Marsberg. Rund 34 Millionen Euro hat die Sanierung der mit Kieselrot kontaminierten Flächen gekostet. Das Umweltministerium nimmt zum Thema Stellung:

30 Jahre Kieselrot: Unsere Zeitung hat beim Landesumweltministerium nachgefragt, was in den 30 Jahren passiert ist.

Gibt es einen Abschlussbericht zum Thema Kieselrot?

Im Jahr 1991 hat das Hygiene-Institut des Ruhrgebiets im Auftrag des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen den Bericht „Kieselrot-Studie – Humanmedizinische Untersuchungen“ vorgelegt. Im Auftrag des Regierungspräsidenten Arnsberg wurde im Jahr 1993 durch das Hygiene-Institut des Ruhrgebiets der Bericht „Umweltbelastung durch polychlorierte Dibenzodioxine und Dibenzofurane sowie Schwermetalle im Raum Marsberg“ erstellt. Zur Beschleunigung der Sanierung Kieselrot-verunreinigter Flächen durch Gemeinden hat das Land Nordrhein-Westfalen in Verbindung mit dem Förderprogramm für die Ermittlung und Sanierung von Altlasten im Jahre 1997 eine neue Fördermöglichkeit für diese Flächen eröffnet. Die Sanierung des Stollens in Marsberg und die Sanierungen der mit dem Material beaufschlagten Flächen wurde jeweils durch die zuständigen Behörden dokumentiert.

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Ab wann waren alle Flächen (wie viele waren es in NRW) saniert und wieder nutzbar?

Die beaufschlagten Flächen wurden und werden im Zuständigkeitsbereich der jeweiligen Kreise und kreisfreien Städte saniert. Mit Stand 31.12.2020 wurden in Nordrhein-Westfalen insgesamt 140 Flächen mit Landesmitteln saniert. Aktuell werden zwar keine belasteten Sportplätze mehr bespielt, aber im Zuge von Nutzungsänderungen kann auch heute noch Sanierungsbedarf bestehen. Für diese Maßnahmen ist grundsätzlich auch heute noch eine Förderung mit einem Fördersatz von 80 % möglich. Für das Antragsverfahren sind die Bezirksregierungen zuständig.

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Was hat es gekostet, das Material abzutragen und zu entsorgen?

Bis Ende 2020 wurden 140 Maßnahmen mit Landesmitteln in Höhe von 27.211.821,00 Euro bei einer Förderquote von 80 % gefördert. Die Gesamtkosten lagen bei rund 34 Millionen Euro

Wo ist das Material damals hingekommen? Von welchen Menge muss man ausgehen?

Das Kieselrotmaterial wurde in der Nachkriegszeit als Baustoff für Sportplatz- und Gehwegbelag verwendet. Die Vermarktung des Kieselrotmaterials durch eine ortsansässige Tiefbaufirma erfolgte schwerpunktmäßig in den Jahren 1948 bis 1968. Schwerpunkte der Verbreitung waren NRW, Niedersachsen, Hessen und Bremen. Die vertriebenen Mengen beliefen sich auf mehrere hunderttausend Tonnen. Die Sanierung Kieselrot-verunreinigter Flächen wurde durch die Schaffung von Förderprogrammen beschleunigt. Im Rahmen der Sanierungsmaßnahmen der beaufschlagten und belasteten Flächen wurde das Material in Abhängigkeit der Belastung der Deponierung oder thermischen Behandlung zugeführt. Gemäß der Deponieverordnung dürfen dioxinhaltige Abfälle, die in der EU-Verordnung über persistente organische Stoffe (POP-VO) aufgeführt sind und mehr als 15.000 ITEQ/kg Dioxine und Furane enthalten, nicht auf oberirdischen Deponien abgelagert werden. Entsprechende Materialen mussten bzw. müssen demnach thermisch entsorgt werden.

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Wer hatte die Kosten für die Sanierung zu zahlen?

Die Kosten für die Untersuchung und Sanierung der beaufschlagten Flächen wurden zu 80 Prozent vom Land Nordrhein-Westfalen über die Bodenschutz- und Altlastenförderrichtlinie und zu 20 Prozent von den Kommunen getragen.

Gab es einen „Schuldigen“ oder konnte die Firma nicht mehr für Regress-Ansprüche herangezogen werden?

Die Sanierung der Ausgangsfläche in Marsberg fand im Rahmen eines Sanierungsplans statt, der für die zuvor ermittelten vier Sanierungszonen Tagebau, Glindegrund, Fuchs und Friedrichstollen verschiedene Sanierungsmaßnahmen vorsah. Der Hochsauerlandkreis hat als zuständige Untere Bodenschutzbehörde für die Sanierung der ehemaligen Stadtberger Hütte in Marsberg den seinerzeitigen Verursacher der Ablagerung im Rahmen seiner finanziellen Möglichkeiten an der Sanierung beteiligt. Der Großteil der Sanierungskosten wurde durch Fördermittel des Landes mit einem Anteil an Eigenmitteln des Kreises finanziert. Die Prüfung der Heranziehung von Ordnungspflichtigen für die einzelnen Aufbringungsflächen von mit Kieselrot verunreinigtem Material obliegt den zuständigen örtlichen Ordnungsbehörden. Das für die Vermarktung verantwortliche ortsansässige Tiefbauunternehmen existierte im Jahre 1991 bereits nicht mehr.

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Wurden die Menschen im Umfeld der Halde in Marsberg auf Dioxinbelastung untersucht? Gab es Auffälligkeiten bei Krankheiten, wird dieses Screening immer noch fortgesetzt?

Es wurde eine Gruppe von 56 Personen aus Marsberg, die besonders mit Kieselrot in Kontakt waren, auf ihre Dioxinbelastung im Blut untersucht sowie ein ebenso großes Vergleichskollektiv aus Steinfurt, bei dem nicht von einem Kieselrot-Kontakt auszugehen war. Die Untersuchungen wurden 1991 durchgeführt und abgeschlossen. Ergebnis der Untersuchung war, dass die Dioxinbelastung der untersuchten Personen aus Marsberg im Schnitt geringfügig höher war als die des Vergleichskollektivs, aber innerhalb des vom damaligen Bundesgesundheitsamt angegebenen Bereichs der Hintergrundbelastung lag. Die Untersuchungen wurden nicht fortgesetzt, da aufgrund der Ergebnisse kein weiterer umweltmedizinisch begründeter Handlungsbedarf gesehen wurde. Zur Abklärung gesundheitlicher Auffälligkeiten wurden ergänzend verschiedene Parameter im Blut der Probanden labormedizinisch untersucht. Bis auf wenige Ausnahmen lagen die Ergebnisse der Untersuchten aus Marsberg im Normbereich. Auch im Vergleich mit dem Kollektiv aus Steinfurt wurden keine signifikanten Unterschiede in den Werten festgestellt. Einzelne, vom Normbereich abweichende, Messwerte wurden mittels weiterer Untersuchungen auf Plausibilität geprüft und konnten anhand der Angaben in den Fragebögen der Betroffenen geklärt werden.