Brilon/Olsberg. Eine Friseurin aus Olsberg übt scharfe Kritik an der Impfreihenfolge und zeigt sich enttäuscht von der Politik. Was sie zu sagen hat:
Jennifer Kapsalis arbeitet als Friseurin in dem Salon „Lena’s Hair“ in Olsberg – und will nicht länger das Schweigen in der Diskussion hinnehmen. Sie hat sich mit einem Leserbrief an die Westfalenpost gewandt, in dem sie kritisiert, dass Friseure in keiner der Priorisierungsgruppen in der Impfreihenfolge auftauchen. Sie ist nicht die erste aus der Branche, die in der fehlenden Impfung eine Gefahr erkennt.
Glücklich und dankbar über die Arbeit
Impfung für Friseure?
Friseure sind, trotz ihrer Einstufung als systemrelevant, tatsächlich nicht in der Impfreihenfolge vorgesehen. Das bestätigt auch ein Sprecher des Hochsauerlandkreises.
Nur Friseuren, die in Altenheime gehen, stehe derzeit eine Impfung zu. „Genauso wie Hausmeistern oder Physiotherapeuten, die in Seniorenheimen zu tun haben. Diese Menschen werden geimpft, damit sie das Infektionsgeschehen nicht mit in das Seniorenheim bringen können“, so der Sprecher weiter.
„Zunächst einmal möchte ich sagen, dass ich als Friseurin glücklich und dankbar darüber bin, endlich wieder arbeiten zu dürfen. Unsere Kunden und Kundinnen sind dankbar und zufrieden, wenn sie unseren Salon verlassen. Ich bin glücklich, wieder kreativ zu arbeiten und mal wieder etwas anderes zu sehen, als die eigenen vier Wände.“ Damit beginnt Jennifer Kapsalis ihren Brief an die WESTFALENPOST. Ihr ist es wichtig zu betonen, dass sie dankbar ist, als systemrelevant eingestuft zu sein und daher wieder arbeiten zu dürfen.
„Ich will mich nicht vordrängeln“
„Ich will mich nicht vordrängeln, ganz bestimmt nicht. Allerdings ist es für mich unverständlich, dass wir als Friseure und Friseurinnen, die keinen empfohlenen Abstand von 1,5 Metern einhalten können und oft mehrere Stunden am Stück an einem Kunden arbeiten, nicht vorrangig geimpft werden.“ Ein Haarschnitt mit Färben dauert bei ihr rund zwei Stunden.
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Zwar werde alles desinfiziert, es würden laufend Masken getragen und auch regelkonform gelüftet. Viele Kunden seien indes aber noch nicht geimpft. Und: „Wir geben den Menschen ihre Würde zurück, aber ich möchte, dass sie nicht nur mit einer schicken Frisur, sondern auch gesund aus dem Salon rausgehen“, sagt sie im Gespräch.
Sie kritisiert, dass Friseure bei den Impfungen nicht bedacht würden. „Friseure, die in Altenheime gehen, werden geimpft. Uns, hier in den Salons, fehlt die Perspektive.“ In ihrem Leserbrief schließt sie mit den Worten: „Und wenn unsere Branche als erste wieder geöffnet wird, sollte doch auch sichergestellt sein, dass sich zumindest bei der Friseurin oder dem Friseur, der täglich viele Kunden bedient, niemand ansteckt. Das Argument, man könne sich nicht anstecken, wenn alle eine Maske tragen, gilt anscheinend auch nur in den Friseursalons, oder warum kann ich nicht ins Kino gehen, oder ein Theater besuchen?“
Sorge vor der Infektion und der Ansteckung
Michael Wendel, Betreiber von „Michi’s Salon“ in Brilon schließt sich der Kritik an.
„Wir werden als systemrelevant eingestuft, aber nicht geimpft. Man bekommt das Gefühl, dass mit zweierlei Maß gemessen wird.“ Er findet es berechtigt, Friseure impfen zu lassen, um gerade die Risikopatienten zu schützen.
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„Ich bin mit 31 Jahren wohl der letzte, dem laut der Priorisierung eine Impfung zusteht und das verstehe ich wirklich gut. Aber wir haben sehr nahen Kundenkontakt und ich will nicht ausprobieren, wie es ist, die Mutante im Körper zu haben und sie weiterzugeben.“ Er drängt bei seiner Kritik an der Impfreihenfolge vornehmlich auf den Schutz seiner Kunden, die teils über 80 Jahre und älter sind – ähnlich wie bei Jennifer Kapsalis.
Doch Michael Wendel denkt auch einen Schritt weiter, fürchtet sich vor einer Infektion mit dem Coronavirus. „Wenn ich das Virus bekomme und abermals meinen Salon schließen muss, dann schließe ich ihn vielleicht komplett. Eine weitere Schließung wäre definitiv ein Problem.“
Er will die Impfung gar nicht sofort, eine Perspektive würde ihm schon reichen. „Meinetwegen in irgendeiner Priorisierungsstufe. Hauptsache, wir wissen, dass wir irgendwann eine Impfung bekommen, um unsere Kunden zu schützen. Wenn ich könnte, würde ich gleich morgen losfahren und mir eine Impfung holen.“