Brilon/Arnsberg. Das Rustikarl-Stück „Mein Freund ist Sauerländer“ hat es zu einer Art Heimat-Hymne gebracht. Die Briloner Band hat wegen des Videos jedoch Ärger.
„Heute haben wir verloren“ legt Frontman Christian Ester gleich nach dem hämmernden Schlagzeug--Intro von Kai Certa und den ersten rotzigen Gitarren-Riffs von Marius-Schmidt los. Ob es Backstage des Arnsberger Landgericht bereits so weit ist, wie es die Briloner Punk’n’ Roll-Band Rustikarl in ihrer Heimat-Hymne „Mein Freund ist Sauerländer“ anstimmt, weiß nur die Berufungskammer des Landgerichts Arnsberg. Am 9. Juni will sie ihr Urteil verkünden. Auf Justitias Bühne - die Band sagt es in dem Stück ja selbst „Man sieht sich immer zweimal“ - geht es erneut um den Video-Clip zu ihrem „Sauerland“-Song.
Den möchte der Pächter des Messinghauser Tauchsees aus dem Verkehr ziehen: Der Dreh sei ohne seine Zustimmung erfolgt und die hätte er der Band auch nie gegeben, denn: „Das Stück zieht Besucher an meinen See, die ich dort nicht haben will. Die machen nur Probleme.“
Amtsgericht Brilon lehnt Klage ab
Das Amtsgericht Brilon hatte diese Klage im Februar vergangenen Jahres allerdings abgewiesen. Jetzt also am Landgericht die Fortsetzung. Das Briloner Gericht, so Vorsitzender Richter Peter Clemen, habe sich mit der Beweisaufnahme „sehr viel Mühe gegeben“, und deshalb sei man in der Berufungsverhandlung an die seinerzeit getroffenen Bewertungen gebunden.
Dass am Mittwoch (19. Mai) allerdings jede Seite einen Zeugen präsentieren durfte, hat daran gelegen, dass der See-Pächter seinen Zeugen erst nach dem damaligen Prozess gemeldet habe.
Es handelt sich dabei um den Eigentümer eines im Bereich der Steinbruch-Steilwand angrenzenden Wäldchens. Der bestätigte die Angaben des Tauchschul-Inhabers, dass nämlich der Zugang zur Bruchkante durch einen Zaun gesichert sei. Das habe ihm sogar der Hochsauerlandkreis beim Erwerb des Grundstücks zur Auflage gemacht.
Er achte deshalb darauf, dass der Zaun in Ordnung sei, allerdings könne er nicht ausschließen, dass auch mal ein angefaulter Pfosten umfalle. Doch selbst dann könne man erkennen, dass sich dort ein Zaun befindet - „und dann geht man da nicht ohne weiteres drüber“.
Unklarer Grenzverlauf
Wo genau sich die Flurstücksgrenze zum Tauchbetrieb befinde, könne er nicht sagen. Immer wieder komme es vor, dass Spaziergänger über sein Grundstück laufen in der Annahme, der dort herführende Weg sei ein öffentlicher.
Zwischen Punk’n’Roll und sozialem Engagement
Rustikarl, das sind Björn Stürzebecher (Lead-Guitar), Christian Ester (Vocal), Kai Certa (Drums), Fionn Bunse (Bass), Marius Schmidt (Rhythm-Guitar) und, nicht zu vergessen, das Band-Maskottchen „Rusti“. Die Band unterstützt durch Benefiz-Aktionen - wie im vergangenen Advent mit dem „Rustikarlender“ oder einer Kneipen-Spenden--Sammeltour - Einrichtungen wie das Kinderhospiz Balthasar oder das Tierheim Brilon.Infos: www.rustikarl.com
Der Zeuge sagte, dass ihn seinerzeit eine Frau angerufen und ihn um Erlaubnis für Dreharbeiten zu einem Musik-Video gebeten habe. Er habe sich sogar gefreut, der Band helfen zu können. Allerdings habe er der Frau auch mitgeteilt, dass ihm nicht das ganze Plateau gehöre. Und er habe sie gebeten, nicht das auf der Fläche gelagerte Scheitholz aufzunehmen, damit niemand auf den Gedanken komme, sich dort bedienen zu können. Deswegen habe er sie auch gebeten, ihm den Clip vor der Veröffentlichung zu zeigen.
Die Frau, die sich um die Video-Location gekümmert hatte, ist mit einem Band-Mitglied verlobt. In dem Telefonat mit dem Waldbesitzer sei nicht die Rede von einem Nachbargrundstück gewesen, auch nicht von einem Zaun. Da sei es nur darum gegangen, dass das Holz nicht zu sehen sein sollte und darum, dass man ihn außen vor lassen solle, wenn es beispielsweise mit Behörden wegen der Dreharbeiten Nachfragen geben würde.
Konträre Aussagen
Für Wolfgang Gaßmann, Rechtsbeistand des Tauchsee-Betreibers ein klarer Fall: „Einer kann nur die Wahrheit sagen.“ Für ihn stand auch fest, wer das war. Denn bereits im ersten Prozess sei von Seiten der Rustikarl-Zeugen bei der Beschreibung des Geländes „definitiv gelogen“ worden - er kenne die Örtlichkeit genau, da er einmal monatlich selbst dort tauchen gehe, sagte er.
Als Rustikarl-Anwalt Janos Dohr bezweifelte, ob angesichts des unklaren Grenzverlaufs die Dreharbeiten überhaupt auf dem Grundstück der Tauchschule stattgefunden haben und damit die sog. Aktiv-Legitimation, also das Recht auf die Klage, in Frage stellte, wollte Gaßmann sogar einen Vermessungsgutachter hinzuziehen lassen.
Das hätte die Kosten dann in der Tat explodieren lassen. Was jetzt nach der neuerlichen Zeugenbefragung herauskommt, ist offen. Bis zu deren Vernehmung hatte das Gericht versucht, beide Seiten zu einem Vergleich zu bewegen.
Vergleich nicht möglich
Das Amtsgericht Brilon hatte den Fall gegen Zahlung von 1000 Euro an den Tauchsee-Betreiber beilegen wollen. Das war dem aber nicht genug. Gestern bot die Band 2000 Euro und einen Good Will-Auftritt bei einem Event am Bergsee an. Auf eine derartige Werbung lege er ja gerade keinen Wert, sagte der Pächter, und warf als Angebot 3000 Euro und das Löschen des Videos bzw. das Herausschneiden der See-Sequenzen an.
„Dann ist Verlieren ja billiger“, meinte der Rustikarl-Anwalt Dohr lakonisch. Außerdem habe der Pächter ja lediglich das Löschen des Videos erstreiten wollen. Auf den Vorschlag des Gerichts, die Band beim Drehen eines neuen „Mein Freund ist Sauerländer“--Clips finanziell zu unterstützen, ging der Bergsee-Betreiber nicht ein. „Dann also hopp oder topp“ meinte Vorsitzender Richter Peter Clemen und stieg in die neuerliche Beweisaufnahme ein.
Neues Album
„Wir sind dann erstmal weg, doch wir können euch versprechen, wir kommen stärker zurück“, heißt es in dem „Sauerländer“-Song. Das ist die Band, die auch abseits der Musik gemeinsame Interessen teilt, bereits. Ende vergangenen Jahres kam „Kraut & Lügen“ heraus.