Hallenberg. Die Stadt kaufte ein knapp zwei Hektar großes Waldstück für die Grundschule in Hallenberg. Das soll damit jetzt zum Wohle der Schüler passieren.

Manchmal entstehen aus Dingen, die verloren gehen, auch neue Chancen: Die Grundschule Hallenberg bekommt eine eigene Baum- und Strauchschule. Möglich geworden ist das, indem die Stadt das knapp zwei Hektar große Waldstück in unmittelbarer Nähe zur Schule gekauft hat und für die Umwelt- und Naturbildung zur Verfügung stellt. Demnächst können hier die Hallenberger Grundschüler zu Beginn ihrer Schulzeit eigene Sträucher, Bäume und Hecken pflanzen, Obstbäume veredeln und sich aktiv darum kümmern und miterleben, wie die ihre ganz persönlichen kleinen Gewächse genau wie die Schüler groß und stark werden.

Das besagte Waldstück „Im Tempel“ begleitet schon ganze Schüler-Generationen. Hier wurde unter den großen Fichten gespielt, gewandert, Naturmaterial gesammelt und viel Wissenswertes über heimische Pflanzen und Tiere gelernt. In den vergangenen drei Jahren konnten die Grundschüler traurig beobachten, wie die Bäume durch die Trockenheit immer mehr von Borkenkäfern befallen wurden und nach und nach abstarben. Seit dem vergangenen Sommer durften sie „ihren“ Wald nicht mehr betreten, weil es durch umstürzende Bäume zu gefährlich wurde. Bislang war das Grundstück im Besitz einer privaten Erbengemeinschaft, nun gehört es ganz offiziell zur Grundschule.

Hallenberg ließ Fichten roden

Nach dem Kauf hat die Stadt Hallenberg die vertrockneten Fichten Ende April roden lassen. Jetzt gerade werden die Stämme sortiert und abtransportiert – natürlich immer unter aufmerksamer Beobachtung der Schüler und Lehrer, die dafür so manche Sachkundestunde gemeinsam mit dem städtischen Waldpädagogen Markus Genster nach draußen verlegen. Dass Bäume heutzutage meistens nicht mehr mit Säge und Axt von Hand gefällt werden, wissen die Kinder genau: Wie heißt die beeindruckend große Maschine, die den Wald gerade aufräumt? Klar, ein Forwarder. Das Abholzen hat ein Harvester in erstaunlichem Tempo erledigt. Was wächst aus den grünen Knubbeln, die sich zwischen den Ästen emporschlängeln? Ein Farn. Und was sind das für große schwarze Insekten, die alle umschwirren? Märzfliegen. Sie gehören zur Familie der Mücken, stechen aber zum Glück nicht und sind in diesem Jahr spät dran, weil das Frühjahr bisher ziemlich kalt war. Aha!

Eine Allee aus den „Bäumen des Jahres“ führt zum Grünen Klassenzimmer und zum Schulgarten.
Eine Allee aus den „Bäumen des Jahres“ führt zum Grünen Klassenzimmer und zum Schulgarten. © Unbekannt | Rita Maurer

Die Grundschule Hallenberg ist vor vier Jahren als erste Naturparkschule des Naturparks Sauerland-Rothaargebirge ausgezeichnet worden. Lernen inmitten der Natur ist hier schon lange Programm. Seit Jahren gibt es einen Schulgarten, der nach und nach erweitert wird. Neben einem Gemüse-Hochbeet, einem selbstgebauten Insektenhotel und der Jahresbaum-Allee ist gerade ganz frisch eine kleine Wiese und eine Böschung mit Wildblumen eingesät worden, in den nächsten Tagen werden noch Kartoffeln gepflanzt. Auf das gemeinsame Kartoffelbraten im Herbst fiebern jetzt schon alle hin. Im vergangenen Jahr haben die Schüler Kastanien, Eicheln und Bucheckern in die Erde gesetzt, da wagen sich schon erste grüne Spitzen aus der Erde.

Grünes Klassenzimmer in Hallenberg

Die Zertifizierung „Naturparkschule“

Der Naturpark Sauerland-Rothaargebirge zeichnet mit der Zertifizierung „Naturparkschule“ Schulen aus, die im besonderen Rahmen Unterrichtsinhalte aus der heimischen Region und der Natur mit den Schülern bearbeiten. Die Zertifizierung gilt für fünf Jahre und ist eine Kooperation des Naturparkvereins mit der Schule und dem Schulträger, in diesem Fall der Stadt Hallenberg. 2022 steht für die Grundschule die Rezertifizierung an. Der Naturpark Sauerland-Rothaargebirge ist der zweitgrößte von insgesamt 104 Naturparks in Deutschland und erstreckt sich über fast 4000 Quadratkilometer in vier Kreisen (HSK, Märkischer Kreis, Siegen und Olpe).

Am besten wächst natürlich das Unkraut und zeigt, dass das alles gar nicht so einfach und schnell gemacht ist mit dem Gärtnern. Mittendrin befindet sich das „Grüne Klassenzimmer“ für den Outdoor-Unterricht – ein überdachter Platz mit vier Holztischen und Sitzklötzen, die aus Fichtenholz des Hallenberger Stadtwalds gebaut worden sind. Über den Sommer soll das Waldgrundstück nun aufgeräumt werden. In Planung ist auch eine Bewässerung, die aus einer nahe gelegenen Quelle gespeist werden soll. Wenn alles klappt und zudem Corona keine neuen Striche durch die Rechnung macht, kann im neuen Schuljahr die Arbeit der kleinen Nachwuchs-Forstwirte starten.

Kinder helfen bei der Nachhaltigkeit

Rektorin Bibiana Nissen freut sich auf das neue Projekt: „Die Baum- und Strauchschule passt sehr gut zu uns als Naturparkschule. Die Kinder können damit nachhaltig helfen, den Wald aufzuforsten und zu pflegen und nach ihrer Schulzeit ein Stück von sich selbst an der Schule lassen.

Die Stadt Hallenberg habe mit der Einrichtung der Baum- und Strauchschule einen wichtigen Schritt getan, um das Thema Nachhaltigkeit aktiv zu leben, sagt Bürgermeister Enrico Eppner, der selbst ab dem Spätsommer Vater eines Erstklässlers sein wird: „Für mich ist wichtig, dass unsere Kleinsten nicht nur digital mit der Zeit gehen, sondern auch an unsere Natur so gut wie möglich herangebracht werden. Eine Früherziehung mit praktischen Anwendungen wie z.B. dem Heranziehen von Setzlingen oder der Beobachtung von Naturverjüngungen und Wildfährten schärft das Bewusstsein für unsere Umwelt und damit unseren Lebensraum.“