Marsberg. Viele Fragen im Rat Marsberg zur Millionen-Anlage bei der insolventen Greensill-Bank - und viel Kritik. Einmal darf der Bürgermeister aufatmen.

Die Frage, die ihm wohl im Rahmen der Greensill-Affäre in Marsberg am dringlichsten auf dem Herzen lag, hatte sich Peter Prümper, Vorsitzender der SPD-Fraktion, bis ganz zum Schluss der Sitzung des Stadtrates am Donnerstagabend in der Schützenhalle unter Punkt Mitteilungen und Anfragen aufbewahrt. Er wollte wissen: „Ist den handelnden Personen bekannt, dass sich die Staatsanwaltschaft Arnsberg mit der Vorprüfung eines Anfangsverdachtes befasst, auf Grundlage eines Erkenntnisberichtes der Kreispolizeibehörde HSK durch die Presseberichterstattung über eine Anlage von 2,5 Millionen Euro durch die Stadt Marsberg?“. Prümper fragte auch nach, ob der Verdacht eines Dienstvergehens bestehe, das dann durch den Landrat geprüft werden müsse.

Staatsanwaltschaft sieht keinen Anfangsverdacht

Die Antwort von Bürgermeister Thomas Schröder: „Ja, wir haben Kenntnis darüber. Es besteht kein Anfangsverdacht. Die Staatsanwaltschaft wird nicht ermitteln.“ Bezüglich eines Dienstvergehens sei ihm nichts bewusst. Da müsse er beim Landrat nachfragen.

Oberstaatsanwaltschaft Thomas Poggel bestätigte gegenüber der WP, dass es eine Prüfung gegeben habe. „Es liegt aber kein Anfangsverdacht vor.“

Die SPD bildet mit der Marsberger Bürgergemeinschaft die Opposition im Stadtgremium. Bezüglich der Pleite der Bremer Privatbank Geensill, bei der die Stadt kurz vor der Insolvenz im Februar noch 2,5 Millionen Euro angelegt hat und vermutlich nicht wiederbekommt, übt nicht nur die Opposition weiter Druck auf Bürgermeister Thoms Schröder und seinen allgemeinen Vertreter und Stadtkämmerer Antonius Löhr aus.

Steuerberater Jürgen Jesper wandte sich in der Fragestunde der Einwohner mit einem ganzen Fragenkatalog an den Bürgermeister „Hiermit stelle ich den Antrag“, begann er seine Ausführungen, „mir die Dienstanweisung zur Abwicklung von Finanzgeschäften vom 13. Februar 2017 zur Verfügung zu stellen.“ Um dies zu erreichen führte er das Informationsfreiheitsgesetzt an. Weiter fragte er nach, warum die Dienstanweisung nach der Neuregelung der Einlagensicherung nicht angepasst worden und warum die Dienstanweisung zur Kapitalanlage in Marsberg so geheim sei? Jesper: „Andere Kommunen stellen ihre ins Internet“.

In seine insgesamt 26 Fragen wollte er u. a. auch wissen: „Wer war der Finanzvermittler, bekommt er eine Provision?“. Oder: „Warum sind die Grundsätze im Kommunalen Finanzmanagement nicht beachtet worden?“ Jesper wollte auch wissen: „Weshalb eine Eilentscheidung wegen der Kosten für die Beauftragung eines Rechtsanwaltsbüros, bezüglich eines Zusammenschlusses mit anderen beteiligten Kommunen? Hat man sich hier von den andere Gläubigern so unter Druck setzen lassen?“ Wenn es aus Solidaritätsgründen geschehen sei, solle man das doch bitte offen sagen.

Bürgermeister Schröder sagte zu, dass die Fragen schriftlich beantwortet würden.

Mehraufwendungen für Rechtsbeistand

Die Eilentscheidung über die Zustimmung zu überplanmäßigen Mehraufwendungen für die anwaltliche Vertretung der Stadt Marsberg stand ebenfalls zur Genehmigung an. 18 Stadtvertreter (CDU und Grüne) stimmten mit Ja und 15 (SPD und MB) mit nein. Die 43.100 Euro an Mehraufwendungen sollen durch Minderaufwendungen in gleicher Höhe bei den Steuern und der Kreisumlage gedeckt werden.

Die Eilentscheidung wurde in der Sondersitzung des Rechnungsprüfungsausschusses vor zwei Wochen vorberaten und im Haupt- und Finanzausschuss Ende April vorbereitet, weil die Vereinbarung zur Teilnahme der Stadt Marsberg an dem kommunalen Zusammenschluss bis spätestens zum 30. April an die Stadt Monheim geschickt werden musste. Für eine ordnungsgemäße Mandatierung und anschließende Anmeldung der Insolvenzforderungen bis zum 15. Mai konnte der Sitzungstermin vom Stadtrat nicht abgewartet werden, heißt es in der Verwaltungsvorlage.

Durch den gemeinsamen Rechtsbeistand erhofft sich die Stadt Marsberg (wie berichtet) eine Stärkung ihrer Rechte im Gläubigerausschuss und zusätzliche Informationen über die internationalen Verflechtungen der Greensill-Bank.

Arbeitskreis Finanzgeschäfte

Um für die Zukunft Transparenz der Finanzgeschäfte der Stadt zu generieren und die Vorgehensweise neu zu betrachten, hatte die Koalition aus CDU und Grüne den Antrag gestellt, diesbezüglich einen Arbeitskreis zu bilden, bestehend aus dem Bürgermeister, dem Kämmerer, Vertretern der Finanzabteilung und der Fraktionen.

Peter Prümper führte für die SPD „formale und auch inhaltliche Bedenken an“. Es passe nicht, sagte er, dass die Politik eine Dienstanweisung erstelle, dass sei „originär Aufgabe der Verwaltung“. Das heiße nicht, dass die SPD nicht an einem solchen Arbeitskreis interessiert sei, aber der Zeitpunkt, dies zu entscheiden, sei zu knapp.

Am Dienstagmorgen erst sei der Antrag angekommen und noch nicht in der Fraktion besprochen worden. CDU und Grüne zeigten Verständnis. Sie zogen den Antrag zurück. “Wir fordern den Bürgermeister auf, den Arbeitskreis zeitnah auszurufen, damit wir an der Sache arbeiten können und nach vorne kommen“, so Christian Böttcher, Sprecher der Grünen.

Vier Girokonten

Die 2,5-Millionen-Euro-Anlage der Stadt Marsberg bei der Privatbank Greensill sind vermutlich futsch. Aus den mehr als schlechten Erfahrungen will die Stadtverwaltung ihre Lehren ziehen. Die Sicherheit der Geldanlagen habe oberste Priorität. Sie schlägt vor, alle Girokonten der Stadt bei Privatbanken kurzfristig aufzulösen.

Die Stadt hat vier Girokonten bei der Sparkasse Paderborn-Detmold, Volksbank im Hochsauerland, der Commerzbank und der Postbank. Bei den vier Banken hat die Stadt einen Freibetrag von 1,3 Millionen Euro. Wenn der bei einer Bank überschritten wird, hat die Stadt bei dem jeweiligen Institut sofort Negativzinsen zu zahlen.

Die Commerzbank das gleiche Rating BBB+ wie die Greensill-Bank. „Wenn wir ein vernünftiges Risikomanagment haben, brauchen wir nicht bei den Privatbanken die Konten auflösen“, so Peter Prümper (SPD).

Die Commerzbank und Postbank seien systemrelevante private Großbanken. „Warum sollen wir zwei Girokonten zumachen, bei denen wir Guthabenzinsen bekommen, statt zu zahlen?“.

„Brauchen wir denn unbedingt vier Girokonten, reichen nicht zwei?“, fragte Frank-Peter Folcz (CDU) nach. Er schlug vor, im noch zu gründenden Arbeitskreis dieses Thema in Ruhe zu beleuchten.

18 zu 15 Stimmen

Kämmerer Antonius Löhr. „Wir haben bisher mit allen Banken gut zusammengearbeitet.“ Die vier Banken waren in Marsberg ansässig. Die Commerzbank hat im vergangenen Jahr ihre Filiale geschlossen. Löhr: „Wir sollten jetzt zu einer Neubewertung kommen.“

Mit 18 Ja-Stimmen von CDU und grünen und 15 Nein-Stimmen von SPD und MGB werden die zwei Konten bei der Commerzbank und der Postbank so schnell wie möglich aufgelöst, spätestens bis zum 31. Dezember.