Winterberg. Ein Investor will das Bordell in Winterberg abreißen und Wohnhäuser bauen. Doch die Politik macht ihm zunächst einen Strich durch die Rechnung
Eigentlich sollte noch im März oder April die Abrissbirne geschwungen werden und das einzige Bordell in Winterberg, das Relax, abgerissen werden. Doch noch läuft der Erotik-Betrieb am Ortseingang des Skiortes auf vollen Touren. Eine gewisse „Anna“ bietet auf der Website des Etablissements weiterhin ihre Dienste an. Geht es nach den Plänen eines Investors, soll damit bald Schluss sein. Doch das Vorhaben, auf dem Gelände in Bahnhofsnähe zwei Mehrfamilienhäuser mit jeweils neun Wohneinheiten und insgesamt auf 1.500 Quadratmeter Wohnfläche zu bauen, hat erst einmal einen Dämpfer erhalten, wie die WP erfuhr.
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Das kritisiert die Winterberger Politik an den Bauplänen
Denn die ursprünglichen Baupläne, die der Stadt als sogenannte Bauvoranfrage vorlagen, wurden im Januar als so nicht genehmigungsreif klassifiziert. Dabei hatte es das Bauprojekt in seiner damaligen Form noch nicht einmal in den Bauausschuss geschafft. Laut dem Vorsitzenden der CDU-Ratsfraktion, Timo Bundkirchen, hatte die Stadtverwaltung eine Vorlage erstellt, die auf der Bauvoranfrage fußte und sich dann ein „Stimmungsbild“ bei den Ratsfraktionen eingeholt. Besonders die Abweichungen vom Bebauungsplan sahen Stadt und Politik kritisch.
Politiker nehmen Pläne unter die Lupe
„Da waren Abweichungen vorhanden, die über das übliche Maß hinaus gehen“, sagt Bürgermeister Michael Beckmann (CDU) gegenüber der WP. Dass die Politik bereits im Vorfeld einer öffentlichen Bauausschusssitzung Investor und Architekten die Rote Karte zeigte, sei „ein übliches Verfahren“, so Beckmann. Der Investor müsse nun nachbessern und sich an den geltenden Bebauungsplan orientieren. Laut der Stadt Winterberg lägen bereits Umplanungen vor, die mit der Bauaufsicht derzeit abgestimmt würden. Dann könnten die neuen Pläne erneut in die politische Beratung gegeben werden.
Scharfe Kritik von der CDU an dem Bauplan
Doch auch die neuen Pläne werden von den Politikern genauestens unter die Lupe genommen. Besonders CDU-Mann Bundkirchen hat große Bedenken. Da die Bahnhofstraße als sogenanntes Mischgebiet gelte, könnten laut Bundkirchen zehn von 18 Wohnungen als Ferienwohnungen vermietet werden. „Das sehen wir absolut kritisch und meinen, dass es ausreichend Ferienwohnungsangebote in Winterberg gibt“, sagt er. Der Investor müsse nun etwas vorlegen, was den angesprochenen Defiziten des ursprünglichen Plans Rechnung trage. Dann könne man ins Gespräch kommen. Und auch der Bürgermeister betont, dass es ihm weiterhin wichtig sei, Dauerwohnraum in Winterberg zu schaffen: „Jede Wohnung, die gebaut wird, entlastet den Wohnungsmarkt“, sagt Beckmann.
„Ein völlig normaler Vorgang“
Torben Firley ist der Fraktionsvorsitzende der SPD in Winterberg. Er sieht das ähnlich. Er plädiere aber auch dafür, Investoren einen Vertrauensbonus zuzugestehen, wenn diese Dauerwohnraum statt Ferienwohnungen versprechen würden. Er kritisiert, dass der Investor nur das Gespräch mit der Stadt, aber nicht mit den einzelnen Parteien gesucht habe. Die vielen Befreiungen vom Bebauungsplan, die der Investor laut Firley vorgelegt habe, seien kritikwürdig gewesen. Doch so „eng“ wie die CDU habe man das selbst nicht gesehen. Auch dass die Entscheidung quasi bei einer Besprechung außerhalb eines öffentlichen Gremiums getroffen wurde, sei ein „völlig normaler Vorgang“. Jetzt müsse der Investor nachlegen und den Parteien am besten persönlich erläutern.
Denn das Bordell und der ehemalige angrenzende Getränkemarkt würde quasi als „Tor zu Winterberg“ einen falschen Eindruck vermitteln. „Da ist man sich ja wirklich einig, dass es da nicht schön ist“, sagt er. Es sei zu begrüßen, wenn die Gebäude endlich abgerissen würden.
Die FWG ist „überrascht“
Die FDP-Fraktion wollte sich zu dem Verfahren auf WP-Anfrage nicht äußern. Der Fraktionsvorsitzende der FWG, Sebastian Vielhaber zeigt sich unterdessen überrascht. Er habe jetzt zum ersten Mal davon gehört, dass man ein Stimmungsbild von den Ratsmitgliedern eingeholt habe. „Ich hab von dem Vorgang keinerlei Kenntnis“, sagt Vielhaber.