Elkeringhausen. Ein tief-blaues Altarbild, ein Christus, der über allem schwebt: Wie ein Kunstprofessor die Bonifatius-Kapelle Elkeringhausen neu gestaltet hat.
Jesus breitet seine Arme weit aus. Es ist eine Willkommensgeste. Eine bildgewordene Einladung. Auf den zweiten Blick könnte er so auch an einem Kreuz hängen. Doch da ist kein Balken, kein schmerzverzerrtes Durchhängen eines geschundenen Körpers. Am liebsten möchte der Betrachtende auf den fast tänzelnden Christus zugehen, möchte wie eine Motte in das Licht fliegen. Doch Jesus ist nicht figürlich, nicht haptisch, nicht fassbar. Sein Bild ist auf Glas gemalt, wird aus dem Hintergrund von LEDs beleuchtet und schwebt strahlend über einer blauen Landschaft, die das Orketal sein könnte. Dieses geschätzt acht Quadratmeter große Bild, das zugleich Hochaltar und Blickfang ist, bildet den Mittelpunkt der komplett neu gestalteten Kapelle auf dem Gelände der St.-Bonifatius-Bildungsstätte in Elkeringhausen.
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Einen Kirchenraum neu entwickeln
Kirchenräume werden in diesen Tagen selten neu erfunden oder neu geschaffen. Mit viel Glück werden sie renoviert und in ihrer Substanz erhalten. Dass aber ein Kircheninneres ein ganz anderes Gesicht bekommt, für seine Ausgestaltung ein Wettbewerb ausgeschrieben wird, das ist ungewöhnlich. „Wir haben uns einen Raum gewünscht, der unsere Auffassung von Kirche und unsere Arbeit hier widerspiegelt: Offen, klar, schlicht und doch berührend“, sagen der Direktor, Pastor Dr. Andreas Rohde, und seine Stellvertreterin Silke Otte. „Wir brauchen kein Brimborium, sondern einen modernen, luftigen und hellen Raum, den wir flexibel für verschiedene Gottesdienste und Seminare einsetzen können.“ Altar und Ambo – jeweils Messinggestelle, auf denen eine Eichenplatte ruht – sind mühelos verschiebbar. Dr. Rohde: „Es ist ein freier, nicht vollgestellter Raum, der Platz lässt für die Themen der Menschen. Wir haben hier auch schon getanzt – der Himmel ist schließlich ein Tanzsaal Gottes.“
Den Zuschlag für die Umgestaltung der Kirche erhielt der 1956 in Gelsenkirchen geborene Professor Thomas Kesseler aus Bad Hönningen, der selbst schon zahlreiche Ausstellungen hatte und innerhalb des Paderborner Bistums u.a. sakrale Räume in Unna und Siegen-Weidenau gestaltete. Grundprämisse bei der Ausschreibung: die Kapelle, die dem Heiligen Bonifatius geweiht ist, durfte äußerlich nicht verändert werden. „Und obwohl diese Maßgabe bei den Plänen von Prof. Kesseler nicht eingehalten wurde, hat er den Auftrag bekommen“, freut sich Silke Otte. Denn die Kapelle hat einen kleinen Anbau bekommen, in dem jetzt die Sakristei untergebracht ist. Der alte Vorbereitungsraum auf die Messfeier ist als anderweitig nutzbarer Kirchenraum hinzugekommen, kann durch riesige Glasschiebetüren vom Hauptraum abgetrennt und als Meditations-Insel genutzt werden.
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Die Zusammenarbeit mit dem ausführenden Künstler bezeichnen die Leiter der Bildungsstätte als sehr angenehm: „Professor Kesseler war mehrmals hier in unserer Bildungseinrichtung. Er hat sich sehr bemüht, die Atmosphäre und die DNA unseres Hauses zu erspüren und in seine Arbeit einfließen zu lassen. In gemeinsamen Besprechungen durften wir die jetzige Gestaltung mitentwickeln“, so Dr. Rohde. Anfangs war zum Beispiel eine eher gotische Form der Christusfigur geplant. Aber die jetzige Darstellung entspricht weitaus mehr der Gastfreundschaft und der offenen Atmosphäre, die hier in einer der ältesten Bildungseinrichtungen Deutschlands vorherrschen.
Rund 600.000 Euro
Rund 600.000 Euro hat der gesamte Umbau mit neuer Heizung (in der Wand verlegt), Anbau der Sakristei und der künstlerischen Ausgestaltung gekostet. St. Bonifatius wurde 1929 gegründet und ist eines der ältesten Bildungshäuser in Deutschland. Zwei Figuren - eine Nachbildung der Wallfahrtsmadonna aus Hallenberg und der Hl. Bonifatius - ziehen bis zur Eröffnung wieder in die Kapelle.
Die Farbe Blau dominiert
So, wie die Ideen jetzt umgesetzt wurden, dominiert die Farbe Blau, die für Glaube, Tiefe und Treue steht. Der Farbton findet sich auch in den Bezügen der schlichten Stühlen wieder. Die schwarzen Kratzer, die mit groben Bürsten in das Glas des Altarbildes eingekratzt wurden, symbolisieren die Dunkelheit des Lebens und der Welt. Sie verblassen jedoch gegenüber der Strahlkraft der Christusfigur. Die bunten Fenster bilden die gesamte Farbpalette ab – auf der linken Seite über Gelb und Grün ins Blaue, auf der rechten Seite über Orange, Rot und Violett ins Blaue gehend.
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Ort der Ruhe
Uns war es wichtig, hier einen Ort der Ruhe und des Gebetes zu schaffen – auch Menschen, die den Ruhewald besuchen, oder Wanderer finden hier einen Seelenort, der immer offen ist“, sagt Dr. Rohde. Er und Silke Otte sowie das Team von St. Bonifatius freuen sich schon jetzt auf den 24. April, wenn Erzbischof Hans-Josef Becker die Kapelle um 11 Uhr im Rahmen eines Gottesdienstes segnen wird. Am 18. Juni gibt es im Rahmen des „Offenen Tages der Architektur“ Führungen durch den neuen Kirchenraum. Nicht nur der gemalte Christus vom Altarbild öffnet dazu einladend seine Arme...
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