Brilon/Olsberg. Jetzt läuft es wieder bei den Stadtwerken Brilon. Bei der Hochsauerlandenergie herrscht allerdings noch Zwangspause.

Es gibt wieder Brilon Strom und Brilon Gas: Die Stadtwerke Brilon haben den Aufnahmestopp für Neukunden aufgehoben. Und auch im Servicecenter der Hochsauerlandenergie, dem Kooperationsunternehmen der Städte Olsberg, Meschede und Bestwig, herrscht Hochbetrieb. Rund 100 Bürger möchten informiert werden, sobald auch die HE wieder Strom- und Gasverträge anbietet.

Da wird sich mancher Verbraucher noch wundern: Strom und Gas gehen in diesem Jahr richtig ins Geld.
Da wird sich mancher Verbraucher noch wundern: Strom und Gas gehen in diesem Jahr richtig ins Geld. © FUNKE Foto Services | Olaf Fuhrmann

Das hatten die beiden kommunalen Versorger vor Weihnachten eingestellt. Während, wie berichtet, die HE dies offensiv mit den „zurzeit völlig ausufernden Beschaffungspreisen“ begründete, die nur Neuverträge mit Preisen „jenseits von Gut und Böse“ermöglichten, hatten die Stadtwerke sich bedeckt gehalten und auf Nachfrage von technischen Problemen beim Beschaffungssystem gesprochen.

In Bestwig Strom in der Grundversorgung 63 Prozent teurer als in Olsberg

Die hatte es in der Tat gegeben: Denn die Software, so Geschäftsführer Axel Reuber, habe angesichts der exorbitanten Preissprünge innerhalb eines Tages kapituliert: „Bis zu sechs Cent rauf und runter pro Kilowattstunde ja, aber 20 Cent am Tag raffte das System offenbar nicht.“

Mit 41,70 Cent pro Kilowattstunde (kWh) und einer jährlichen Grundgebühr von 142,80 Euro ist Brilon Strom allerdings für Neukunden noch deutlich teurer als der Grund- und Ersatzversorgungstarif bei der Eon. Der liegt - und zwar seit 1. März vergangenen Jahres - unverändert bei 31,22 ct/kWh und einem Jahresgrundbetrag von 138,78. Wie Eon-Sprecher Mario Leikop auf Anfrage der WP sagte, gelte dieser Preis sowohl für Bestands- wie auch für Neukunden in der Grundversorgung. Tarifunterschiede seien vom deutschen Eon-Vertrieb „aktuell nicht geplant“.

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Die Einwohner von Olsberg, die - ob schon länger oder jetzt erst aktuell - in der Grundversorgung Eon-Strom beziehen, zahlen demzufolge satte 37 Prozent weniger als die Einwohner von Bestwig, wo die Hochsauerlandenergie als Grundversorger die Kilowattstunde Neukunden mit 50 ct/kWh und 138,65 Euro Grundgebühr in Rechnung stellt.

Ein Eon-Neuvertrag ist dort laut Verivox vom Dienstagnachmittag mit 66,31 Cent plus 19,89 Euro im Monat allerdings noch deutlich teurer als die Grundversorgung der HE.

Stadtwerke Brilon Grundversorger beim Gas

Beim Gas sind die Stadtwerke Brilon in Brilon Grundversorger. Da kostet die Kilowattstunde die von der Grundversorgung aufgefangenen Neukunden bei einem jährlichen Verbrauch zwischen 20.001 und 40.000 kWh jetzt 18,39 Cent plus 214,20 Euro Grundpreis im Jahr. Wer bisher schon in der Grundversorgung war, zahlt nur 10,66 ct/kWh plus 119 Euro/Jahr.

Wer als Vertragskunde zu den Stadtwerken wechseln möchte, ist mit 13,09 ct/kWh und 142,80 Euro Grundgebühr im Jahr dabei.

Die Hochsauerlandenergie ist in Olsberg, Bestwig und Meschede Grundversorger beim Gas. Da zahlen Bestandskunden in Olsberg und Bestwig jetzt 13,05 ct/kWh plus 144,80 Euro für den kleinsten Zähler. Wer neu in die Grundversorgung rutscht, muss 18,4 ct/kWh plus die gleiche Grundgebühr zahlen.

Enno-Energie aus Brilon plötzlich im Ranking ganz oben

Welche Ausschläge es auf dem Vertriebsmarkt gibt, haben die Stadtwerke Brilon mit ihrer bundesweit aktiven Vertriebstochter enno Energie erlebt. Geschäftsführer Reuber erinnert sich an einen Tag, an dem es abends rund 100 online-Abschlüsse gegeben habe. Hintergrund: Im Lauf des Tages hatten sich einige Anbieter von den Vergleichsportalen abgemeldet und der Anbieter aus dem Hochsauerland war im Preis-Ranking auf einen Spitzenplatz hoch gerutscht.

Energiebörse

Strom und Gas werden auf zwei Arten gehandelt: auf dem Spot- und auf dem Terminmarkt.

Auf dem Spotmarkt werden aktuell überschüssige Mengen verkauft oder aktuell benötigte Mengen erworben und am gleichen Tag oder innerhalb des nächsten geliefert.

Auf dem Terminmarkt sichern sich die Versorger auf bis zu sechs Jahren im Voraus Mengen zu einem festen Preis.

Aktuell seien für den heimischen Raum nur noch jeweils etwa zehn Strom- und Gasversorger auf den Portalen zu finden, früher seien es über 100 gewesen, weiß Reuber.

Bei der Hochsauerlandenergie sei die Wiederaufnahme des Neukundengeschäfts „noch nicht absehbar“, wie Unternehmenssprecher Jörg Fröhling gegenüber der WP sagte. Man wolle eine Stabilisierung der Marktsituation und eine Beruhigung des Vertriebsmarktes abwarten, um dann neuen Kunden „faire und vertretbare“ Preise anbieten zu können. Fröhling: „Eine bestimmte Linie beim Börsenpreis als Anlass für die Aufnahme gibt es nicht.“

Extreme Preisschwankungen auf dem Spotmarkt

Die extremen Markt-Turbulenzen im vergangenen Jahr hatte viele Ursachen, wie Stadtwerke-Geschäftsführer Axel Reuber erläutert. Zum einen erholte sich weltweit die Wirtschaft nach dem ersten Corona-Jahr wieder. Zudem hat Atomstrom-Exporteur Frankreich Ende des Jahres 15 seiner 56 Reaktoren abgeschaltet und musste deshalb für den nationalen Bedarf Strom importieren. Wenn dann noch in der dunklen Jahreszeit hierzulande wenig Wind weht, ist es auch um regenerative Energien schlecht bestellt. In der Folge muss mehr Gas zur Stromproduktion aufgewandt werden, und in diesem Bereich ist Asien ein für die Lieferländer attraktiver Großverbraucher.

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Im Dezember kostete laut dem Branchen-Dienst „Strom-Report“ eine Megawattstunde elektrischer Energie im Schnitt 222 Euro, wobei der Höhepunkt am 22. Dezember mit rund 423 Euro erreicht war. Am 1. Januar diesen Jahres kostete die Megawattstunde nur noch 53 Euro, am Dienstag waren es um die 200 Euro

Bis Ende 2021 haben 502 Versorger ihre Preise im Schnitt um durchschnittlich 40 Prozent erhöht, in diesem Jahr haben 416 Versorger die Strompreise um durchschnittlich 65 Prozent an. Ein Viertel der Grundversorger haben für Neukunden spezielle Verträge eingeführt, bei denen die Preise im Schnitt um 104 Prozent über der normalen Grundversorgung liegen.

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Von der Bewegung auf dem Energiemarkt haben die Stadtwerke Brilon nach Angaben ihres Geschäftsführers profitieren können. Seit Anfang Dezember, als nach und nach etliche Energie-Discounter angesichts der explodierenden Börsenpreise für Strom und Gas in die Pleite rutschten oder die Belieferung einstellten, sei der Kundenkreis des kommunalen Energieversorgers um „mehrere hundert neue Kunden“ gestiegen.

Weiterer Anbieter für Strom und Gas in Brilon für jedermann

Übrigens: In Brilon gibt es einen weiteren lokalen Anbieter für Strom und Gas: Die Kaiser Mineralöl und Tankstellen GmbH hat sich ein neues Standbein geschafft. Näheres dazu lesen Sie hier.