Brilon/Hochsauerlandkreis. Im HSK mangelt es an Hausärzten: Immer weniger Ärzte wollen auf dem Land eine eigene Praxis eröffnen. So steht es wirklich um die Versorgungslage

Die Suche nach Hausärzten gestaltet sich oft als schwierig. Wenn der vertraute Hausarzt in Rente geht oder aus anderen Gründen seine Praxis schließt, kommen Patienten in Bredouille: Viele Praxen haben kaum Kapazitäten frei und stehen so unter Druck, dass sie keine Neupatienten aufnehmen. Die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe(KVWL) verrät, wie es um die Versorgungslage im HSK wirklich steht.

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Nachdem die Praxis ihrer Hausärztin in Brilon aus privaten Gründen geschlossen hatte, musste sich auch Constanze Piontek auf die Suche nach einem neuen Hausarzt begeben. Die ehemalige WP-Sekretärin hatte jedoch verhältnismäßig Glück: „Ich habe von drei Praxen in Brilon eine Absage erhalten und bin dann bei der Vierten fündig geworden“, erklärt sie. Ihre Suche dürfte kein Einzelfall sein. Überall ist von vollen Praxen und Arbeitsüberlastung die Rede. Drei Hausärzte seien zu diesem Zeitpunkt nicht in der Lage gewesen, Neupatienten aufzunehmen, so Constanze Piontek. Bei der Praxis von Dr. Witteler hat sie Erfolg. Das Problem ist allgemein bekannt: Es wollen nun mal keine Ärzte in eine Kleinstadt kommen. Außerdem seien viele der ansässigen Hausärzte bereits über 60 Jahre alt, weshalb die zukünftige Versorgungslage in Brilon ungewiss scheint.

Auch Altersstruktur relevant

Wie viele Ärzte für eine Region benötigt werden, wird von der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe durch die sogenannte Bedarfsplanung festgelegt. Um eine ausreichende hausärztliche Versorgung zu gewährleisten, beträgt die Basis-Verhältniszahl 1.609 Einwohner je Arzt. „Sofern die Relation von Ärzten und Patienten übereinstimmt, liegt der Versorgungsgrad bei genau 100 Prozent“, so die Pressestelle. Ab einem Grad von 75 Prozent spreche man von einer Unterversorgung und ab 110 Prozent von einer Überversorgung, die jeweils geprüft werden. Auch die Altersstruktur der Ärztinnen und Ärzte sei bei der Erfassung relevant, um die Versorgungssituation in den Regionen einzuschätzen.

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Die hausärztliche Versorgung wird in Mittelbereiche unterteilt und erfasst. Im Mittelbereich Brilon - dazu gehören die Städte Brilon und Olsberg - sind derzeit 19,00 Hausärztinnen und -ärzte tätig. Damit beträgt der Versorgungsgrad 76,1 Prozent, so der Stand im Mai diesen Jahres. Laut der KVWL bestehen noch 8,50 weitere Niederlassungsmöglichkeiten und etwa 45 Prozent der Ärztinnen und Ärzte seien bereits älter als 60 Jahre. „Insgesamt ist die Versorgung der Hausärztinnen und -ärzte im Mittelbereich Brilon derzeit – statistisch gesehen – noch stabil“, erklärt die KVWL.

In Winterberg und Marsberg ist die Versorgung stabil

In den Regionen Winterbergund Marsberg sieht die Lage schon wieder anders aus: Der Mittelbereich Winterberg, zu dem auch die Städte Hallenberg und Medebach zählen, verzeichnet derzeit 17,25 Hausärztinnen und -ärzte. 53 Prozent davon sind älter als 60 Jahre. „Der Versorgungsgrad beträgt in diesem Planungsbereich im Moment 108,8 Prozent“, so die Pressestelle und bezeichnet die aktuelle Lage als „sehr stabil“. Das gilt auch für den Mittelbereich Marsberg: Mit 12,50 Hausärztinnen und -ärzten liegt der Versorgungsgrad bei 103,3 Prozent. Hier werden nur 31 Prozent verzeichnet, die älter als 60 sind.

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Dass die Nachbesetzung im ländlichen Bereich schwierig ist und sich viele junge Mediziner nicht für eine eigene Praxis entscheiden, weiß auch die KVWL. Um dem zu entgehen, gibt es ein Förderverzeichnis als Frühwarnsystem. „Ärztinnen und Ärzte, die sich in den Förderung benötigenden Städten niederlassen möchten, können bei uns einen Antrag auf besondere Unterstützung stellen“, so die Pressestelle. Darunter fallen die Übernahme von Kosten und die Gewährung von Darlehen zum Praxisaufbau.

Kampagne zur Förderung junger Ärzte

Darüber hinaus bieten sie mit der Kampagne „PRAXISSTART“ finanzielle Fördermöglichkeiten sowie Informations- und Beratungsangebote für den ärztlichen Nachwuchs an. „Die Experten der KVWL informieren die angehenden Medizinerzudem bereits an den Universitäten über ihre beruflichen Perspektiven im ambulanten Sektor und beantworten ihre Fragen rund um die Niederlassung“, erklärt die Pressestelle. Auch weiche Faktoren gelten für eine Niederlassung als relevant: Wichtig sei, ob ausreichend Baugrundstücke, Kinderbetreuungsangebote oder Jobmöglichkeiten für den Partner/die Partnerin vorhanden sind. Die Terminservicestelle der KVWL soll Besserung schaffen: Wer beim nächsten Mal einen Hausarzt sucht, der wird dank des Service-Angebots schnell fündig nicht in Bredouille geraten.