Brilon. Am Freitag soll die Gastronomie in den Restart gehen. Zwei Gastronomen entscheiden sich gegen eine Öffnung. Warum sie das Risiko zu groß finden.

Am Freitag soll es im Hochsauerlandkreis wieder losgehen: Dann erlaubt die konstante Inzidenz der letzten Tage die Öffnung der Außengastronomie und die ersehnte Lockerung der Corona-Bundesnotbremse. Zwei Gastronomen aus Brilon entscheiden sich allerdings dazu, die Türen geschlossen zu halten – und üben Kritik an einem Restart ohne Unterstützung.

Erst die Freude, dann die Ernüchterung

Als erstes fühlt Volker Gierse einen kurzen Moment Freude, als er die Nachricht hört, dass er sein Hotel zur Post öffnen kann.

Volker Gierse vom Hotel zur Post.
Volker Gierse vom Hotel zur Post. © WP | Jana Naima Schopper

Dann die Ernüchterung, als er die Statuten der DEHOGA in der Hand hält. „Unter diesen Bedingungen kann ich nicht öffnen.“ Und auch Thomas „Tommy“ Hillebrand vom „Thommy’s“ in Brilon entscheidet sich dagegen, am Freitag schon zu öffnen. „Es ist für mich ein größerer Verlust zu öffnen, als mein Restaurant geschlossen zu halten. So traurig das auch ist.“

Die beiden Gastronomen sitzen zusammen, während sie erklären, warum sie die Perspektive, die ihnen gegeben wurde, noch nicht annehmen können. „ Ich wurde angerufen von einer Dame, die reservieren will – aber nur, wenn die Sonne scheint. Werde es regnen, würde sie nicht kommen. Dafür kann ich mein Warenlager nicht füllen“, sagt Volker Gierse. Das Wetter sei der Faktor, der gegen eine Öffnung spreche. „Was ist, wenn ich meine Außengastronomie hochziehe, die Leute kommen, und plötzlich regnet es? Ich darf die Gäste dann nicht einlassen“, sagt Tommy Hillebrand. Im Innenbereich dürfen sich keine Gäste aufhalten – ausgenommen im Hotel von Volker Gierse. „Geschäftsleute dürfen ungetestet und ungeimpft in meinem Gastraum essen. Und von draußen schauen Privatmenschen hinein und dürfen nur geimpft oder getestet essen – und das nur draußen. Das ist nicht vermittelbar und das wird für Hass sorgen“, erklärt Volker Gierse.

Nur ein kleiner Außenbereich für Thomas Hillebrand

Tommy Hillebrand hat vor seinem Restaurant nur einen kleinen Außenbereich – mit acht bis neun Tischen. Die neue Regel, 2 Meter statt 1,5 Meter einzuhalten, würde ihm Kapazitäten rauben. Zudem sei eine Kontrolle nur möglich, wenn man Personal dafür abstelle. „Ich muss doch schauen, ob die Menschen wirklich geimpft und getestet sind. Da muss jemand ein Auge drauf haben.“ „Wer haftet eigentlich, wenn sich doch jemand durchschlängelt?“, erwidert Volker Gierse. Tommy Hillebrand zuckt die Achseln. Die Antwort kennt er nicht. Zu viele Fragen bleiben für die beiden ungeklärt.

Mit dem Regel-Wirrwarr kommt der Frust. „Meine Mitarbeiter und ich müssen uns nun alle 48 Stunden testen lassen. Sonst dürfen wir nicht arbeiten. Ich meine, wo bleibt denn unsere Impfung? Über uns wird in der Priorisierung nicht gesprochen“, sagt Volker Gierse. „Über uns wurde sehr lange nicht mehr gesprochen“, sagt Tommy Hillebrand.

Thomas „Tommy Hillebrand“ betreibt das  „Tommys“ im Kolpinghaus
Thomas „Tommy Hillebrand“ betreibt das „Tommys“ im Kolpinghaus © WP | Jana Naima Schopper

Er hätte sich eine Öffnung mit Hilfe gewünscht. Zu viele Unwägbarkeiten wie das schlechte Wetter sorgen für einen kaum zu kalkulierenden Umsatz und ein hohes Investitionsrisiko in Waren und co. „Seit Dezember gab es keine Hilfen mehr, wir sollen die Überbrückungshilfe 3 beantragen“, erklärt Tommy Hillebrand. Doch: „Unser Steuerberater sagt, es gibt einen Systemfehler, die Hilfen können derzeit nicht beantragt werden“, sagt Volker Gierse.

Die Lage mit Humor nehmen können sie nicht immer

Die beiden Gastronomen versuchen, die Lage mit Humor zu nehmen. Allerdings: „Wir haben auch dunkle Tage und dann sitzen wir zusammen und keiner von uns lacht.“ Sie wollen die Lage nun stetig neu bewerten, sobald das Wetter besser werde, würde man öffnen. Volker Gierse bietet ab nächster Woche wieder eine To-Go-Karte an. Sie wünschen sich eine Öffnung wie im letzten Sommer. Glauben an den Boom, den Touristen und Einheimische bringen werden, wenn Testungen nicht mehr nötig sind. Denn: „Wir vermissen das auch, mal ein Bier zu trinken nach Feierabend, zusammen drüben bei Pio. Die Leute wollen raus, weg vom Essen auf Papptellern und zurück zu den Begegnungen im Biergarten. Das ist hoffentlich bald wieder möglich.“