Olsberg. Die Kinderarztpraxis aus Olsberg stößt an ihre Grenzen: Die Zahl der Patienten hat sich vervierfacht. Die Ärztin erklärt, woran Kinder erkranken.
Um 8 Uhr beginnt die Akutsprechstunde der Kinderärztinnen Dr. Silvia Rummel und Dr. Christiane Bub in Olsberg. Jetzt ist es 7.40 Uhr und zwölf Familien stehen vor dem Eingang Schlange. Manche Mütter wiegen einen Maxi-Cosi hin und her, manche Väter tragen müde Kleinkinder auf dem Arm. Hier wird mal gequengelt, da erschöpft aufgeseufzt. Der Ansturm auf die Praxis ist riesig, die Akutsprechstunden voll mit erkrankten Kindern. Eine Entwicklung, die sich bundesweit zeigt. Die Erkältungswelle ist durch Kitas und Schulen gerollt. Dr. Silvia Rummel erklärt, woran das liegt.
Haben Sie derzeit mehr Kinder als sonst mit Erkältungssymptomen in der Praxis? Welche Symptome und Erkrankungen beobachten Sie am häufigsten?
Silvia Rummel: Ja, sehr viele mehr. Wahrscheinlich drei bis viermal so viele wie sonst im September. Die Erkältungswelle ist deutlich früher als sonst und mit stärkerer Ausprägung angekommen. Am häufigsten sehen wir die typischen Luftwegsinfekte, teilweise mit Fieber, aber auch Mittelohrentzündungen, viele Kinder mit Bronchitis oder auch einige Pneumonien.
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Wie kommt es, dass so viele Kinder derzeit Erkältungserkrankungen haben? Wie bewerte Sie die Lage – auch mit Hinblick auf den kommenden Winter?
Ursache für die starke Ausprägung ist wahrscheinlich die Pandemie. Dass Kleinkinder im Winter einige Infekte durchmachen, ist ganz physiologisch; das trainiert das Immunsystem und gehört besonders im ersten Kindergartenjahr dazu. Dadurch, dass während des Lockdowns aufgrund der besonders guten Hygienemaßnahmen auch andere Viren „wie verschwunden“ waren, fehlt dieses Training. Wir haben noch nie so wenige kranke Patienten in der Akutsprechstunde gehabt wie um den Jahreswechsel 20/21 – im Vergleich zu den Vorjahren). Aktuell jedoch haben die zirkulierenden Erkältungserreger in den vollen Klassen und Kindergärten wieder beste Chancen sich zu verbreiten. Hinzu kommt, dass wieder mehr private Kontakte stattfinden und das alltägliche Leben stattfinden kann – zum Glück.
Wie bewältigen Sie den Ansturm auf die Praxis?
Wir versuchen durch strikte Trennung zwischen den gesunden und kranken Patienten den Praxisbesuch für alle mit möglichst wenig Ansteckungsrisiko zu organisieren. In der Akutsprechstunde werden die Patienten nach Symptomen, Allgemeinzustand und Anamnese auf die jeweiligen Zimmer verteilt im Sinne einer Triage. Durch effizientere Dokumentation, einen höheren Personalaufwand und Arbeitsteilung versuchen wir allen Patienten gerecht zu werden. Je nach Patientenanzahl stoßen wir natürlich an unsere Grenzen.
Ist die Verunsicherung unter den Eltern groß, ob es sich bei den Symptomen auch um Corona handeln kann? Wie nehmen Sie dieses Risiko in den Blick?
Natürlich haben alle Beteiligten eine Covid-Infektion im Hinterkopf. Je nach Symptomen und Umgebungsanamnese führen wir auch einige Tests durch. Die Verunsicherung der Eltern war jedoch zu Beginn der Pandemie deutlich stärker, da mittlerweile fast alle über Schnelltests verfügen bzw. die Kinder und Jugendlichen sowieso regelmäßig in den Schulen und Kindergärten getestet werden.
Sie organisieren die Praxis-Struktur derzeit um, bieten zu anderen Zeiten Akutsprechstunden an. Warum haben Sie sich dazu entschieden?
Das Prinzip, dass man einfach jeden Tag ohne Termin und ohne vorherige telefonische Absprache kommen kann, funktioniert nämlich nur, wenn sich alle Patienten an die Regeln halten. Ansonsten wird auch die Trennung zwischen gesund und krank immer schwieriger. Niemand möchte schließlich mit seinem gesunden Säugling zur Impfung in die Praxis kommen, wo gleichzeitig zig hustende und fiebernde Kinder herumspringen. Und ebenso möchte jeder gern, dass sein Kind zeitnah angeschaut werden kann, wenn es mal akut krank sein sollte.
Die neue Akutsprechstunde der Kinder- und Jugendärztinnen Dr. Silvia Rummel und Dr. Christiane Bub findet nicht mehr wie gewohnt von 8 bis 9.15 Uhr statt, sondern von 10.45 bis 12.15 Uhr. Die neue Regelung gilt ab 1. Oktober. Ziel sind verkürzte Wartezeiten und verbesserte Hygienebedingungen. Impfsprechstunden finden immer dienstags und freitags zwischen 8 und 9.30 Uhr statt. Blutentnahmen dienstags und donnerstags um 8 Uhr.