Brilon. Eine auf dem Dorf aufgefallene Marihuana-Zucht und in Holland erhältliche Süßigkeiten beschäftigen das Gericht in Brilon

Vielleicht lagen die OSB-Platten ja noch aus jener Zeit irgendwo herum, als in dem Gebäude noch getischlert wurde. Als die beiden jungen Mieter damit jedoch im Obergeschoss die Fenster verbarrikadierten, entging das auf dem Dorf nicht. Und weil irgendjemandem das nicht ganz geheuer vorkam, erhielt die Polizei einen anonymen Tipp. Ein Volltreffer. Gleich beim Betreten des Hauses hatte die Kripo die Ausdünstungen einer Marihuana-Plantage wahrgenommen. Am Donnerstag mussten sich die beiden, 27 und 28 Jahre alt, wegen des Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringem Umfang vor dem Schöffengericht Brilon verantworten.

In einem kleinen Zimmer, gerade einmal vier mal vier Meter groß, hatten die Bewohner ein Zelt aufgeschlagen und darin eine veritable, wohltemperierte Zuchtanlage installiert. Rund 60 Pflanzen in verschiedenen Wachstumsphasen, von 19 Zentimetern bis 1,10 Metern, reiften ihrer Ernte entgegen. Etwas über ein Kilo, exakt 1034,7 Gramm, Pflanzenmaterial wog die Kripo später aus.

„Die Drogen sind Vergangenheit“

Eine stattliche Menge, allerdings von eher bescheidener Qualität. 94,3 Gramm THC extrahierten die Chemiker aus Stängeln, Blättern und Blüten. Trotz des relativ geringen Wirkstoffgehalts von 9,1 Prozent war damit die laut Gesetz die noch als „nicht geringe Menge“ durchgehende Portion von 7,5 Gramm THC deutlich um das 12- bis 13-fache überschritten.

Mittlerweile, so sagten die Verteidiger, das Dortmunder Rechtsanwalt-Duo Dr. Patrick Gau und Thorsten Hönnscheidt, hätten ihre Mandanten den Drogen abgeschworen. Das alles sei eine Episode in jüngeren Jahren gewesen. Die ganze Plantage sei für den Eigenbedarf bestimmt gewesen, drei Gramm täglich habe allein einer der beiden Angeklagten verraucht. Beiden war unter Drogeneinfluss auch beim Autofahren erwischt worden und hatten die Fahrerlaubnis verloren. Sein Mandant, sagte Dr. Gau, habe „realisiert, dass das nur Ärger gebracht hat“. „Die Drogen sind Vergangenheit“, sagte auch Thorsten Hönnscheidt über seinen.

Geständnis erspart Gericht Arbeit

Viel Arbeit hatte das Gericht nicht. Gleich zu Beginn der Verhandlung räumten beide Angeklagten die Vorwürfe über ihre Anwälte in vollem Umfang ein.

Beide Angeklagte befinden sich mittlerweile in festen Arbeitsverhältnissen, beide sind in festen Händen und leben weit voneinander entfernt und beide legten dem Gericht mehrere negative Drogen-Screenings vor.

Kinder-Spaß-Drops aus Holland enthalten Spuren von Ecstasy

In einem weiteren Fall verurteilte das Schöffengericht eine 50 Jahre alte Frau wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz zu sieben Monaten Freiheitsstrafe, die ebenfalls zur Bewährung ausgesetzt wurde.Bei einer Hausdurchsuchung hatte die Polizei bei ihr 100 Gramm Marihuana, 20 Gramm Amphetamin und ecstasy-belasteter Drops in Form eines Hundekothaufens gefunden.In der Verhandlung präsentierte Verteidiger Dr. Patrick Gau (Dortmund) dem Gericht eine Packung dieser in Holland ganz normal im Handel erhältlichen und auch für Kinder freigegebenen Spaß-Drops.Woher die Drogenanhaftung rührte, ließ das Gericht angesichts der geringen, für ein Urteil nicht ins Gewicht fallenden Menge offen und stellte diesbezüglich das Verfahren ein.

Was allerdings auch zur Sprache kam: Beide sind mehrfach einschlägig wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz vorbestraft. Allerdings hatte es bisher nur Geldstrafen gegeben. Das kam dieses Mal nicht mehr in Frage. Zumal die beiden auch den Besitz der bei der Hausdurchsuchung sichergestellten 43 Ecstasy-Tabletten und 33 Gramm Amphetamins und ein verbotenes Butterfly-Messer.

Weil die Drogen nicht in den Verkehr gekommen sind und die beiden Angeklagten voll geständig waren, hatte Staatsanwältin Lippert für den einen Angeklagten 15 und für den anderen 16 Monat Freiheitsentzug auf Bewährung gefordert, dazu sollte jeder 800 Euro an eine gemeinnützige Organisation zahlen. Die Verteidige plädierten auf einen minderschweren Fall und hielten zehn bzw. elf Monate für ausreichend.

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Das Schöffengericht unter Vorsitz von Richter Neumann verurteilte die beiden letztlich wegen gemeinschaftlichen Drogenbesitzes in nicht geringer Menge und wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz zu einer Freiheitsstrafe von 14 bzw. 15 Monaten, die auf zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurde. Außerdem erhielt jeder eine Geldauflage von 800 Euro und beide haben die Verfahrenskosten zu tragen.