Winterberg. Warum alle „Positiven“ eines Tages nacheinander im Corona-Testzentrum ankommen. Und warum man sich mehrmals testen lassen kann.

Die Apotheken stehen bereit, um vor Ort Corona-Schnelltests vorzunehmen. In Winterberg geht Jürgen Schäfer, Sprecher der Apotheker im Altkreis Brilon, davon aus, dass es bereits nächste Woche mit einer offiziellen Teststrecke losgehen kann. Zurzeit bieten schon einige Arztpraxen in Winterberg kostenlose Tests an. Gerade für Winterberg sieht er darin auch eine Lösung, um auf Dauer wieder ein Stück Normalität im Pandemie-Alltag zurückzugewinnen – für Bürger und Touristen. Schäfer macht aber auch deutlich: „Zu den Test-Zentren sollten nicht Leute kommen, die bereits erste Krankheitssymptome verspüren. Die gehören zum Arzt. Hier geht es um Vorbeugung und um Schutz der anderen.“

Wie ist es um die aktuelle Lage bestellt?

Seit Dienstagabend sind wir alle etwas schlauer. An der Online-Veranstaltung des Apothekerverbandes Westfalen-Lippe haben 750 von 1800 Apotheken teilgenommen. Es ging nur um das Thema Testzentren. Nach und nach weicht die Politik immer mehr Gesetze auf, um Aufgaben an die Basis zu delegieren. Die Idee der Tests vor Ort ist ja nicht neu. Speziell für Winterberg haben wir schon im letzten Sommer überlegt, wie wir dadurch auch touristisch wieder an den Start gehen können. Aber da waren uns Apotheken durch zu hohe Auflagen permanent die Hände gebunden. Jetzt ist es wo weit, dass wir vom Gesetzgeber die Möglichkeit bekommen, möglichst flächendeckend solche Schnelltestzentren einzurichten.

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Testergebnis direkt aufs Smartphone

Wie sieht denn eigentlich die Umsetzung solcher Testzentren in der Praxis aus?

Unser Verband hat einen Kooperationsvertrag mit einem Softwarehaus geschlossen. Denn das Ganze muss ja, wenn es denn vernünftig laufen soll, Hand und Fuß haben. Nichts gegen die Selbsttests. Ich finde es gut, dass es sie gibt. Im Gegensatz zu den Discountern sind sie bei uns und vielen meiner Kollegen derzeit auch verfügbar. Aber die Tests bei den Ärzten und die, die wir in den Zentren anbieten werden, haben eine datenrechtliche Relevanz.

Das heißt, man kann festhalten wer da war und man kann auch festhalten, wie das Testergebnis ausgefallen ist?

Alles wird dokumentiert und ist datenschutzrechtlich geprüft. Wir wissen, wer den Schnelltest bekommen hat. Jeder, der zu uns kommt – ob Einheimischer oder Urlauber – muss sich vorher für den Test anmelden und registrieren. Das geht allerdings nur online, weil sich ansonsten die Terminvergabe bei dem zu erwartenden hohen Aufkommen schwierig gestalten könnte. Man darf ja nicht vergessen: Neben diesen Schnelltestzentren, die ich sehr befürworte, haben wir auch weiterhin noch unseren eigenen Betrieb zu leiten.

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Ist damit auch gewährleistet, dass sich nicht ein Kunde in Medebach und am nächsten Tag in Brilon testen lässt?

Rein technisch könnte das diese App sicherstellen. Aber der Aufwand wäre zu groß und eine solche Kontrolle steht auch gar nicht im Vordergrund. Laut Gesetz muss jedem Bürger ein Schnelltest pro Woche zur Verfügung gestellt werden. Das heißt aber auch: Da, wo es sinnvoll und angebracht ist, kann er aber auch mehrere machen. Niemand wird sich aus purem Vergnügen mit einem Wattestäbchen in der Nase herumstochern lassen.

Sicherheit für ein paar Stunden

Wie lange kann ich mich denn eigentlich mit einem Schnelltest sicher fühlen?

Der Schnelltest ist eine Momentaufnahme. Von der Ansteckung bis dahin, dass ich genug Viren in der Nase habe, vergehen bis zu 48 Stunden. Wie lange so ein Test gültig ist, wird uns aber der Gesetzgeber noch sagen. Der Test selbst dauert fünf Minuten. Der Kunde kommt rein, muss sich kurz ausweisen, ob er auch für den Zeitpunkt angemeldet ist. Es gibt ein paar Fragen, ob er sich aktuell gesund fühlt, dann wird das Stäbchen eingeführt und fertig. Das Ergebnis des Tests ist etwa 30 Minuten nach dem Abstrich da und dann bekommt es der Kunde auch schon auf sein Handy übertragen. Man kann das aber auch - speziell für ältere Leute - ausdrucken lassen.

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Wer kommt denn eigentlich zu Ihnen ins Testzentrum? Jemand, der bereits ein undefiniertes Kratzen im Hals verspürt oder nur jemand, der zum Beispiel seine Mutter im Seniorenheim besuchen und auf Nummer Sicher gehen möchte?

Zum Testzentrum kommen generell nur gesunde Leute. Wenn ich irgendwelche Symptome habe, dann muss ich natürlich zum Arzt, dann bin ich im Testzentrum am schlechtesten aufgehoben. Ansonsten kann jeder kommen, der dadurch sich und andere im Alltag schützen und etwas mehr Freiheit haben möchte.

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Was ist denn, wenn ich positiv getestet wurde?

Dann nimmt alles seinen geregelten Lauf. Die Meldung ans Gesundheitsamt läuft direkt über die App. In unserem geplanten kommunalen Zentrum wäre dann auch ein Arzt oder eine Ärztin vor Ort. Da wird keine Minute versäumt und dann wir die Person unter Quarantäne gestellt. Man kommt aus dem Räderwerk gar nicht mehr raus. Schließlich kann man ja froh sein, dass die Erkrankung erkannt worden ist. Wir machen das ja nicht aus Langeweile, sondern wir wollen hier schwarze Schafe rauspicken. Schwarzes Schaf kann in diesem Zusammenhang jeder sein, das ist keine Schande, es ist gut, wenn es entdeckt wird.

Jürgen Schäfer ist Sprecher der Apotheker im Altkreis Brilon.
Jürgen Schäfer ist Sprecher der Apotheker im Altkreis Brilon. © WP | Privat

Gibt es Erfahrungen, wie hoch die Positiv-Quote liegt?

Dort, wo schon viel getestet wird, liegt die Quote bei drei Prozent. Wenn man drei von hundert schon mal herausfiltert, ist das gut. Interessanterweise kommen die Positiven eines Tages immer innerhalb einer halben Stunde. Das liegt daran, dass oft eine Familie oder ein Trupp von Freunden gemeinsam zum Testzentrum fährt. Allein die Autofahrt kann ausreichen. Ist einer positiv und sie kommen zu viert, sind es die anderen drei in der Regel auch. Mein dringender Appell an die Urlauber, die wir demnächst wieder in Winterberg erwarten: Reisen Sie nur als Familie in einem Auto an, aber nicht aus drei Familien oder zu viert oder fünf aus verschiedenen Orten. Auf die Risiken des gemeinsamen Anreisens wird viel zu wenig hingewiesen. Das ist wirklich gefährlich. Wenn Sie draußen gemeinsam an der Piste stehen, passiert gar nichts. Aber in puncto Autofahrt sollte man lieber getrennt anreisen.

Lieber doppelt testen lassen

Würden Sie den Urlaubern raten, sich zu Hause und dann nochmal am Urlaubsort testen zu lassen?

Das würde ich raten. Vielleicht herrscht bei der Anreise Stau, das Testzentrum vor Ort hat schon zu. Durch mehrere 100 Apotheken in Westfalen-Lippe, die mitmachen werden und durch sinnvolle Kooperationen z.B. auch mit dem Rotem Kreuz oder anderen Verbänden wird von den Kapazität her vieles machbar sein.

Wann geht es los?

Ich gehe davon aus, dass wir in Winterberg Mitte nächster Woche starten können. Ich denke, dass sich auch in anderen Städten meine Kollegen mit anderen Institutionen oder der Stadt zusammentun werden. Die Testzentren sollen zunächst eine befristete Erlaubnis bis zum 30. Juni haben. Bezahlt werden die Tests übrigens von der KVWL. Aber ich möchte betonen, man kann damit nicht reich werden. Wir haben da eine gewisse Verantwortung gegenüber der ganzen Bevölkerung, der wir nachkommen möchten. Und. Ja, es gibt Testmaterialien ohne Ende. Wir werden momentan mit Angeboten überschüttet, aber man sollte schon auf die Qualität achten.

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Sie können solche Tests doch nicht in Ihren Räumlichkeiten machen. Wie lösen Sie das Problem?

Das stimmt. Bis vorgestern war die Gesetzgebung noch so, dass die Tests nur in Apotheken gemacht werden dürfen. Das Gesetz hat man jetzt auch aufgeweicht. Das heißt, es darf auch in einem Zelt oder einem Raum getestet werden – möglichst ortsnah zur Apotheke. Wir werden am Freitag Gespräche auch mit der Winterberg Wirtschaft und Touristik führen, wo das sein wird. Ziel ist es, ein örtliches kommunales Testzentrum zu errichten und wir werden dazu Kooperationen bilden. Wir haben mehrere Räumlichkeiten zur Auswahl. Wir werden auch Gespräche mit Ärzten führen, denn wir müssen ja einen direkten Übergang haben. Es ist immer gut, wenn man direkt am Testzentrum auch einen Arzt oder mehrere hat, die den weiteren Vorgang begleiten.