Brilon. Der spätabendliche Einsatz von Brilons Bürgermeister Dr. Bartsch hat sich gelohnt. Die Anhörung für das Vogelschutzgebiet ist erneut verlängert.

„Wie von der Stadt Brilon beantragt“ hat das NRW-Umweltministerium die Anhörungsfrist zur Ausweisung des Vogelschutzgebietes Diemel- und Hoppecketal bis 30. September verlängert. Das sagte auf Anfrage der WP eine Sprecherin des Ministerium. Direkt nach der Ratssitzung am Mittwoch vergangener Woche hatte Bürgermeister Dr. Christof Bartsch, wie berichtet, den frisch verabschiedeten Antrag nach Düsseldorf gemailt. Die Zeit drängte. Um Mitternacht wäre am 30. Juni die Anhörungsfrist abgelaufen.

VNV-Vorstandsmitglied Johannes Schröder (Bredelar) weiß allerdings nicht, was die Verlängerung inhaltlich noch bringen soll. Seines Wissens nach hätten alle Träger öffentlicher Belange - „Auch die Stadt Brilon.“ - ihre Stellungnahmen ja abgegeben. Das Interesse der Kommunen an einer Verlängerung ist für ihn wenig verständlich, denn: „Das Verfahren verzögert sich jetzt weiter.“ Bekanntlich gilt die gesamte rund 120 Quadratkilometer große Gebietskulisse bis zu einer Entscheidung als „faktisches Vogelschutzgebiet“ und unterliegt damit einer Veränderungssperre.

Dr. Bartsch: Ganze Verfahren stoppen

Das bewertet der Briloner Bürgermeister anders. Er sei froh, dass das Ministerium dem Antrag gefolgt sei, sagte Dr. Bartsch zur WP und nannte gleich mehrere Gründen. Zum einen habe der VNV jetzt weitere Zeit, um die bisher vorenthaltenen Rohdaten und Kartierungsprotokolle offenzulegen. Unter Umständen, so Dr. Bartsch, bestehe Anlass, die Stellungnahme der Stadt anpassen. Außerdem könnten jetzt weitere Gespräche geführt werden, um die Eckdaten etwaiger vertraglicher Vereinbarungen mit dem Forst abzustimmen, etwa in der Art, wie sie mit der Landwirtschaft bereits gang und gäbe sind.

Außerdem biete die Fristverlängerung die Möglichkeit, jetzt doch noch Umweltministerin Ursula Heinen-Esser zu einer Präsenzveranstaltung ins Hochsauerland zu holen. Corona-bedingt hatte die für 17. Mai April in Giershagen geplante Veranstaltung nur als Video-Konferenz stattfinden können. Zu dieser öffentlichen Veranstaltung hatte der HSK Beteiligte wie den Landwirtschaftlichen Kreisverband, den Waldbauernverband und das Landesamt für Natur- Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) eingeladen, nicht aber den Initiator des ganzen Verfahrens, den VNV, wie Johannes Schröder gegenüber der WP anmerkte.

Die jetzt erfolgte Verlängerung der Anhörungsfrist war allerdings nur ein Hilfsantrag der Stadt Brilon. Dr. Bartsch hofft, dass in der jetzt gewonnen Zeit „neue Erkenntnisse gewonnen“ werden, die auch den am vergangenen Mittwoch verabschiedeten und auf den letzten Drücker nach Düsseldorf geschickten Hauptantrag zum Erfolg verhelfen: das gesamte Ausweisungsverfahren nämlich zu stoppen.

Waldbesitzer-Vereinigungen: Vogelschutz nur vorgeschoben?

Dass die zugrunde gelegte Datenlage zur Ausweisung eines Vogelschutzgebietes nicht ausreichend ist, kritisiert in einer gestern veröffentlichten Stellungnahme auch der Waldbauernverband und die Vereinigung der Familienbetriebe Land und Forst NRW.

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Eigene in Auftrag gegebene Untersuchungen hätten ergeben, dass Flächen in die Gebietskulisse einbezogen wurden, die nicht als Habitate für Grauspecht, Raubwürger oder Neuntöter in Betracht kämen. Zudem sei zum Beispiel der Grauspecht als „zerstreut verbreitete“ Art durch viele Gebietsmeldungen ausreichend geschützt. Für den Vorsitzenden des Waldbauernverbands, Freiherrn Dr. Heeremann, stellt sich die Frage, „ob das Vogelschutzgebiet nicht vorgeschoben werden soll, um andere Entwicklungen in der Wirtschaftsregion zu behindern“.

Flächenüberprüfung „zwingend notwendig“

So lasse „das Sichtbarwerden von Verwaltungsgrenzen bei der Gebietskulisse erahnen, dass das Vorkommen von gefährdeten Arten nicht die einzige Triebfeder der Kartierung als Vogelschutzgebiet gewesen sein müsse. Vor diesem Hintergrund sei „eine genaue Überprüfung“ der Flächen durch das LANUV „zwingend notwendig“, sagt der Landes- und Bundesvorsitzende der Familienbetriebs-Vereinigung, Freiherr von Elverfeldt (Weeze/Niederrhein) Die Grundeigentümer stünden „für konstruktive Gespräche in diesem Kontext gerne bereit“.