Marberg-Westheim. Corona stellt die Privatbrauerei in Westheim auf eine harte Probe. Brauereichef Moritz von Twickel über dramatische Entwicklungen und Hoffnungen.

Hopfen und Malz, Gott erhalts. Diesen Spruch kennt jeder. Ebenso das Reinheitsgebot aus 1516, ein Garant für süffiges und gutes Bier. Die Sauerländer sind Biertrinker. Die Westheimer, die Marsberger und das gesamte Umland lieben ihr Westheimer. Aber die Westheimer Brauerei bei Marsberg leidet wie viele Brauereien landauf, landab sehr unter der Corona-Krise und hat teils mit dramatischen Umsatzeinbußen zu kämpfen. Die Fassbierproduktion war im ersten Corona-Jahr komplett zum Erliegen gekommen. Keine Schützenfeste, keine Feiern. Nichts.

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Fassbier wird inzwischen wieder gebraut aber längst nicht in dem Maße wie vor Corona. Dennoch schaut Geschäftsführer Moritz von Twickel verhalten optimistisch in die Zukunft. Auch Dank der kreativen Ideen vieler Vereine, der Gastronomie und der Brauerei selbst.

Privatbrauerei in 6. Generation

Moritz von Twickel führt die Privatbrauerei im 160. Jahr ihres Bestehens in der sechsten Generation. Die Fassbierproduktion machte vor Corona über 50 Prozent des Geschäftsanteils aus. Der Jahresumsatz lag konstant seit Jahren um die 5 Millionen Euro. Um die 40 Prozent Umsatzrückgang hatte die Brauerei in 2020 zu verkraften. In 2021 auch.

Lieferservice boomt

Drei Heimdiensttouren der Westheimer Brauerei bringen den Gerstensaft, aber auch das Mineralwasser und den Sprudel direkt bis vor die eigene Haustür der Privatkundschaft.Jeden Tag sind die Fahrverkäufer im Einsatz und bringen das Westheimer an die Kunden im Raum Lichtenau, im Raum Bad Wünnenberg, Büren, Bigge-Olsberg, Diemelsee, Diemelstadt, Bad Arolsen, Warburg, Willebadessen und im Raum Marsberg.Die Kunden können jetzt auch die Getränke online bestellen unter brauerei-westheim.de/liefershop.

Das vergangene Jahr sei „sehr durchwachsen gelaufen“, sagt Moritz von Twickeln rückblickend zur WP. Wegen Corona und wegen des Wetters. Denn das Wetter sei im vergangenen Jahr noch wichtiger gewesen als sonst, wegen der Außenveranstaltungen. In 2020 hatte ja wenigstens noch Karneval stattgefunden. In 2021 fiel das auch noch aus. In diesem Jahr wieder.

Aber wenigstens konnte die Gastronomie zwischen den Lockdowns wieder öffnen. Moritz von Twickel spricht begeistert von deren Kreativität und dem Einsatz, mit dem sie unter den bestehenden Corona-Einschränkungen für ihre Gäste und sich das Bestmögliche herausgeholt hätten mit Biergartenangeboten im Freien, Speisenangeboten für mittags und abends außer Haus.

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Von Twickel hat allerdings festgestellt, dass momentan die Stimmung unter den Gastronomen schlechter ist, als vor einem Jahr. Wegen der neuerlichen 2G-plus-Einschränkungen und der fehlenden Perspektive.

Trotzdem: „Ein viertel Jahr Fassbierumsatz fehlt uns komplett“, sagt von Twickel. „Wir haben natürlich versucht das zu kompensieren“. Auch mit der brauereieigenen Limo. Die habe sich inzwischen zu einem neuen Standbein entwickelt und komme „sehr gut an in der Gastronomie und auch dem Einzelhandel“.

Nach dem ersten Lockdown wurden die ersten Limo-Sorten entwickelt. Inzwischen sind es acht, inklusive einer Cola. Vermarktet werden sie unter dem Wortspiel „limoNahde“. Weil die Zutaten direkt aus der Region kommen. Die Johannisbeerschorle wird aus Direktsaft aus heimischen Johannisbeeren hergestellt. Die Apfelschorle aus Äpfeln von örtlichen Streuobstwiesen, produziert mit brauereieigenem Quellwasser.

43 Brauerei-Mitarbeiter

Eine weitere Neuerung im Biersortiment: das Bockbier. Der „Westheimer wilde Bock“ sei innerhalb kürzester Zeit ausverkauft gewesen, so Moritz von Twickel. Ab Mitte März ist er wieder im Handel, verspricht er.

Dafür sorgen auch die 43 Brauerei-Mitarbeiter. Von Twickel ist froh und stolz darauf, dass es „trotz der harten Zeit zu keinen Kündigungen gekommen ist“ und es bisher keinen Coronafall unter den Mitarbeitern gegeben habe. Alle Mitarbeiter seien zu 100 Prozent geimpft. Ein Großteil auch geboostert.

Regelmäßig montags wird jeder im firmeneigenen Schnelltestzentrum getestet. Von Twickel: „Das bringt ein Stückweit mehr Sicherheit nach dem Wochenende.“ Nach Bedarf kann sich jeder jederzeit testen lassen. In der Produktion wie in der Verwaltung würden die Mindestabstandsregeln eingehalten und gelüftet.

Jetzt gehe es darum, gemeinsam nach vorne zu schauen, auf eine „hoffentlich baldige Normalität“. Noch hofft von Twickel und seine Mitarbeiter, dass es in diesem Sommer Schützenfeste geben wird. „Wir rüsten uns dafür und organisieren schon mal die hoffentlich notwendigen Sonderschichten.“ Aber eines habe die Pandemie gelehrt: „Voraussagen sind nicht möglich.“

Falls die Schützenfeste doch nicht stattfinden können, setzt der Brauereichef auf die Kreativität der Schützenvereine und der Kunden. So wie im vergangenen Jahr. Manche Vereine boten Schützenfestpakete an. Für besondere Anlässe und Feiern werden Sonderetiketten für das Flaschenbier angeboten.