Marsberg. Wildschütz Hermann Klostermann war der wohl berühmt-berüchtigste Wilderer seiner Zeit. Er war bei weitem nicht der einzige.
Noch heute handeln viele Erinnerungen, Anekdoten und Geschichten vom Wildschütz Hermann Klostermann. Der berühmteste Wildschütz in Waldrevieren der heutigen Kreise Paderborn, Höxter, Hochsauerlandkreis und Waldeck-Frankenberg war schon zu Lebzeiten eine „Heldengestalt“. Er trieb in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhundert in den Wäldern des Eggegebirges sein von den preußischen Förstern gefürchtetes Unwesen. Sogar preußische Soldaten jagten ihn.
Die armen Menschen aber, die er mit Wildbret versorgte, waren dankbar. So ging er als lokaler Robin Hood in die Geschichte ein. Dies bewahrte ihn letztlich nicht vor acht Jahren Gefängnis in Paderborn.
Im Gebiet des Eggegebirges wurde die Symbolfigur des Wildschütz Klostermann längst zu einem weithin bekannten Marke, um das zahlreiche „Wildschütz-Klostermann-Produkte“ entstanden sind. So wird In Lichtenau seit zehn Jahren ein Wildschütz Klostermann-Markt durchgeführt. Die Westheimer Brauerei hat ein spezielles Westheimer Wildschütz Klostermann-Bier im Angebot.
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Umfangreiche Materialsammlung
Viele Bücher wurden inzwischen zu Hermann Klostermann veröffentlicht. Die Filmproduktion „Jäger und Gejagter“ informierte 2018 über Hermann Klostermann. Aber: „Es gab nicht nur den Klostermann“. So heißt ein neues Buch, dass die westfälische Wilderer-Szenen des 19. Und 20. Jahrhunderts beschreibt.
Damit ist eine umfangreiche historische Materialsammlung entstanden. Sie bildet den Abschluss einer Buchreihe über das Wildern in westfälischen Landschaften. Denn: „Ab Mitte des 19. Jahrhunderts
Im Buchhandel erhältlich
Das neue Buch „Es gab nicht nur den Klostermann. Quellen und Berichte zur Wilderei in Westfalen“ kann mit ISBN-Nummer auch im nahen Buchhandel bestellt werden.Autoren: Peter Bürger, Hans-Dieter Hibbeln (Hg.). ISBN: 978-3-7557-9778-4; Paperback 468 Seiten; 19,80 Euro.
betätigten sich weitaus mehr Bewohner der Region im illegalen Jagd-Metier“, so Peter Bürger, einer der Autoren. Die Förster hätten ganze Dörfer wie Willebadessen, Kleinenberg oder Oesdorf als „Wilddiebnester“ betrachtet und den Einsatz des Militärs verlangt.
Waldkonflikte seien zur Jagd auf Menschen eskaliert und hätten auf allen Seiten Menschenleben gekostet. Bürger: „Traurige Mordfälle und der Tod armer Schlucker taugen allerdings wenig zur Förderung von Heimatromantik. Notwendig sind vielmehr sozialgeschichtliche Forschungen.“
Schon seit einem Jahrzehnt tauschen sich der pensionierte Polizeibeamte Hans-Dieter Hibbeln (Detmold) und der Theologe Peter Bürger über das Thema aus. Ihr neues Buch war gerade fertig, als in diesem Jahr die Meldung über zwei brutale Polizistenmorde in die Medien kam. Erschlossen werden in ihrem neuen Buch unbekannte Archivquellen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts, die die zeitgenössischen Wilderer-Szenen im „Revier“ des Hermann Klostermann betreffen.
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Historischer Gerichtsfall aus Marsberg
Zwei Originalbeiträge haben Horst Braukmann (Soest) und der Historiker Werner Neuhaus (Sundern) für das Buch verfasst. Weitere Abteilungen enthalten exemplarische Fallberichte, zeitgenössische Wortmeldungen zum „Krieg im Wald“ sowie Nachträge mit neuen Funden für das Sauerland, waldeckische Orte und den Kreis Soest. Peter Bürger: „Jenseits von Legenden-Kulten haben wird die Akten aufgeschlagen.“
So wird folgender historischer Gerichtsfall aus dem Raum Marsberg im Buch dokumentiert: Am 22. Mai 1851 ist der mutmaßliche Forstfrevler (Holzdieb) Johann Schwander aus Oesdorf erschossen im Wald aufgefunden worden. Hernach bekennt (bzw. behauptet) ein 16-jähriger Forstlehrling aus Meerhof, er sei der Schütze gewesen.
Der jüdische Handelsmann Gottschalk Eichwald (Oesdorf) beeidet aber als Zeuge eine Auseinandersetzung zwischen dem Getöteten und dem Förster Ernst aus Blankenrode, so auch Schwanders Ausruf: „Um eine lausige Tanne werdet Ihr mich wohl nicht totschießen.“ Angeklagt wird zunächst nicht etwa der Förster, sondern wegen vermeintlichen Meineides der wahrheitsgemäß aussagende jüdische Handelsmann.
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Klage der Oberförsterei Hardehausen
Aus einer Klage aus der Oberförsterei Hardehausen vom 13. März 1920 ist nachzulesen: „Kleinenberg ist ein berüchtigtes Wilderernest, in dem bereits eine große Anzahl Gewehre vorhanden ist. Statt nun, wie es von hier aus früher schon beantragt worden ist, den Kleinenbergern durch Militär die Gewehre abnehmen zu lassen, werden solche jetzt sogar noch von Amts wegen verteilt, damit auch diejenigen Einwohner, die bisher nicht im Besitze von Gewehren waren, sich künftig bei den Wilddiebereien beteiligen können.“
Nachvollziehbar ist durch die Veröffentlichung jetzt auch eine alte Kontroverse über das Paderborner Land. Die Dichterin Annette von Droste-Hülshoff hatte 1845 unter Decknamen die Gesetzlosigkeit der Bewohner und die verbreitete Missachtung der Jagdgesetze beklagt. Daraufhin verteidigte ein ebenfalls anonymer Verfasser die Landbewohner. Sie seien anständige Leute, keine Kriminellen, und hätten gute Gründe, sich ab und an ein Wildbret zu schießen.