Hochsauerland. Die SPD im Sauerland hat Friedrich Merz erfolgreich geärgert und Stimmen abgeworben. Dirk Wiese bleibt bescheiden, was seine Zukunft anbelangt.

Wunden lecken oder Lorbeerkränzchen richten? Die Kreisvorsitzenden bzw. die Sprecher der fünf großen Parteien mussten das Ergebnis der Bundestagswahl erstmal sacken lassen. Einen Tag danach haben sie aber schon konkrete Vorstellungen, wie es weitergeht und was ihnen wichtig ist. Was sagen CDU- und SPD-Kreisvorstand?

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Dirk Wiese (SPD)

Bundestagsabgeordneter und SPD-Kreisvorsitzender Dirk Wiese ist davon überzeugt: „Olaf Scholz muss Kanzler werden.“
Bundestagsabgeordneter und SPD-Kreisvorsitzender Dirk Wiese ist davon überzeugt: „Olaf Scholz muss Kanzler werden.“ © www.marco-urban.de | Marco Urban

Für Dirk Wiese (SPD) steht fest: Olaf Scholz muss nächster Kanzler werden - „er ist der Wahlsieger“. Wiese als Vorsitzender der Sauerländer SPD würde sich Scholz an der Spitze einer Ampel-Koalition aus SPD, FDP und Grünen wünschen: Man solle aber in Ruhe jetzt erst einmal die Sondierungen bei möglichen Koalitionsfragen abwarten. Wahlgewinner ist auch die SPD im HSK: Sie legte um fast 5,9 Prozent bei den Zweitstimmen zu und rückt mit 28,7 Prozent näher zur CDU auf. Dirk Wiese selbst wird, über die Landesliste, weiter dem Bundestag angehören: Er verbesserte sein Ergebnis bei den Erststimmen um 5,3 Prozent und kommt auf 32,2 Prozent. „Ich freue mich, dass wir ordentlich an die CDU herangerobbt sind“, sagte Wiese. Er nahm am Montag in Berlin an Sitzungen des Parteivorstandes und des geschäftsführenden Fraktionsvorstandes teil.

Mit entscheidend für den Wahlerfolg sei die Geschlossenheit gewesen, die die SPD gezeigt habe. Ausschlaggebend für Wiese: „Die Wähler haben entschieden, wir trauen Laschet und Baerbock die Kanzlerschaft nicht zu, aber Olaf Scholz.“

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Fragen nach seiner politischen Zukunft und einem möglichen Aufstieg weist Dirk Wiese von sich: „Wir Sauerländer sind bescheiden“ – man möge doch bitte besagte Sondierungen im November und Dezember und deren Ergebnisse abwarten. In Marsberg hatte Wiese mit 37,2 zu 36 Prozent gegenüber Friedrich Merz sogar die Nase vorne, in Brilon lag Merz am Ende mit nur 82 Stimmen vor Wiese, in Arnsberg mit 259 Stimmen. Entlang der ganzen Ruhrschiene verbuchte die SPD Erfolge. Merz, sagt Wiese, war der haushohe Favorit und hatte den Prominentenbonus: „Wir haben immer gesagt, wir würden ihn gerne ärgern. Das ist uns gelungen.“

Matthias Kerkhoff (CDU)

War die Kanzlerkandidatur von Armin Laschet ein Fehler? Der CDU-Kreisvorsitzende und Landtagsabgeordnete Matthias Kerkhoff drückt es nach der Wahl diplomatisch aus: „Das wurde mir an den Wahlkampfständen und von Mitgliedern so gesagt.“ Sein Eindruck ist, bei der Wahlentscheidung hätten personelle Fragen eine größere Rolle gespielt als inhaltliche.

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Kerkhoff sagt selbstkritisch über CDU und CSU: „Die richtige Geschlossenheit war nicht da.“ Die Kanzlerkandidatur sei zu spät und im Streit mit der CSU entschieden worden, dann seien Pannen im Wahlkampf dazu gekommen, Kerkhoff nennt ausdrücklich Laschets Lachen bei der Flutkatastrophe: „Das hat auch nicht geholfen.“ SPD-Kandidat Olaf Scholz sei als „stoisch, unaufgeregt, sachlich“ empfunden worden – vom Typus her habe er damit Kanzlerin Angela Merkel geähnelt: „Entscheidend war beim Wähler, wem traue ich die Führung des Landes eher zu.“

Am Montag tagte bei der CDU im Hochsauerlandkreis erstmals der neu gewählte Kreisvorstand. Das Ergebnis der CDU im HSK nennt der Kreisvorsitzende „eindeutig nicht zufriedenstellend“. Die CDU erreichte 40,1 Prozent bei den Erststimmen und 33,4 Prozent bei den Zweitstimmen, ein Verlust von 7,5 bzw. 8,2 Prozent zur letzten Bundestagswahl. CDU-Kandidat Friedrich Merz hatte für sich als Messlatte eigentlich 48 Prozent gewählt - so viele erreichte sein Vorgänger Patrick Sensburg 2017. Dass Merz hinter seinem Wunschergebnis zurückblieb, ist für den Kreisvorsitzenden nicht verwunderlich: „Man kann sich nicht von einem Bundestrend abkoppeln.“

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Kerkhoff will als CDU-Kandidat im Osten des HSK auch 2022 wieder bei der Landtagswahl antreten. Das schlechte Bundestagswahlergebnis müsse jetzt „sportlichen Ehrgeiz wecken und den Anspruch, besser zu werden.“ Dazu gehöre auf Landesebene eine schnelle Entscheidung darüber, wer NRW-Spitzenkandidat und Ministerpräsidentenkandidat werde. „Ärgerlich“ nennt Kerkhoff den Abstand von 1,6 Prozent zwischen CDU und SPD auf Bundesebene - eine Beteiligung der Union an einer Regierung sei deshalb aber dennoch möglich. Kerkhoff kann sich eine Koalition mit Grünen und FDP vorstellen.