Hochsauerland. Zahlen mit EC- oder Kreditkarte im Restaurant: Lohnt es sich für Kellner das Trinkgeld aufzurunden? Das sagen Gastwirte aus Brilon und Olsberg.

Die Corona-Pandemie hat es beschleunigt, aber der Trend war schon vorher da: Immer mehr Menschen zahlen bargeldlos. „Wir sehen das anhand der Kartennutzung und der Frequenz an den Geldautomaten. Das bargeldlose Bezahlen hat zugenommen“, sagt Daniel Danch, Marketingleiter der Sparkasse Hochsauerland. In einer Pandemie schützt der bargeldlose Zahlungsverkehr vor möglichen Virusübertragungen. Und das ist gut so. Auch in der Gastronomie ist diese Entwicklung unumkehrbar, kann aber für die Angestellten einen unerwünschten Nebeneffekt haben: Denn hier und da bleibt dadurch das Trinkgeld auf der Strecke. Und das ist für einen Berufsstand, der oft nicht unwesentlich davon lebt, mehr als bitter.

Gelegenheit, um sich dezent vor dem Trinkgeld zu drücken

„Es gibt Unterschiede“, sagt der Chef vom Jägerhof in Brilon, Andreas Piorek. „Viele Gäste, die bar bezahlen, geben sogar noch mehr Trinkgeld als vor der Pandemie. Sie sind froh, dass es uns wieder gibt und dass Qualität und Service stimmen.“ Bei manchen Kartenzahlern sei das Plastikgeld hingegen eine willkommene Gelegenheit, um sich dezent vor dem Trinkgeld zu drücken. Dabei müssen sich Kartenzahlung und Trinkgeld überhaupt nicht ausschließen – auch wenn manche Betriebe sagen, sie könnten das nicht separat verbuchen.

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„Technisch ist es problemlos möglich, auch beim Zahlen mit EC- oder Kreditkarte einen Obolus oben drauf zu legen“, sagt der stellvertretende Hauptgeschäftsführer des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes Westfalen (Dehoga), Lars Martin. Wenn ein Gast bei einer Rechnung von zum Beispiel 64 Euro gern die üblichen zehn Prozent Trinkgeld geben möchte, könne das handschriftlich auf dem Beleg vermerkt werden. Es gebe aber auch eine „Tipp-Taste“, bei der das Trinkgeld separat ausgewiesen werde. Martin: „Für den Gastronomen hat das den Vorteil, dass das Trinkgeld nicht versteuert werden muss – es sei denn der Inhaber selbst bekommt es.“ Dann hält der Fiskus wiederum die Hand auf.

Im Tagesgeschäft zu kompliziert und zeitaufwändig

Manche Gastronomen scheuen aber auch beim hektischen Alltag den separaten Abrechnungsmodus. Piorek: „Wenn jemand bei 64 Euro Rechnungsbetrag 70 Euro zahlen möchte, werden die 70 Euro in das Gerät eingetippt und fertig. Dann muss ich es zwar mit versteuern, aber meine Mitarbeiter bekommen das Trinkgeld in voller Höhe, die Differenz zahle ich.“ Alles andere sei im Tagesgeschäft zu kompliziert und zeitaufwändig. Piorek selbst ist es aber schon bei Reisen aufgefallen, dass trotz Pandemie zahlreiche Restaurants generell keine Kartenzahlung akzeptieren: „Ich denke, dass das wiederum an den mitunter recht hohen Provisionen der Kartenfirmen liegt.“ Mancher Anbieter verlange als stiller Mitesser bis zu vier Prozent, in der Regel seien es ein bis zwei Prozent.

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Gabi Pfannes, die mit ihrem Mann Michael das idyllische Waldhotel und Restaurant „Schinkenwirt“ in Olsberg betreibt, hat keinen Rückgang beim Trinkgeld festgestellt, aber sehr wohl auch mehr Wertschätzung gegenüber den Mitarbeitern in der Gastronomie. „Wir buchen das bei Kartenzahlung separat ein und dann wird es der jeweiligen Servicekraft direkt zugeschrieben.“ Was viele Gäste vergessen, ist für das Schinkenwirt-Team klar geregelt: der Teamgedanke. Gabi Pfannes: „Alle Kellner bzw. Kellnerinnen legen ihr Trinkgeld zusammen und teilen es zum Beispiel mit Hausmeister, Reinigungsteam oder Küche. Denn das ist hier Teamarbeit.“

Gastronomiebereich eine Gesamtleistung vieler Beteiligten

Daran erinnert auch Lars Martin noch einmal. „Es gibt Betriebe, wo das anders geregelt ist. Wer mit dem Service und mit der Küche zufrieden war, kann das auch am Tisch sagen, nach dem Reglement fragen und darauf verweisen, dass ein Teil des Trinkgelds für die Küchenmannschaft ist.“ Er kenne viele verschiedene Modalitäten. Martin: „Aber Fakt ist, dass der Gastronomiebereich eine Gesamtleistung vieler Beteiligten ist.“ Andreas Piorek handhabt das anders: „Das Trinkgeld ist für den Service und wenn es in der Woche mal wieder gut gelaufen ist, dann legt der Chef zum Beispiel für die Küche auch von sich aus noch was drauf.“

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Es wäre schön, wenn jeder Gast all das beim nächsten Restaurantbesuch einfach beherzigt und seine Zufriedenheit mit Küche und Service auch mal in Münzen oder Scheinen zum Ausdruck bringt.