Stars der Musical-Szene rocken Freilichtbühne Hallenberg
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Hallenberg. Sonst singen sie in New York oder London. Zur 2. Musical Night kamen sie auf die Freilichtbühne Hallenberg. Wer nicht da war, hat das verpasst:
Stars der Musical-Szene rocken die Freilichtbühne
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Es braucht nicht immer aufwändige Kulissen, um in den Köpfen der Zuhörer die Segel der Phantasie zu hissen. Wozu wallende Gewänder, schrille Masken oder überbordende Effekte, wenn Ausdrucksstärke, Professionalität und Musikalität am Ruder stehen? Und vielleicht ist es auch das Moment der Einzigartigkeit, das so einer Show ihren besonderen Charme verleiht: In der Besetzung nur heute Abend, den Song nur jetzt, das Gefühl nur hier.
520 Zuschauer haben am Samstag auf der Hallenberger Freilichtbühne zum 2. Mal die Stars der Musical-Szene gefeiert. Mehr als drei Stunden lang stellten 19 Musiker/innen und Sänger/innen den Hebel auf volle Fahrt und reisten durch reißende Wellen und ruhige Wogen zwischen „Dr. Jekyll und Mister Hyde“, „Cats“ oder dem „Phantom der Oper“. So viel Musical und so viel erstklassige, charmante Unterhaltung auf einmal - das muss man erstmal suchen.
Und was war das im Vorfeld ein Zittern und Bangen: Nach der Musical-Night-Premiere 2019 stand fest: Initiator Florian Hinxlage, Stadt Hallenberg, Förderverein Kunst und Kump sowie Freilichtbühne wollten es nicht bei einer Veranstaltung belassen. Altbürgermeister Michael Kronauge hatte in Anlehnung an das riesige Rock-Festival in Norddeutschland in einer Fachzeitschrift den Begriff „Hallenberg - das Wacken der Musicalszene im Sauerland“ aufgeschnappt und wie beim Tanz der Vampire Blut geleckt. Aber dann kam Corona, 2020 ging nichts. Letztendlich schaffte es Florian Hinxlage - selbst Musicaldarsteller und zurzeit Regisseur an der Hallenberger Bühne - doch noch, wirklich namhafte Kollegen der ersten Garde ins Sauerland zu holen, die sonst die Theater in London, New York, Hamburg oder Berlin füllen.
„Da für den Moderator kein Geld mehr übrig war, mache ich den Gottschalk für Arme“, kokettierte Michael Kronauge mit seiner Rolle als Programmbegleiter, die er souverän meisterte. In kurzen Interviews stellte er die Künstler vor und entlockte einem von ihnen so ganz nebenbei das Versprechen, noch einmal nach Hallenberg zu kommen. Das gilt für den Sänger Ethan Freeman - mehrfach preisgekrönter Musical-Publikumsliebling - der auch noch leidenschaftlich malt. „Meine Damen und Herrn, der Mann, der demnächst im Hallenberger Kump ausstellen wird!“
Die stimmliche und temperamentmäßige Mischung der sechs Sängerinnen und Sänger war perfekt für den Abend. Nach wenigen Takten brachte Zodwa Selele als Tina Turner die Bühne zum Rocken. Unter 100 Nonnen-Anwärterinnen hatte das fränkische Engergiebündel die Hauptrolle in „Sister Act“ bekommen und beherrschte in Hallenberg nicht nur die stillen und frommen Passagen. Maya Hakvoort ist ein Weltstar und spielt in Wien die Hauptrolle der „Elisabeth“. Allein schon mit dem unter die Haut gehenden Song „Ich gehör nur mir“ stellte sie ihre kaiserliche Klasse eindrucksvoll unter Beweis. Sharon Sexton, gefeierter Broadwaystar aus „Mamma Mia“ oder „Bat out of hell“, hatte in Hallenberg ihren ersten Deutschland-Aufritt überhaupt und überzeugte mit einer Hammer-Stimme, die noch weit oben im Sternenhimmel über dem Theater zu hören war. Hoffentlich hat sie sich bei 12 Grad Außentemperatur im knappen Cabaret-Outfit nicht verkühlt! Beim Cats-Hit „Memories“, den die drei Damen gemeinsam interpretierten, wollte der Applaus übrigens nicht enden. Das war zauberhaft!
Live-Musik
Einen klasse Job machte die gut aufgelegte Band unter der Leitung von Stefan Wurz, der selbst in die Tasten und in die Saiten griff. Keyboards, Gitarre, Bass, Schlagzeug, eine vierköpfige Bläser-Sektion (Musiker/innen der Stadtkapelle Hallenberg) und ein vierköpfiger Background-Chor mit gestandenen Sängerinn und Sängern überzeugten auf ganzer Linie.
Rob Fowler ist die Rolle des „Frank’n’ Furter“ aus der Rocky-Horror-Picture-Show immer noch auf den Leib geschrieben. Mit seiner markanten und unglaublich kraftvollen Stimme setzte er ein doppeltes Ausrufezeichen hinter diesen Abend. Ethan Freemann umhüllte die Zuhörer förmlich mit seiner warmen und ausdrucksstarken Charakterstimme und Florian Hinxlage sprühte zum Beispiel als „Rocky“ nur so vor Energie. Er geht im Herbst erneut als Jake in „Blues Brothers“ auf Tour und will damit auch nach Hallenberg kommen. Zuvor führt er Regie bei „Die Drei von der Tankstelle“ auf der Freilichtbühne (ab 20. August).
Erster Auftritt nach langer Corona-Pause
Für die meisten der sechs Sängerinnen und Sänger war es der erste Auftritt nach 15-monatiger Corona-Zwangspause. Aber die Stars hatten Lust, wollten endlich wieder auf die Rampe, verbreiteten regelrechte Energieschübe und glänzten durch ungeheure Bühnenpräsenz. Ohne Schnick-Schnack im Rücken zeigt sich bei so einem Veranstaltungsformat, wer durch Stimme und Standing die Bühne für sich einnehmen kann. Das ist Musical pur als Essenz.
Mit Musik aus „The greatest Showman“ hatte die Musical Night begonnen. Ja, sie alle erwiesen sich als große Showleute und der Schluss-Song „Here I go again“ ist mehr als ein Hoffnungsschimmer, dass es kulturell nach der langen Durststrecke endlich weitergeht. Und das gilt hoffentlich auch für eine 3. Auflage der Musical Night. Stadt, Initiator und Kulturverein haben schon jetzt ihre Bereitschaft dazu signalisiert. Und es gibt ja auch noch genug zu bereisen - in der Welt der Vampire, Phantome, Katzen und Kaiserinnen...
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