Brilon/Bestwig. Heidi Balzer bekommt Dinge geschickt, die sie nie bestellt hat – an eine Adresse, wo sie seit Jahren nicht mehr wohnt. Was dahinter steckt:
Es klingt wie ein Beitrag aus einer TV-Sendung, was Heidi Balzer in den vergangenen Wochen passiert ist. Die Brilonerin bekam in den vergangenen Tagen immer wieder Pakete geliefert – nur hatte sie diese gar nicht bestellt. Zudem wurden die Pakete an ihre alte Adresse zugestellt. Bestellt von einem Account beim Onlinehändler Amazon, den sie seit zehn Jahren nicht mehr benutzt hat.
Die Geschichte der Heidi Balzer beginnt mit ein paar E-Mails von Amazon. Da sie das Portal des Onlinehändlers aber nicht nutzt, ignoriert sie die Mails. „Das habe ich für Spam gehalten“, sagt sie. Sie selbst hat nach eigener Aussage seit zehn Jahren nicht mehr bei Amazon bestellt, wenn überhaupt bestelle sie lediglich einmal über den Account ihres Mannes.
Seltsame Anrufe
Was folgt, dürfte aufmerksamen Zuschauern der TV-Sendung „Aktenzeichen XY“ bekannt vorkommen. „Auf einmal habe ich Anrufe von einer Nummer aus Berlin bekommen“, sagt Balzer. Die männliche Stimme am anderen Ende der Leitung stellte sich als Kundendienst von Amazon vor und berichtete von einem Paket, das nicht zugestellt werden konnte. Deshalb würde er gerne die Adressdaten abklären und fragen, wann sie zu Hause sei. „Ich habe mich dem verweigert, da ich nichts bestellt habe“, sagt Balzer.
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Mit dem Anruf steigt die Skepsis von Heidi Balzer. Sie sperrt unmittelbar nach dem Anruf die Nummer. Wenige Tage später gibt es erneut einen Anruf, der ihre Zweifel wachsen lässt. Dieses Mal ruft eine Nummer aus Bielefeld an, wieder möchte eine männliche Stimme einen Datenabgleich mit Heidi Balzer machen. „Da habe ich sofort aufgelegt“, sagt sie.
Auf einmal treffen Pakete ein
Auch diese Nummer wird von Balzer unmittelbar nach dem Anruf gesperrt. Die gebürtige Brilonerin, die inzwischen in Obervalme wohnt, bekommt Tage nach den dubiosen Anrufen erneut eine E-Mail von Amazon. „Dort stand, dass die Pakete nun vor meiner Tür liegen“, berichtet Balzer. An die Mail ist ein Foto angehangen, die ein Paket vor einer Tür zeigen: Dabei handelt es sich um die Haustür ihrer ehemaligen Wohnung in Brilon.
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Spätestens mit Ansicht des Fotos wird Balzer klar, dass sie jemand betrügen möchte. „Ich habe dann meine ehemalige Nachbarin angerufen und sie gebeten nachzusehen“, sagt sie. Tatsächlich findet die ehemalige Nachbarin ein Paket vor der Tür. Heidi Balzer wird die Situation zu absurd, sie fühlt sich den vermeintlichen Betrügern hilflos ausgeliefert und geht mit ihrem Fall zur Polizei.
Amazon bestätigt die Bestellungen
Die Beamten raten Balzer, sich direkt an Amazon zu wenden. Nach einem Telefonat mit dem Kundenservice erfährt sie, dass sie 2006 ein Konto eröffnet, dieses aber nie genutzt hat. Außerdem wird ihr mit Blick auf ihr Konto mitgeteilt, dass zwei Bestellungen bis zu dem Anruf nicht zugestellt werden konnten, zwei weitere Bestellungen seien auf dem Weg zu ihr – oder viel mehr ihrer alten Adresse. Bei den Bestellungen handelt es sich um ein Ladegerät für ein Handy und eine ähnliche Vorrichtung für das Auto.
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Das rät die Verbraucherzentrale
Petra Golly von der Verbraucherzentrale des Hochsauerlandkreises ordnet den Vorgang bei Heidi Balzer als „merkwürdig“ ein. „Frau Balzer hat sehr clever reagiert, es war richtig die Polizei einzuschalten“, sagt Golly. Wichtig sei es in einem solchen Fall, Strafanzeige bei der Polizei zu erstatten und dort auch die berechtigten Ängste mitzuteilen. Bezüglich der Anrufe, die Heidi Balzer erhielt, sei es wichtig nicht direkt seine persönlichen Daten anzugeben. „Wenn einem der Anrufer seltsam vorkommt, sollte man am besten nichts sagen und auflegen“, so Golly. Die Leiterin der Verbraucherzentrale rät zudem, im Anschluss an solche Anrufe direkt den entsprechenden Kundenservice des Anbieters zu kontaktieren und damit die Echtheit des vorher erhaltenen Anrufs zu überprüfen. Fälle wie der von Heidi Balzer gebe es immer wieder. Vor allem würden sich Betrüger dabei an älteren Kundendaten oder Kontakten aus dem Telefonbuch bedienen.
Bis dahin hatte Heidi Balzer aber noch keine Abbuchung von ihrem Konto bemerkt. Der Grund scheint in die Masche der vermeintlichen Betrüger zu passen. Die Beträge für die von Balzer nicht bestellten, ihr aber an die falsche Adresse zugestellten Artikel sollten in einer Monatsabbuchung Mitte August von ihrem Konto abgebucht werden.
Pakete sind sichergestellt
Daraufhin lässt Balzer die Bestellungen stornieren, zudem bittet sie um eine Sperrung ihres Zugangs. Dieser wird ihr vom Kundenservice von Amazon zugesagt, aber erst nach erneuter Aufforderung auch umgesetzt. „Sobald ich die Pakete, die jetzt bei mir sind, zurückgesendet habe, kann mein Account auch gelöscht werden“, sagt Balzer.
Ob sich die Geschichte damit erledigt hat, ist noch abzuwarten. Vergessen wird Heidi Balzer den vermeintlichen Betrug aber nicht. „Ich hoffe, dass ich andere Menschen damit warnen kann“, sagt sie.