Brilon. Die Einkommensteuererklärung steht an. Ein Experte vom Steuerring Brilon und sagt, was man unbedingt beachten sollte und wie man Geld sparen kann.

Viele Steuerzahler graust es, wenn sie an die jährliche Einkommensteuererklärung denken. Für Privatleute, die sich nicht selbst damit beschäftigen können oder wollen, gibt es die Möglichkeit, einem Lohnsteuerhilfeverein beizutreten. Wir haben mit Nils Balzer, dem Leiter der Steuerring-Beratungsstelle in Brilon, über seine Arbeit gesprochen. Er gibt Tipps, was man angesichts der Corona-Pandemie bei seiner Steuererklärung berücksichtigen sollte.

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Nils Balzer, Leiter der Steuerring-Beratungsstelle in Brilon.
Nils Balzer, Leiter der Steuerring-Beratungsstelle in Brilon. © Privat | Privat

Wenn ich im Homeoffice arbeite

WP: Für viele Arbeitnehmer/innen hat sich ihr Arbeitsalltag durch die Corona-Pandemie komplett verändert. Was muss bei der Einkommensteuer-Erklärung beachtet werden, wenn ich teilweise oder komplett im Homeoffice arbeite?

Nils Balzer: In Bezug auf die Coronapandemie gibt es einiges zu beachten. Wichtig ist es zum Beispiel, die korrekte Anzahl an Tagen anzugeben, an denen man die Arbeitsstätte aufgesucht hat. Man muss unbedingt die wegen Kurzarbeit oder Homeoffice angefallenen Tag von den Gesamt-Arbeitstagen abziehen. Wir empfehlen unseren Mitgliedern, generell Beweisvorsorge zu treffen und entsprechende Aufzeichnungen zu machen. Für jeden Tag, an dem ausschließlich im Homeoffice gearbeitet wurde, können – sofern lediglich eine Arbeitsecke vorhanden ist oder anstelle der Kosten für ein Arbeitszimmer - fünf Euro pro Tag pauschal in der Steuererklärung geltend gemacht werden. Allerdings gilt das für maximal 120 Tage pro Jahr. Anschaffungskosten für Hardware, Büromöbel etc. können zusätzlich angesetzt werden, wenn sie nicht vom Arbeitgeber erstattet werden.

Aktuelle Infos zur Coronapendemie im Altkreis Brilon finden Sie in unserem Newsblog

Wie sieht es mit einem Arbeitszimmer aus?

Kann ich auch ein Arbeitszimmer absetzen, wenn ich im Homeoffice gearbeitet habe?

Es ist in der Regel recht schwierig, ein Arbeitszimmer anerkannt zu bekommen. Grundsätzlich ist es möglich, wenn der Arbeitgeber seinen Mitarbeiter/innen verbietet, ins Büro zu kommen und das entsprechend bescheinigt. Pandemiebedingt reicht es aus, wenn der Arbeitsplatz aus Gründen des Gesundheitsschutzes zur Vermeidung von Kontakten mit Kolleg/innen nicht aufgesucht wird – eine ausdrückliche Anweisung des Arbeitgebers ist dafür nicht erforderlich. Man muss allerdings sehr viele Vorgaben erfüllen und zum Beispiel Baupläne und Skizzen einreichen, die belegen, dass es sich bei dem Arbeitszimmer nicht um ein Durchgangszimmer handelt. Nachgewiesen werden muss auch, dass das Zimmer nahezu ausschließlich für die Arbeit genutzt wird. Es dürfen sich also keine Privatsachen, wie zum Beispiel ein Gästebett oder ein Kleiderschrank darin befinden.

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Wenn man Kurzarbeitergeld bekommt

Es gibt verschiedene Lohnsteuerhilfevereine

Im Altkreis Brilon gibt es nicht nur den Steuerring in Brilon, sondern verschiedene Lohnsteuerhilfevereine, die man über die Internet-Suche finden kann. Außerdem kann man sich Hilfe beim Steuerberater holen oder an das Finanzamt in Brilon wenden, wenn man Fragen rund um die Steuererklärung hat.

Lohnsteuerhilfevereine bieten Beratung über eine Mitgliedschaft an. Die Beitragshöhe ist abhängig von der Höhe der Einnahmen, die ein Beratungssuchender hat.

Die Steuerring-Beratungsstelle in Brilon eröffnete im August 2013 unter der Leitung von Nils Balzer. Der gelernte Steuerfachangestellte war zuvor bereits zwanzig Jahre in einem Steuerbüro und zehn Jahre auf dem Gebiet der Lohnsteuerhilfe tätig.

Pandemiebedingt haben auch viele Arbeitnehmer/innen 2021 immer mal wieder Kurzarbeit gemacht. Was müssen sie beachten?

Bei Bezug von Kurzarbeitergeld oder anderen Lohnersatzleistungen wie Kranken-, Übergangs-, Arbeitslosen- und Elterngeld in Höhe von mehr als 410 Euro im Jahr, ist man regelmäßig dazu verpflichtet, eine Steuererklärung abzugeben. Wichtig: Das gilt auch, wenn es keine Aufforderung durch das Finanzamt gibt. Unter Umständen kann es passieren, dass man Steuern nachzahlen muss. Das liegt daran, dass Kurzarbeiter- und Krankengeld zwar steuerfrei ausgezahlt werden, aber dem sogenannten Progressionsvorbehalt unterliegen. Der Fiskus berücksichtigt dabei, dass ein höherer Steuersatz auf die übrigen Einkünfte Anwendung gefunden hätte, wenn die Einnahmen nicht steuerfrei gewesen wären. Aus diesem Grund werden die steuerbefreiten Einnahmen zur Berechnung des persönlichen Steuersatzes herangezogen und auf die übrigen steuerpflichtigen Einkünfte angewendet. Da erlebt so manch einer dann eine böse Überraschung. Muss man Steuern nachzahlen und hat die Abgabefrist nicht eingehalten, ist das Finanzamt verpflichtet, einen Verspätungszuschlag von mindestens 25 Euro pro Monat zu erheben. Übrigens: Wenn man einmal eine Steuererklärung abgibt, heißt es nicht, dass man das fortan immer tun muss. Das meinen zwar viele, aber das ist nicht richtig.

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Abgabefristen

Apropos Abgabefrist: Bis wann muss ich die Steuererklärung einreichen?

Aufgrund der Pandemie wurden für alle, die zu einer Erklärung verpflichtet sind, die Abgabefristen der Steuererklärung verändert. Die Frist für Steuererklärung 2020 endete bereits am 31. Oktober 2021. Wird die Erklärung allerdings durch einen Lohnsteuerhilfeverein erstellt, verlängert sie sich auf den 31. Mai 2022. Für das Steuerjahr 2021 ist der Stichtag für Unberatene der 31. Juli 2022 und für beratene Steuerbürger der 28. Februar 2023. Es sind jedoch Verlängerungen durch die Bundesregierung in Planung.

Bearbeitungsdauer

Wie lange dauert es Ihrer Erfahrung nach, bis hier bei uns Lohnsteuererklärungen durch das Finanzamt bearbeitet werden?

Die Bearbeitungszeiten beim Finanzamt variieren sehr stark. Da wir in der Beratungsstelle die Steuererklärungen beleglos und elektronisch beim Finanzamt einreichen, kann es sein, dass der Bescheid nach zwei bis drei Wochen bei uns eingeht. Sollte es zu Rückfragen seitens des Finanzamtes kommen, sind Verzögerungen von vier bis acht Wochen möglich.

Lohnt es sich eigentlich auf jeden Fall, eine Steuererklärung zu machen?

Das hängt sehr vom Einzelfall ab. Pauschal kann man sagen, dass es sich zum Beispiel für einen Single-Mann, der in Brilon lebt und arbeitet und nicht viele Ausgaben geltend machen kann, unterm Strich nicht lohnt. Bei einer Familie, wo einer oder beide weite Strecken zum Arbeitsplatz fahren und zum Beispiel haushaltsnahe Tätigkeiten wie Gartenarbeit oder eine Putzfrau abgesetzt werden können, sieht das aber ganz anders aus.

Lohnsteuerhilfevereine

Wer kann Mitglied in einem Lohnsteuerhilfeverein wie dem Steuerring werden?

Wir beraten Arbeitnehmer, Beamte, Soldaten und Rentner im Rahmen einer Mitgliedschaft in unserem Verein. Beratend tätig werden dürfen wir für die Zielgruppe auch dann, wenn zudem Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, Einkünfte aus Kapitalvermögen und sonstige Einkünfte – erzielt werden - wie zum Beispiel aus privaten Veräußerungsgeschäften. Voraussetzung ist allerdings, dass die Einnahmen daraus nicht höher sind als 18.000 Euro bei Singles und 36.000 Euro bei Ehegatten sind. Nicht beraten dürfen wir Land- und Forstwirte, Selbstständige und Freiberufler, Gewerbetreibende und Steuerbürger, die umsatzsteuerpflichtige Umsätze ausführen, es sei denn, dass die Einnahmen beispielsweise wegen ihres nebenberuflichen Engagements in voller Höhe steuerfrei bleiben. Ausgenommen sind in der Regel auch Betreiber von Photovoltaikanlagen, bei denen im Hinblick auf die neuen steuerlichen Regelungen Einkünfte nicht mehr erklärt werden müssen. In Ausnahmefällen können Photovoltaikanlagenbetreiber aber weiterhin von uns beraten werden.

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Was sind aus Ihrer Sicht die Vorteile bei einer Mitgliedschaft?

Unser größter Pluspunkt ist die Fachkompetenz auf dem Gebiet der Einkommensteuer, da wir speziell für diese Zielgruppe mehrfach im Jahr geschult werden. Das betrifft insbesondere unsere Soldaten, wo spezielles Fachwissen erforderlich ist. Ich habe mich auf diese Gruppe besonders spezialisiert. Ziel unseres Vereins ist es, die Mitglieder ausführlich und kompetent zu beraten und das zu einem überschaubaren Mitgliedsbeitrag. Der Mitgliedsbeitrag ist übrigens fest, es kommen also keine weiteren Kosten hinzu – auch das ist ein entscheidender Vorteil.