Brilon/Marsberg. Der NABU NRW droht im Zusammenhang mit dem geplanten Vogelschutzgebiet Brilon/Marsberg mit Klagen. Die Fakten und Hintergründe:

Das Diemel- und Hoppecketal mit Wäldern bei Brilon und Marsberg soll als EU-Vogelschutzgebiet nachgemeldet werden. Das gefällt weder den beteiligten Kommunen im Hochsauerlandkreis, Grundeigentümern, noch der Wirtschaft besonders. Wie berichtet, hat sich die nordrhein-westfälische Umweltministerin Heinen-Esser dazu zu Wort gemeldet.

In einer Video-Konferenz vom 17. Mai mit 150 Teilnehmern hat sie eine sogenannte „Brilon-Marsberger-Vereinbarung“ angeregt, die „Eckpunkte von Selbstverpflichtungen des haupt- und ehrenamtlichen Naturschutzes, der Land- und Forstwirtschaft, der gewerblichen Wirtschaft und der Städte Brilon und Marsberg“ entwickeln soll, die dazu dienen sollen, „anstelle ordnungsrechtlicher Regelungen den Schutz und die mit dem Vogelschutz verträgliche Entwicklung des Gebietes zu gewährleisten“.

Das wiederum gefällt dem NABU NRW ganz und gar nicht. Er sieht darin eher, dass die Vereinbarung „den unionsrechtlich gebotenen Schutz hochgradig gefährdeter Vogelarten in Frage zu stellen droht“, wie Dr. Heide Naderer, Vorsitzende des NABU NRW in Düsseldorf in ihrer Pressemitteilung jetzt schreibt. Und: „Um dem auch hierzulande fortschreitenden Artensterben Einhalt zu gebieten, lehnt der NABU NRW Einschränkungen zu Lasten des Vogelschutzes ab und droht rechtliche Schritte an.“ Der Verband bezieht sich auf einen Artikel in der Westfalenpost vom 29. Mai, in dem über die „Brilon-Marsberger-Vereinbarung“ berichtet wurde.

Keine Verhandlungssache

Die Ausweisung europäischer Schutzgebiete sei keine Verhandlungssache und die Abgrenzung eines EU-Vogelschutzgebietes sei ausschließlich an ornithologischen Kriterien auszurichten, so Dr. Heide Naderer, weiter. „Mit großer Sorge nehmen wir zur Kenntnis, dass sich in dieser wichtigen Frage für den Artenschutz vor Ort Widerstand formiert. Mit großer Verwunderung registrieren wir, dass das Land ,eine mit dem Vogelschutz verträgliche Entwicklung des Gebietes’ in Aussicht stellt. Dies zeuge von einem seltsamen Verständnis bei der für den Naturschutz zuständigen obersten Behörde des Landes und zeige einmal mehr, welchen Stellenwert der Schutz der heimischen Artenvielfalt in dieser Landesregierung tatsächlich habe.

Dr. Naderer: „Die zügige Unterschutzstellung des Diemel- und Hoppecketals als EU-Vogelschutzgebiet ist ein wichtiger Beitrag und ein rechtlich notwendiger Schritt zur Erhaltung hochgradig gefährdeter Vogelarten wie Grauspecht, Raufußkauz und Raubwürger.“ Die Datenlage sei zweifelsfrei fachlich eindeutig.

Der Hochsauerlandkreis hatte in dem Entwurf seiner Stellungnahme im Rahmen der Beteiligung der öffentlichen Träger und Belange kritisiert, dass das Verfahren zur Ausweisung des Vogelschutzgebietes Diemel- und Hoppecketal „so, wie es bislang geführt wurde, nicht den gesetzlichen Anforderungen“ entspreche. Der LANUV hatte vorher schon die Gebietskulisse deutlich reduziert.

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„Die Vorschlagskulisse des Landes genügt den rechtlichen Anforderungen dagegen nicht“, so Dr. Naderer. Insbesondere der Schutz von Vogelarten wie Neuntöter und Raubwürger, zu deren Schutz die Ausweisung in erheblichem Maße beitragen soll, würde mit der aktuellen Kulisse nur ungenügend erreicht. Naderer: „Wir fordern die Landesregierung deshalb auf, die Gebietskulisse deutlich um Flächen zu erweitern, die als Lebensraum dieser Arten fungieren und so zum Erhalt der Populationen beitragen können. Fachkundige Vorschläge dazu liegen vor.“

Planungssicherheit schaffen

Der NABU NRW begrüße ausdrücklich, dass die Behörden des Landes bestrebt seien, den nach wie vor bestehenden Defiziten beim nordrhein-westfälischen Beitrag zum Netz Natura 2000 abzuhelfen. Es verstärke sich allerdings der Verdacht, dass der echte Wille fehlt, der Verpflichtung nachzukommen, Neuntöter und Raubwürger effektiv zu schützen.

Dabei sei auch aus kommunaler und wirtschaftlicher Sicht eine fachgerechte Ausweisung des EU-Vogelschutzgebietes Diemel- und Hoppecketal sinnvoll, brächte sie doch Planungssicherheit für die weitere Entwicklung des Gebietes.

„Schutzgebiete müssen wirklich schützen. Nur so können sie sich positiv auf die Arten und Lebensräume auswirken, zu deren Schutz sie eingerichtet wurden“, erklärt Naderer. Noch gehe der NABU NRW davon aus, dass das Land seiner Verpflichtung zum Schutz von Raubwürger und Neuntöter nachkomme und eine Gebietskulisse ausweise, die insbesondere diese beiden Vogelarten effektiv schützten. Sollte sich jedoch abzeichnen, dass die unausweichlichen Korrekturen des aktuellen Abgrenzungsvorschlages und die unverzichtbare Erweiterung der Kulisse nicht in fachlich notwendigem Umfang erfolge, „wird der NABU NRW nichts unversucht lassen, im Interesse eines wirksamen Schutzes des aus ornithologischer Sicht wertvollen Diemel- und Hoppecketals, geltendem EU-Naturschutzrecht zur Durchsetzung zu verhelfen.“