Medebach. Wie sich ein Haus, made in Medebach, mit nur 15 Teelichtern beheizen lässt. Und warum Ute Lefarth auf den Baustoff Holz schwört.

Es wird mehr gebaut. Und es werden immer mehr Fertighäuser errichtet. Mit 22,2 Prozent an allen bundesweiten Baugenehmigungen war der Anteil noch nie so hoch, sagt der Bundesverband Deutscher Fertigbau. In Baden Württemberg lag er sogar bei über 38 Prozent, in Nordrhein-Westfalen bei 15,2 Prozent. Da ist noch Luft nach oben in einem Markt, auf dem sich seit fast 50 Jahren die Firma Partner-Haus aus Medebach erfolgreich behauptet.

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Als Frau in einer männerdominierten Branche

Geschäftsführerin Ute Lefarth ist vermutlich die erste Frau, die in dieser „Bauherren“-Branche von Anfang an nicht nur ihren Mann steht, sondern immer wieder neue Ideen einbringt und auf dem Weg in Richtung Passivhaus Maßstäbe und Akzente setzt. Früher war vom Drei-Liter-Haus die Rede. Das macht deutlich, wie sehr die gesamte Baubranche lange Zeit auf den Einsatz fossiler Brennstoffe fokussiert war. Das hat sich radikal geändert. Energieeffizienz und Nachhaltigkeit sind die Zauberworte der Gegenwart und der Zukunft. „Das Thema beschäftigt uns schon sehr lange. Unser erstes Musterhaus in Korbach hatte schon vor 31 Jahren eine Wärmepumpe“, sagt Ute Lefarth und fügt hinzu. „In puncto Luftaustausch haben wir anfangs mit Anlagen aus Schweden gearbeitet, weil das in Deutschland zu der Zeit noch niemand machen wollte.“

Effizienzhaus plus

In einer Musterhaus-Ausstellung bei Wuppertal steht ein sogenanntes Effizienzhaus plus made in Medebach, das sich mit 15 Teelichtern beheizen lässt. Das unabhängige Fraunhofer Institut hat dem Partner-Haus einen Stromüberschuss von 5550 Kilowattstunden pro Jahr bescheinigt. Die Firma selbst hatte rund 3400 berechnet. Die Medebacher hängten mit diesem sogenannten Passivhaus alle anderen 18 Musterhauspark-Beschicker ab. Ute Lefarth: „Mit dem Strom-Überschuss könnte man je nach Verbrauch 30.000 Kilometer mit einem E-Auto fahren.“

Holzbauweise

Der Betrieb in Medebach beschäftigt rund 35 Mitarbeiter. Errichtet werden Häuser im Umkreis von 250 bis 300 Kilometern. Wenn es z.B. um Anstrich, Heizung oder Bodenbeläge geht, arbeitet die Firma mit heimischen Partnerbetrieben zusammen. Ute Lefarth: „Wie beim Baumaterial geht es uns auch dabei um den Bezug zur Region. “

Mehr Infos beim Bundesverband Deutscher Fertigbau (BDF), ein Zusammenschluss von 49 Herstellern von Häusern in Holzfertigbauweise: www.fertigbau.de

Das Erfolgsrezept für so ein Haus besteht aus vielen kleinen Zutaten Es fängt mit dem Material der Haushülle an, geht über eine optimale geographische Ausrichtung, über Fenstergrößen, Luftwärmepumpe, Photovoltaik und in diesem konkreten Fall z.B. auch über eine Großbatterie, an der alle Häuser der Ausstellung angeschlossen sind. Die Batterie nimmt überschüssige Energie auf und gibt sie bei Bedarf auch wieder ab. Das System ist natürlich auch in realen Wohnsiedlungen umsetzbar.

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Richtfest: Das geht bei einem Fertighaus sehr schnell.
Richtfest: Das geht bei einem Fertighaus sehr schnell. © wp | Partner-Haus

„Ganz entscheidend für die energetische Qualität sind aber die Konstruktion sowie die Zusammensetzung und Fertigung von Wänden und gesamter Gebäudehülle“, sagt Anna Kaufhold. Sie ist Architektin, hat sich auf ressourcenschonendes Bauen spezialisiert und ist die Tochter von Ute Lefarth. In einer Abhandlung über Passivhäuser schreibt sie: „Unser Haus leistet einen erfolgreichen Beitrag im Kampf gegen den Klimawandel. Mit einer Jahresleistung von 10.000 Kilowattstunden grüner Energie spart das Gebäude etwa sechs Tonnen CO2 pro Jahr ein.“ Auch das sind Kriterien, nach der heutzutage ein Eigenheim ausgewählt bzw. geplant wird.

Sofort optimales Raumklima

Die wesentliche Zutat ist und bleibt für die Partner-Häuser das Material Holz. „Holzbau liegt mir am Herzen, seit ich laufen kann. Mein Opa mütterlicherseits wurde in Düsseldorf ausgebombt und baute in Medelon ein Holzrahmenhaus. Das steht noch wie eine Eins und dieses Wohngefühl, das Klima, der Geruch von Holz - all das fasziniert mich bis heute“, sagt die gelernte Holz-Industriekauffrau Ute Lefarth, die sich in das Thema nachhaltig Bauen hinein gefuchst hat. Fertighäuser hatten lange Zeit ein Image-Problem. Es gab in den Anfangsjahren Häuser quasi von der Stange und aus dem Versandhauskatalog, die schlechten Schallschutz und mäßige Qualität boten. Moderne Fertighäuser sind damit nicht zu vergleichen. „Wir bauen zum Teil Häuser für Leute, für deren Eltern und Großeltern wir schon tätig waren. Bauen ist auch eine Vertrauenssache.“

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Nicht von der Stange

Firmen wie Partner-Haus verwirklichen alle erdenklichen Wohnvorstellungen und arbeiten nicht nach Schubladen-Denken. Dabei werden Häuser externer Architekten genauso gebaut, wie Modelle aus dem eigenen fertigen Portfolio oder nach hausinternen Architekten-Zeichnungen. Sogar die Turnhalle einer hessischen Justizvollzugsanstalt haben die Medebacher in Holzständerbauweise errichtet. „Im Vergleich zum Massivbau hat man von vornherein ein optimales Raumklima. Da muss nichts mehr trocknen. Außerdem lassen sich Häuser in Holz-Tafelbauweise viel schneller erweitern oder zurückbauen, wenn sich die Lebensumstände einmal geändert haben. Auch daran denken heute schon viele bei der Planung“, sagt Ute Lefarth. Eine Holzwand aus Ständerkonstruktion zu entfernen oder aufzubauen, sei einfacher als eine Mauer zu errichten oder einzureißen. Da der Baustoff Holz viel leichter ist, sei es aus statischen Gründen kein Problem, auf bestehende Gebäude noch ein Stockwerk aufzusetzen - was wiederum kostbare Flächen spare.

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Schneller Aufbau und optimales Raumklima

Noch ein Wort zur Schnelligkeit. Sind die Grundvoraussetzung geschaffen, steht so ein Fertighaus schneller als ein Stein auf Stein erstelltes Eigenheim. Die eigentliche Montage vor Ort dauert sechs Stunden. Dem gehen - je nach Größe und Ausstattung - drei bis vier Monate Produktionszeit voraus. Wer heute ein Haus bestellt, muss mit etwa einem Jahr Lieferzeit rechnen. Vorgebaut wird in der eigenen Fertigungshalle in Medebach, wo Teile in einer maximalen Größe von 12 Metern Länge bzw. drei Metern Höhe gebaut werden. Länger und höher wäre möglich, würde aber beim Transport unter Brücken und auf Straßen zu Problemen führen. „Wir benutzen spezielles Fichtenkonstruktionsholz, das aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern der Region stammt und lediglich thermisch behandelt wird“, erklärt die Geschäftsführerin die Produktionsschritte. Für die Schwelle wird Lärche verwendet, die etwas robuster und feuchtigkeitsresistenter ist. Holzfaserplatten, rein ökologische Dämmungen, spezielle Rolläden-Kästen und immer wieder das Augenmerk auf Dichtigkeit - so werden die Fertigteile hergestellt.

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In der Produktionshalle werden die Holzteile gefertigt.
In der Produktionshalle werden die Holzteile gefertigt. © wp | Partner-Haus

Rund 30 Kubikmeter Holz werden für ein durchschnittliches Fertighaus mit einer Wohnfläche von 140 Quadratmetern gebraucht. Das entspricht dem verwertbaren Konstruktionsholz von zehn Fichten; diese Menge wächst rein statistisch betrachtet in Deutschland alle 23 Sekunden nach. Der Zuwachs von Fichtenholz in Deutschland bietet pro Stunde Baumaterial für 150 Häuser.

Nachhaltigkeit

Klimaschutz, Nachhaltigkeit und Energieeffizienz liegen Ute Lefarth am Herzen. Mit Sorge beobachtet sie die Entwicklungen auf dem Holzmarkt, wo nach Trockenheit und Käferplage sehr viel Holz ins Ausland verschifft wird, was den Preis in Deutschland auf Dauer massiv beeinflusst. „Der gesamte Sektor Bau könnte bei der Erreichung der Klimaziele viel besser da stehen“, sagt sie. Allein Zement ist in der Herstellung so CO2-intensiv, dass die Produktion für bis zu acht Prozent des globalen, jährlichen Kohlendioxidausstoßes verantwortlich sein soll. Holz, das zurzeit nach China und in die USA verschifft wird, wird in deutschen Häfen tonnenweise begast, damit es frei von Ungeziefern an seinen Zielen ankommt. In Süddeutschland denkt man mehr in regionalen Kreisläufen: dort gibt es Regionen, die das Holz selbst nutzen und ganz bewusst Baugebiete in Holzbauweise ausgewiesen haben.

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Ein Apfelbaum zum Schluss

Solche Überlegungen spielen beim Hausbau eine Rolle. „Die Menschen bauen bewusster, sie sind aber durch die Vielzahl von Angeboten auch verwirrt. In der Beratung muss ich immer herausfinden, was möchte der Kunde, was kann er, wie können wir es umsetzen.“ Ist das Haus übrigens fertig, gibt es zum Abschluss einen Apfelbaum geschenkt - auch ein nachwachsender Rohstoff.