Brilon. Lebenslauf, Nebeneinkünfte, Plagiate: Wie beurteilt die Grünen-Basis im Altkreis Brilon eigentlich die Schlagzeilen rund um Annalena Baerbock?
Viel Feind, viel Ehr: Auch wenn die Grünen-Basis im Hochsauerland zu verbalen militaristischen Anleihen dieser Art auf Distanz gehen dürfte: „Auf der einen Seite“, so der Ortsverband Brilon, „freut es uns natürlich zu sehen, wie die anderen Parteien uns offenbar als ernstzunehmende Konkurrenz fürchten.“ Auf der anderen Seite allerdings wäre es „im Sinne eines inhaltlichen Wahlkampfes für die Wähler und Wählerinnen natürlich besser, wenn die anderen Parteien sich weniger auf das ‘Bashing’ gegen Annalena Baerbock und mehr auf sachliche Diskussionen ...einlassen würden“.
Was sagt die Grünen-Basis im Hochsauerland eigentlich zu den Schlagzeilen, die ihre Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock mit ihrem optimierten Lebenslauf, der vergessene Meldung von Nebeneinkünften und den Plagiatsvorwürfen zu ihrem Buch produziert?
Christian Böttcher (Marsberg): Baerbock lernt gerade Krisenmanagement
„Verbockte Kanzlerkandidatur“ - eine feine Wortspielerei - titelte diese Zeitung am Freitag in ihrer Print-Ausgabe noch einen Beitrag. Die WP hat die Ortsverbände Brilon, Marsberg und Olsberg sowie Jörg Rostek, in Personalunion Geschäftsführer des Grünen-Bezirksverbandes Westfalen und des Kreisverbandes HSK, um ihre Meinung gebeten. Stefan Schütte, Sprecher der Grünen Olsberg und gleichzeitig Sprecher des Kreisverbandes, hatte sich dabei mit Jörg Rosteck abgestimmt.
Annalena Baerbock habe „bisher alle Missverständnisse und Versäumnisse ausgeräumt und konsequent aufgeklärt“, sagt Jörg Rostek, als Geschäftsführer hauptberuflich für die Partei tätig. Aus eigenen Fehlern zu lernen und besser zu werden, mache eine gute Politikerin aus.
Christian Böttcher von den Grünen Marsberg geht noch einen Schritt weiter: „Die zentrale Aufgabe einer Kanzlerin ist Krisenmanagement. Baerbock lernt genau das gerade.“ Sie sei „nach wie vor super engagiert“ und habe ein klares Ziel. Böttcher: „Mit ihrem Mut, Dinge verändern zu wollen, motiviert sie ihr Umfeld und die ganze Partei.“ Darüber hinaus gebe es „viele Menschen, die wegen ihr in die Partei eingetreten sind.
Briloner Grüne: Großem Druck standgehalten
Mit den Schlagzeilen der vergangenen Wochen habe Annalena Baerbock „ihre erste Herausforderung bestanden, gegen großen Druck standzuhalten und trotzdem ihre wichtigen politischen Anliegen .. deutlich zu machen“, schreibt der Ortsvorstand der Briloner Grünen. Die Plagiats-Vorwürfe teilt der Ortsverband nicht, denn das Buch sei kein wissenschaftliches Werk: „Gute Gedanken anderer in einem Buch aufzunehmen, ist nicht verboten, ist sogar erwünscht.“ Das sehe selbst die Denkfabrik Agora Energiewende so, deren Klimakonzept Annalena Baerbock für ihr Buch wörtlich übernommen hat.
HSK-Geschäftsführer Jörg Rostek: Kein Grund für einen Rückzug
Aus Mitgliederkreisen sind dem Bezirks-Geschäftsführer Jörg Rostek und dem Kreisvorstand „absolut keine“ negativen Äußerungen über das Verhalten der Kanzlerkandidation angetragen worden. Rostek: „Offen gestanden, sind wir alle mit inhaltlichen Fragen wie Klimakrise, Waldsterben, soziale Gerechtigkeit und mehr beschäftigt, die schwerer wiegen als die vermeintlichen Vorwürfe gegen Annalena Baerbock.“ Christian Böttcher habe an Reaktionen in Marsberg „am häufigsten ein großes Unverständnis über die künstlich übertriebene Aufregung zu den angeblichen Pannen und Fehlern“ erhalten.
HSK-Kandidatin
Für Bündnis 90/Grüne kandidiert Maria Tillmann (Jg. 1968, Sundern) für den Bundestag.
Sie hat in Schottland Wirtschaftswissenschaften studiert und ist an der FH in Meschede als Dozentin tätig.
Sie steht auf der Landesliste auf Platz 31; bei der Wahl 2017 erhielten die Grünen 6,5 Prozent und 12 Listenplätze.
Die Briloner Grünen sind der Ansicht, dass mit dem ständigen Wiederholen dieser Vorwürfe der Versuch unternommen werde, „konkrete Ideen und Inhalte von diesem Wahlkampf fernzuhalten und davon abzulenken, um was es eigentlich geht: die Zukunft des Landes und darum, welche Konzepte die einzelnen Parteien und Kandidierenden dafür haben.“
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Ein Rücktritt von den Spitzenkandidatur kommt für die heimischen Grünen nicht in Betracht. Der Briloner Ortsvorstand bezeichnet sie als „Powerfrau mit großer Überzeugungskraft“; man stehe hinter ihr und werde sie „mit allen Kräften unterstützen“. Im Verbund mit Robert Habeck habe man „ein großartiges Spitzenteam,, das in vielen Funktion reichhaltige Erfahrungen sammeln konnte“. Keiner der Vorwürfe, ergänzt Jörg Rosteck, „würde unserer Meinung nach einen Rückzug von Annalena Baerbock rechtfertigen“.