Brilon. Die Stadt Brilon stärkt in der Corona-Krise Einzelhändler – unter anderem mit Einnahmen aus Bußgeldern. Gibt es eine Neuauflage des Hubertalers?
Die Party von Jugendlichen aus ganz Deutschland in einem Ferienhaus in Brilon-Esshoff während des harten österlichen Corona-Lockdowns war für den Briloner Einzelhandel und die örtliche Gastronomie eine lukrative Angelegenheit: Sorgte sie doch für insgesamt 31.675 Euro Umsatz - wenn man so will. Denn die Stadt hat das illegale Treffen mit insgesamt 6336 Euro abgestraft und - so Stadtkämmerer Franz Heers - gegen 12 ermittelte Teilnehmer ein Bußgeld von jeweils 528 Euro verhängt. Das Geld floss - wie alle Corona-Bußgelder - in die Gegenfinanzierung des „Hubertalers“, der Unterstützungsaktion des Briloner Handels, der örtlichen Dienstleistern und der Gastronomie.
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Insgesamt sind in Brilon 81 Verstöße gegen die Corona-Auflagen geahndet worden, 16 waren es im vergangenen und 65 bisher in diesem Jahr. Die meisten Fälle betrafen, so der Kämmerer auf Anfrage der WP, Verstöße gegen das Kontaktverbot. Dafür waren jeweils 278,50 Euro fällig. In einer Reihe von Fällen ließ sich die Stadt auf Ratenzahlung ein, denn: „Das Durchschnittsalter der Betroffenen ist ja doch relativ niedrig“, so Franz Heers.
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Kein Zuschussgeschäft
Insgesamt flossen bisher 28.780,50 Euro für den „Hubertaler“ in die Stadtkasse. Dessen Konzept: Für 20 Euro gab die Stadt einen „Hubertaler“ im Wert von 25 Euro heraus. Mit dem Rabatt von 20 Prozent sollten die Bürger zum Einkaufen vor Ort animiert werden. Dabei hoffte die Stadt nicht nur auf eine Umlenkung von Kaufkraft, sondern auch auf Mitnahme-Effekte. Und so kam es. Rund 85 Prozent der „Hubertaler“ sind bisher eingelöst worden, wie Beigeordneter Reinhold Huxoll jetzt im Strukturausschuss mitteilte. Damit hat die Aktion einen Umsatz von 213.000 Euro angeschoben. Huxoll: „Das hat sicher vielen geholfen.“ Angesichts dieser tollen Resonanz überlege die Stadt eine Neuauflage.
Für die Stadt ist das Gutschein-Programm kein Zuschussgeschäft, selbst wenn die Corona-Bußgelder die Aufwendungen für den „Hubertaler“ nicht decken sollten. Denn nach dem „Gesetz zur Isolierung der pandemiebedingten Lasten“ kann der Zuschuss als „coronabedingter Schaden“ haushaltstechnisch isoliert und ergebnisneutral abgerechnet werden.
Passanten-Befragung: Gute Noten
Dass die Briloner auch ohne den kommunalen Bonus vor Ort einkaufen müssen, wenn sie die Attraktivität und den Charme ihres Städtchens behalten wollten, betonte im Ausschuss Dr. Christian Dresel, Inhaber der Fa. Condensator Dominit. Er selbst habe es untersagt, für sein Unternehmen Produkte, die im Briloner Einzelhandel erhältlich sind - als Beispiel nannte er Fachliteratur - online zu ordern. Man müsse, so der Unternehmern, „an die Vernunft der Einwohner appellieren“ nach dem Motto: „Wenn du, Bürger, was von deiner Stadt haben willst, musst du auch etwas dafür tun.“
Briloner Wochenmarkt: Bewährtes Standkonzept beibehalten
Die in diesem Sommer eingeführten samstäglichen musikalischen Matinees am Marktplatz sorgen beim Stadtbummel - so Ordnungsamtsleiter Klaus Wrede im Strukturausschuss - „für ein ganz neues Feeling“.
Vor allem bei gutem Wetter sei „echt was los“.
Unterm Strich seien Besucher und Beschicker mit dem Wochenmarkt zufrieden.
Die Anregung von Gästen des Jägerhofs, die beiden Stände, die vom Biergarten aus den Blick über den Marktplatz verstellen, zu verlegen, kommt die Stadt nicht nach.
Die gewohnten Standplätze und Laufwege seien für Besucher und die Händler wichtig.
Ratsherr Lukas Wittmann (CDU) meinte, dass die Anregung der Gäste letztlich ja wohl doch kein echtes Problem sei, denn: „Bei gutem Wetter ist da doch immer alles voll.“
Ausschuss-Mitglied Stefan Schleich, als Immobilien-Makler ein Kenner der Szene und als Eigentümer von Ladenflächen in der Fußgängerzone selbst betroffen, verwies darauf, dass die Corona-Lockdowns gezeigt haben, dass es „nicht so schön ist, wenn die Geschäfte geschlossen sind“.
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Die jüngst vorstellte Passantenbefragung der IHK hatte, wie berichtet, ergeben, dass die Briloner im Großen und Ganzen mit Angebot und Erlebnisqualität ihrer Innenstadt zufrieden sind. Unterm Strich hatte die Stadt als Gesamtnote eine 2,4 bekommen, damit lag sie leicht über dem Bundesdurchschnitt der Städte ihrer Größenklasse. Impulse verspricht sich Wirtschaftsförderer Oliver Dülme von angelaufenen Fördermaßnahmen zur Steigerung von Attraktivität und Vitalität der Fußgängerzone. Beispiel Leerstandsmanagement.
Aktives Leerstands-Management
Das wendet sich an Eigentümer von leerstehenden Ladenlokalen. Falls sie sich bereit erklären, ihre Fläche für maximal 70 Prozent der letzten Miete neu zu vermieten, mietet die Stadt die Fläche an und vermietet sie an einen Interessenten weiter. Der muss seinerseits lediglich 20 Prozent der früher üblichen Miete als Eigenanteil tragen, die Differenz zu den 70 Prozent steuert das Land aus dem Fördertopf bei.
Zwei Maßnahmen, so Oliver Dülme, seien auf diese Weise bereits realisiert worden, bei zwei weiteren laufen die Verhandlungen.