Düdinghausen. Radikaler Schnitt eines dichten Gehölzes bringt Jagdpächter in Rage. Doch die Naturschutzbehörde sieht große Vorteile für seltene Arten.

Hecken sind wertvolle Lebensräume für viele Tierarten. Für Wirbel hat deshalb kürzlich eine radikale Schnittmaßnahme gesorgt: Im Naturschutzgebiet Katmecketal, oberhalb von Düdinghausen und unmittelbar an der hessischen Landesgrenze, ist rund ein halber Hektar dichtes Gehölz entfernt worden. Seitdem stehen dort nur noch vereinzelte Reste der einst meterhohen Hecke.

Eine Maßnahme, die dem Naturschutz dienen soll. Geplant hat sie der Kreis, der die Ausführung an den Landschaftspflegeverein übertragen hat. „Die Arbeiten selbst wurden dann von zwei Firmen ausgeführt, die exakte Vorgaben hatten, was weg und was stehenbleiben sollte“, erklärt Hans-Theo Körner von der Unteren Naturschutzbehörde des HSK.

Alles sei auch wie beauftragt erledigt worden, wobei ein Teil der Fläche komplett gerodet und ein Teil, wie Fachleute sagen, auf den Stock gesetzt wurde. Das bedeutet, dass einzelne Gehölze bis kurz über dem Boden abgeschnitten werden, um später wieder austreiben zu können.

„Die Umsetzung sieht zugegeben sehr massiv aus“, hatte Körner jüngst in der Ratssitzung in Medebach gesagt. Dort war er auf die Maßnahme angesprochen worden: Mehrere Jagdpächter, allen voran Michael Heusner aus dem nahen Bömighausen, hatten scharfe Kritik an der aus ihrer Sicht überzogenen und sinnlosen Rodung geübt.

Im Telefonat mit der WP erneuert Heusner diese: „Das Landschaftsbild wurde nachhaltig verändert, wichtige Rückzugsräume für viele andere Wildtiere – sogar Wildkatzen – zerstört.“ Außerdem sei das Ganze teilweise am 1. März geschehen; ab diesem Datum dürfen Hecken nicht mehr stark geschnitten werden. „Aus meiner Sicht wurde hier alles dem Neuntöter untergeordnet.“

Eigentümer zufrieden mit Umsetzung

In der Tat spielt diese Art eine zentrale Rolle bei der Maßnahme. Um den Neuntöter bemühen sich die Strategien im Vogelschutzgebiet Medebacher Bucht besonders intensiv, weil er als Leitart gilt: charakteristisch für das Biotop und sehr empfindlich gegenüber Veränderungen im Lebensraum. Und: „Ist der Neuntöter da, sind es auch andere Arten wie Goldammern“, hatte es einmal Werner Schubert, Leiter der Biologischen Station HSK, formuliert.

Ideale Bedingungen findet der Neuntöter auf Flächen mit vereinzelten Dornensträuchern und Rinderweide. Genau das soll das ehemalige Gehölz werden: „Wir wurden gebeten, die Fläche für das Projekt zur Verfügung zu stellen und sie später wieder als extensive Rinderweide zu nutzen“, sagt Eigentümer Claus Faß aus dem nahen Welleringhausen. „Mit landwirtschaftlichen Maschinen ist dieser Bereich nicht zu bearbeiten, deshalb war er im Lauf der Zeit verbuscht. Uns war gar nicht bewusst, dass das auch Nachteile haben kann.“ Dass alles wieder zuwächst, sollen die Rinder künftig vermeiden.

Faß ist konventioneller Vollerwerbs-Landwirt, zudem bieten er und seine Frau, Dr. Simone Faß, Ferien auf dem Bauernhof an. Für sie habe das vom Land und Kreis geförderte Projekt keinerlei Nachteile, im Gegenteil: Sie hoffen, dass auch ihre Gäste sich demnächst an größerem Artenreichtum und seltenen Tieren und Pflanzen erfreuen können. Die Eheleute hätten sich vorab von den Verantwortlichen informieren lassen, „und die Maßnahme klang für uns plausibel. Wir gehen davon aus, dass sie sinnvoll ist, wenn die Untere Naturschutzbehörde sie sinnvoll findet.“

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Einen Austausch hat es vor der Umsetzung auch zwischen der Behörde und den Jagdpächtern um Michael Heusner gegeben. Allerdings bemängelt dieser spärliche Information und fehlendes Interesse an seinen Argumenten. Deshalb habe er das Ganze an die Öffentlichkeit bringen wollen, zunächst via Facebook, wo sein Beitrag auf große Resonanz stieß. Auch ihm bekannte Ornithologen hätten das Thema kritisch gesehen, allerdings habe von denen keiner die Fläche selbst in Augenschein genommen. „Ich möchte jedenfalls, dass künftig noch besser über so radikale Maßnahmen nachgedacht wird.“

Hans-Theo Körner von der Unteren Naturschutzbehörde bleibt dabei: „So große, enge Heckenkomplexe haben weniger Naturschutzwert als die entstehende magere Weide mit Einzelgehölzen.“ Man habe die Maßnahme intensiv geprüft und die Vorteile des bestehenden gegen den neuen Lebensraum abgewogen. „Vor diesem Hintergrund war es eine glasklare Entscheidung.“