Winterberg/Medebach/Arnsberg. Die Gewaltbereitschaft auch mit Waffen in der Drogenszene im HSK nimmt zu. Ein Bespiel aus Winterberg zeigt, wozu Dealer bereit sind.

Auffallend oft fanden in den letzten Monaten vor dem Landgericht Arnsberg Prozesse wegen bewaffneten unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln (BTM) in nicht geringer Menge statt. Der Handel scheint zu blühen, wobei die Dealer bereit sind, ihre Drogen gegebenenfalls mit Waffen zu verteidigen. Die Geschäfte werden immer brutaler ausgeführt. Ein solcher Fall wurde jetzt vor der 4. Großen Strafkammer des Landgerichtes Arnsberg verhandelt. Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft gegenüber einem 30-jährigen Mann aus Medebach lautete: Handeltreiben mit BTM in nicht geringer Menge in zwei Fällen.

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Teleskopschlagstock und Schreckschusswaffe nebst 44 Patronen

Demnach sollte der Angeklagte mit seinem Pkw Mitte Januar 2020 einem gesondert strafrechtlich Verfolgten aus Winterberg Amphetamine zu dessen Wohnanschrift gebracht haben, weil dieser oder der Angeklagte die Drogen gewinnbringend verkaufen wollten. Während der Fahrt soll der Angeklagte in seiner Jackentasche einen Teleskopschlagstock und ebenso griffbereit ein Messer mitgeführt haben, um die Waffen gegen Personen einzusetzen. Gemäß des zweiten Vorwurfs soll der Medebacher Ende Februar 2020 im Eisfach seines Kühlschrankes Amphetamine zum gewinnbringendem Verkauf aufbewahrt und im Schlafzimmer eine geladene Schreckschusswaffe nebst 44 Patronen aufbewahrt haben, um sie gegen Personen einzusetzen. Bei seiner polizeilichen Vernehmung hatte der 30-Jährige die Beschuldigungen im Wesentlichen eingeräumt, jetzt vor Gericht machte er einen Rückzieher.

Wohnung zur Drohung verwüstet

Er habe lediglich die Amphetamine für einen Bekannten, der ihn dazu genötigt habe, zu dem Winterberger gebracht und sei dafür geringfügig entlohnt worden. Den Teleskopschlagstock habe er mitgeführt, weil er vor wenigen Wochen in seiner Wohnung überfallen worden sei. Man habe zur Drohung seine Wohnung komplett verwüstet.

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„Als ich bei meiner Arbeit zusammengebrochen bin, habe ich ärztliche Hilfe in Anspruch genommen“, erklärte der Angeklagte seine gesundheitliche Situation. Der Vorsitzende Richter verlas ein fachärztliches Gutachten nachdem der Angeklagte an depressiven Episoden und manifestierten Anfällen leide. Sein früherer Bekannter soll ihm die Amphetamine in die Hand gedrückt haben, um auf diese Art seine Schulden bei ihm zu begleichen. Diese habe er, weil er sie nicht verkaufen wollte, im Kühlschrank gelagert und wollte sie sogar vernichten. Diese Aussage nahm ihm die Staatsanwältin nicht ab, weil er zudem im Besitz einer Feinwaage und von Verpackungsmaterial war. Außerdem fand die Polizei bei der Wohnungsdurchsuchung eine Schreckschusspistole mit 44 Patronen. Die Waffe war allerdings nicht griffbereit, sondern lag im Schlafzimmer. Der erste Tatvorwurf habe sich in der Hauptverhandlung bestätigt, der zweite aber konnte nicht im vollen Umfang aufrechterhalten werden. „Die Drogen gelangten nicht in den Handel. Sie waren im Eisfach schon längere Zeit gelagert und die Schreckschusspistole war nicht, wie es zur Erfüllung des Tatbestandes notwendig ist, griffbereit“, argumentierte die Staatsanwältin, die hier „nur“ den illegalen Besitz von BTM sah. Sie beantragte eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren zur Bewährung.

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18 Monate Freiheitsstrafe

„Der Angeklagte ist konkret bemüht, sich zu bessern. Er arbeitet an einem Patent und will unbedingt wieder arbeiten. Deshalb soll man ihm Sozialstunden auferlegen“, beantragte die Staatsanwältin. Der Verteidiger sah eine Strafhöhe von 14 Monaten als gerecht und ausreichend an, auch, weil die Drogen nicht gänzlich für den Handel, sondern auch zum Eigenkonsum bestimmt gewesen seien. Das Gericht verurteilte den Medeloner zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten zur Bewährung auf drei Jahre. Hätten sich die angeklagten Tatvorwürfe bestätigt, wäre eine Freiheitstrafe von nicht unter fünf Jahren ausgeurteilt worden. Die ausgesprochene Strafe war nur möglich, weil das Gericht für beide Taten von einem minder schweren Fall ausging.