich weiß nicht, wer von euch in den Gebieten mit den 240 Meter hohen Windrädern gewesen ist, aber man kann nur den Kopf schütteln wenn man sieht, was in der Stadt passiert. Wir werden Flächen auf den Bergen versiegeln aber unten laufen uns die Keller voll.“ Bürgermeister Wolfgang Fischer setzt sich vor ein Mikrofon. Ruhig und sachlich sagt er: „Wir sind raus.“ Und weiter: „Die gesetzlichen Grundlagen sind geändert, Planungen finden jetzt auf Regionalebene statt.“ Er regt an, dass sich die Kommunen vorab zusammensetzen und Flächen gemeindeübergreifend ausloten. Sabine Menke (CDU) betont: „Man fühlt sich ohnmächtig. Alles ist nach Gesetz und Recht entschieden worden, aber man fühlt sich ohnmächtig.“ Sie regt an, das Thema vor der nächsten Ratssitzung in die Fraktionen zu geben.

Dieser Vorschlag wird mit Mehrheit angenommen.