Dreislar/Medelon. . Eine ehemalige Weihnachtsbaumkultur zwischen Medelon und Dreislar wurde umgestaltet. Der neue Lebensraum kommt seltenen Vogelarten zugute

Eigentlich sieht die Weide völlig gewöhnlich aus: etwa ein Hektar Gras, Stacheldrahtzaun mit Holzpfählen und zwei Kühe, die es sich in der Sonne wohl sein lassen. Der Landschaftspflegeverein Medebacher Bucht sieht in dem Stückchen Land zwischen Medelon und Dreislar aber mehr: sein erstes abgeschlossenes Projekt im Dienste des Neuntöters und anderer bedrohter Vogelarten.

Bis vor Kurzem war die Weide eine Weihnachtsbaumkultur. Inzwischen sind die Fichten in Bodenhöhe entfernt worden, ein neuer Zaun aus unbehandelten Eichenpfählen begrenzt die Fläche und das Gras steht hoch. Landwirt Christian Schnorbus ist der neue Pächter. Zusammen mit Werner Schubert (Leiter der Biologischen Station HSK und Geschäftsführer des Landschaftspflegevereins), Josef Schreiber (Landwirt und Vereinsvorsitzender) sowie Pia Prenzel von der Biologischen Station stellt er das Projekt vor.

Neuntöter hat spezielle Bedürfnisse

Der Vogel, dem es maßgeblich dienen soll, ist der Neuntöter. In guten Jahren, so Pia Prenzel, zähle man in der Medebacher Bucht rund 500 Brutpaare dieser Art. Zuletzt aber gingen die Bestände zurück. Der Neuntöter gilt als Leitart. Das bedeutet, er ist charakteristisch für das Biotop und reagiert besonders empfindlich auf Veränderungen seines Lebensraums. „Wenn der Neuntöter da ist, dann sind es auch andere Arten wie die Goldammer“, erklärt Schubert.

Unterstützung von der Biologischen Station

Der Landschaftspflegeverein Medebacher Bucht wurde im Dezember 2016 gegründet. Er ist der erste seiner Art in Westfalen-Lippe.

Mitglieder sind Landwirte, Naturschützer und Vertreter von Vereinen und Kommunen wie Medebach und Hallenberg.

Fachlich unterstützt wird der Verein von der Biologischen Station HSK. Diese stellt auch den Geschäftsführer.

Was der Neuntöter mag, sind einzeln stehende Sträucher, in denen er brüten kann. Außerdem schätzt er dungbewohnende Käfer als Nahrung. Das macht den Neuntöter mittelbar zu einem Freund der Rindviecher und ist der Grund, weshalb auf der Projektweide Kühe stehen und keine Schafe oder Pferde. „Schafe haben eine Kotform, die ungünstig ist für die Käfer, die der Neuntöter braucht. Pferde fressen außerdem das Gras kürzer als Kühe, auch das ist ungünstig“, erklärt Werner Schubert. Kühe sind daher, korrekt ausgedrückt, von Kotbeschaffenheit und Fressverhalten her am besten geeignet, zu einem angenehmen Wohnumfeld für den Neuntöter beizutragen. Dass Weidetiere das Gras lichten, ist laut Landschaftspflegeverein unverzichtbar. „Sonst würde binnen Kurzem alles unter der Pflanzenmasse ersticken.“

Eine offene Umgebung mit einzeln stehenden Büschen ist ebenfalls wichtig für den Neuntöter. Besonders gern brütet er dort, wenn sie Dornen tragen. Darauf kann er seine Beutetiere wie Insekten und kleine Wirbeltiere aufspießen.

Die Medebacher Bucht ist ein Europäisches Vogelschutzgebiet, und das auf fast 14 000 Hektar, das sind rund 75 Prozent ihrer Gesamtfläche. Regelmäßig alle fünf bis sechs Jahre muss Bericht erstattet werden über den Zustand des Gebietes.

Die Landschaftspflege im Sinne des Naturschutzes geschieht daher einerseits freiwillig, andererseits aber auch nicht. Eines der Hauptanliegen des Vereins ist es nämlich, durch den eigenen Einsatz Regulierungen von oben zu vermeiden. „Wir wollten selbst aktiv werden und nicht warten, bis die EU sich beschwert“, fasst Schubert zusammen. Josef Schmidt, Vereinsvorsitzender, ergänzt: „Wir wollen in der Landwirtschaft nicht behindert werden.“ Ohnehin seien nicht immer die Landwirte schuld, wenn in einem Lebensraum die Artenvielfalt zurückgehe. „Das kann auch an Seuchen, Raubtieren oder klimatischen Veränderungen liegen.“

Weitere Planungen für Hecken

Während sich die Kühe und möglicherweise auch der Neuntöter auf der Projektweide wohl fühlen, ist der Verein schon bei den Planungen für den kommenden Herbst und Winter. Die Verantwortlichen haben gemerkt, dass man einige Monate Vorlauf braucht, wenn man mit Fördermitteln plant. Planung, Kalkulation, Antragstellung, jeweils drei Angebote einholen, auf die Bewilligung warten – all das kostet Zeit. Erst Anfang Mai war der Bewilligungsbescheid für die Projektweide eingetroffen. Das Geld stammt zum größten Teil aus ELER-Mitteln (Europäischer Landwirtschaftsfonds für die ländliche Entwicklung).

Im nächsten Schritt sollen dieses und nächstes Jahr von den rund 3500 Heckenelementen in der Bucht zunächst 20 bis 30 angegangen, das heißt vereinzelt, ausgedünnt oder zurückgeschnitten werden. „Außerdem sind wir offen für Vorschläge unserer Mitglieder“, sagt Schubert.

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