Brilon. Der Wald als Ökosystem, eine große Tier- und Pflanzenvielfalt und das Devonische Meer - eine Waldpädagogin teilt ihr Wissen. Das erzählt sie:

„Mir ist es wichtig, dass Kinder und Erwachsene den Wald mit allen Sinnen erleben, dann schützen sie ihn und zerstören ihn nicht. Der Wald ist ein hohes Naturgut, mit großer Bedeutung für die Natur, Menschen und Wirtschaft. Wir alle leben davon“, betonte die Brilonerin Appolonia Held-Wiese. Sie ist eine der zertifizierten Waldpädagoginnen, die „Wald und Holz NRW“, gemeinsam mit der Natur- und Umweltschutzakademie, seit vielen Jahren ausbildet.

Eine Geschichte zurAktion „Waldretter“.

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Wald ist der Inbegriff ungestörter Natur

In diesem Lehrgang lernen die Teilnehmer, wie sie alle Generationen für das Naturerlebnis Wald begeistern können und dabei die immense Bedeutung dieses Lebensraumes nachhaltig vermitteln. Themen sind dabei auch die Herausforderungen der Globalisierung, Klimaveränderungen sowie die ökologische, ökonomische und soziale Entwicklung. Der Wald ist der Inbegriff ungestörter Natur, Erholungsraum der Menschen, Lebensraum für Tiere und Pflanzen und wichtige CO-Senkung.

Als Mitarbeiterin des Museums Haus Hövener/ Heimatbund begleitet Appolonia Held-Wiese unterschiedliche Aktionen und Führungen zu Naturthemen, die das Museum für Kinder und Erwachsene anbietet. Im Gegensatz zu ihr bin ich nicht auf dem Land, sondern als Stadtkind nahe Düsseldorf aufgewachsen. Damit ich einen Eindruck von ihrer Arbeit als Waldpädagogin bekomme, hat sie mich mitgenommen auf den Interkommunalen Gewerkenweg im Kreishauspark (Drübelwald) am Rothaarsteig, der am Museum beginnt und bis Olsberg führt. „Ein Naturschutzgebiet, man darf die Wege hier nicht verlassen. Wir stehen hier auf den stadtnahen fossilienhaltigen Kalkkuppen. Der Untergrund sind Korallenriffe aus der devonischen Zeit vor rund 350 Mio Jahren. Hier spielt das ganze Ökosystem der Pflanzen eine Rolle.“

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„Es ist wichtig, Kindern das vielfältige Ökosystem Wald zu erklären“

Ein schöner Wald, wie man ihn sich vorstellt. Man sieht Buschwindröschen, Lärchensporn, die hohen Bäume bilden selbst bei Regen ein grünes Blätterdach, unter dem man kaum nass wird. „Eigentlich ist die Buche hier heimisch, aber es ist alles verahornt, weil die Ahornnasen überall herumfliegen.“ Nach wenigen Metern entdeckt sie eine prächtige Schnecke zwischen dichtem Blätterwerk am Ufer. Wenn sie mit Kindern unterwegs sei, versuche sie ihre Achtsamkeit zu fördern. „Es sieht eine schöne Schnecke...darauf sollte man immer eingehen. Es ist wichtig, Kindern das vielfältige Ökosystem Wald zu erklären und aktuelle Ereignisse einzubeziehen und sie erzählen lassen, was sie sehen oder in der Natur erlebt haben“. Sie erkläre ihnen je drei Waldtiere, Baumarten und Pflanzen. „Kinder sollen den Wald mit allen Sinnen be-greifen. Formen und Besonderheiten der Blätter, Rinde, Früchte; wie fühlen sie sich an, wie riechen sie, wo sind Verletzungen.“ Hilfreich sei ein Papier-Bilderrahmen, dann sehen sie nur das, was im Bild ist.

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Im Gebüsch leuchtet eine Pflanze mit orange-roten Beeren. Der hochgiftige Ahornstab. „Was man nicht kennt, sollte man nie anfassen“, werde ich gewarnt. Plötzlich öffnet sich eine Lichtung und sofort fällt der Blick auf einen großen Totholzstamm. Er sieht aus, als hätte er Augen und eine dicke Schweineschnauze. „Darin ist auch Leben“, weist mich die Waldpädagogin auf ein großes Insektenloch oben im Stamm hin. Asseln ernähren sich von Totholz und zersetzen es, Pflanzen siedeln sich darin an und im morschen Holz am Boden ist die ganze Sonnenenergie von vielen Jahren und gibt sie wieder an den Boden ab, erfahre ich. Totholz ist Teil des biologischen Waldkreislaufs. „Hier kann man das Ökosystem Wald gut erklären. Man räumt hier nicht auf, alles wird wieder zu Walderde und die Energie im Wald geht hier nicht verloren.“ Sie zeigt mir eine Handvoll Waldboden, ein Insektenparadies. „In dieser Hand sind mehr Kleinsttiere und Mikroorganismen, als es Menschen auf der Erde gibt. Das löst Respekt aus.“

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Fossilienabdruck im Stein

Im riesigen Netzwerk Wald sind auch alle Vögel und Waldtiere wichtig. „Verschwinden einzelne Tierarten, merkt der Mensch es nicht. Wenn es aber mehr werden und einige Stationen zusammenbrechen, hat das wahnsinnige Konsequenzen für den Rest und das gesamte Ökosystem kommt durcheinander.“

„Wir wandern hier auf versteinertem Meeresboden des Devonischen Meeres“, macht mich Appolonia Held-Wiese auf eine meterhohe Riffkalksteinwand aufmerksam. Das Gestein am Drübel setzt sich aus kalkigen Skeletten von Korallen und Stromatoporen zusammen. Man erkennt heute noch Fossilienskelette mit bloßem Auge. Wie einen kleinen Fossilienabdruck in einem Stein am Weg.

Für mich war es ein lehrreicher Spaziergang durch den Drübelwald, der sich immer lohnt.

Eine Ausbildung zur Waldpädagogin

„Die Natur steht an erster Stelle meiner privaten Interessen und dieses Interesse für Wald und Natur möchte ich auch weitergeben.“ Daher machte Appolonia Held-Wiese nach einer Ausbildung zur Geoparkführerin und Natur- und Landschaftsführerin 2014 auch noch den Lehrgang als zertifizierte Waldpädagogin bei „Wald und Holz NRW“. Er umfasst sechs Module mit 20 Seminartagen und einem mindestens 40-stündigen Praktikum in einer anerkannten Umwelteinrichtung.