Hochsauerlandkreis. Der Begriff „Essen auf Rädern“ bekommt im Sauerland eine neue Dimension. Im Wohnmobil kann man im Lockdown Speisen aus dem Restaurant verzehren.

„Wer gleich sein ganzes Haus mitbringt, bekommt sein Wiener Schnitzel sogar wieder auf richtigem Porzellan!“ Diesen Eintrag hat Martin Steiner, Küchenchef der „Almer Schlossmühle“ auf seiner facebook-Seite gemacht. Und dort gibt es immer wieder mal Lobeshymnen all derer, die den Service schon einmal in Anspruch genommen haben. „Frisch ans Mobil geliefert, lecker war‘s!“ Die Kunden fahren mit dem Wohnmobil vor, parken in ausreichendem Abstand, bestellen ihr Essen „to go“, bekommen es aber nicht zum Verzehr für nach Hause eingepackt. Vielmehr werden die Backhendel oder das Schnitzel - unter Einhaltung der Corona-Schutzauflagen - bis an die Wohnmobiltür geliefert. Guten Appetit beim „WoMo-Dinner“!

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Büromobil und Mini-Gastraum

Heidi Pütter und ihr Mann haben die etwas andere Form des „Essens auf Rädern“ in der Schlossmühle schon ausprobiert. „Klasse war’s. Man hatte auf jeden Fall das Gefühl, endlich wieder einmal auszugehen – auch wenn wir tatsächlich nur in den eigenen vier Wänden des Wohnmobils gesessen und gegessen haben.“ Die Firma hat sich das Wohnmobil für berufliche Zwecke zugelegt. Ihre PK-Media Consulting GmbH mit Sitz in Olsberg-Antfeld ist seit fast 20 Jahren erfolgreicher Dienstleister für Film- und Audioproduktionen. „Zuletzt bei den Übertragungen von Gottesdiensten haben wir gemerkt, dass wir so ein Fahrzeug dringend als Büromobil für die Redaktion brauchen“, sagt Heidi Pütter. Und so kam die Firma zu dem Caravan.

Mit Martin Steiner tüftelt PK Media schon lang an der Idee zu einer Live-Koch-Show. Heidi Pütter: „Die Zuschauer besorgen sich vorher die Zutaten und können dann live mitkochen. Aber dann kam der Corona-Lockdown und mit etlichen Kameras und Tontechnik im Restaurant und in der Küche herumwuseln – das ginge vom Abstand her schon gar nicht.“ Um wenigstens die heimische Gastronomie und ihren befreundeten Küchenchef zu unterstützen, sattelten die Pütters ihren Caravan fürs WoMo-Dinner und waren begeistert. „Das Schöne ist: Das Menü muss nicht erst mehrere Kilometer bis nach Hause transportiert werden, wo es dann doch nicht mehr ganz so warm ist. Außerdem produziert man keinen Verpackungsmüll, bekommt seine Mahlzeit heiß auf einem Teller serviert und muss schlussendlich nicht selbst am Herd und an der Spüle stehen.“

Heidi Pütter hat’s getestet - das Dinner im Wohnmobil.  
Heidi Pütter hat’s getestet - das Dinner im Wohnmobil.   © wp | privat

Zumindest kulinarisch reisen

Martin Steiner bewirbt diese alternative Form des Restaurantbesuchs nicht offensiv. „Es kommen immer wieder mal Leute. Aber die Massen sind das nicht.“ So ein Angebot könne keinen Regulär-Betrieb ersetzen, gebe denen, die es nutzen, aber wenigstens das Gefühl, mal wieder etwas unternommen zu haben. „Die Wohnmobil-Kunden sollten sich aber vorher anmelden. Bislang hat das alles sehr gut und reibungslos geklappt.“ Woche für Woche versuchen er und sein Team, die Kunden mit Speisen to go auf eine kulinarische Reise zu schicken. Zuletzt war es Österreich, jetzt darf der Auszubildende, der aus Frankreich kommt, Ideen aus seinem Heimatland einfließen lassen. Wenn man schon nicht selbst in die Länder reisen darf…

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Essen mit traumhafter Aussicht

Bereits seit einigen Wochen bietet Michael Pfannes vom „Schinkenwirt“ in Olsberg das „WoMo-Dinner“ an und bewirbt es auch entsprechend auf seiner Internetseite. Für diesem Samstag von 16 bis 19 Uhr und am Sonntag von 11 bis 18 Uhr wirbt er auf seiner Homepage für die alternative Form des Restaurantbesuchs. „Sichern Sie sich einen Stellplatz mit traumhafter Aussicht. Wir sorgen für den Genuss in Ihrem Mobilheim und liefern die Gerichte bis an die Tür“, heißt es dort. „Die Kunden müssen sich vorher telefonisch anmelden und ihr Gericht auswählen. Wir können ja momentan kein à la carte anbieten und müssen daher vorher wissen, was wir zubereiten sollen“, sagt Michael Pfannes, der zuletzt Wohnmobilisten aus dem Raum Olsberg und Brilon, aber auch aus dem Rhein- und Münsterland bekocht hat. „Manchmal waren es Gäste, die sonst auch als Beherbergungsgäste zu uns gekommen wären, aber jetzt nicht reisen dürfen. Andere hatten aber auch auf einem Internet-Portal von uns und dem Angebot gelesen“, so der „Schinkenwirt“.

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Eines dieser Portale bei facebook heißt zum Beispiel „WohnmobilDinner – das Original“ und hat fast 36.000 Mitglieder. Unter der Internetadresse „womo-explorer“ gibt es eine Landkarte mit Suchfunktion, auf der man die teilnehmenden Betriebe finden kann. Auch der ADAC berichtet über diesen neuen Trend, warnt aber auch davor, den Bogen nicht zu überspannen: Wohnmobil-Fahrer sollten nicht auf die Idee kommen, zum Dinner im Camper reichlich Tischwein zu genießen und dann gleich an Ort und Stelle zu übernachten. Touristische Übernachtungen sind im Corona-Lockdown bundesweit verboten.“ Das wissen auch die jeweiligen Anbieter und achten streng darauf, dass die Regelungen eingehalten werden.

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Darauf ein Gläschen Wein

Daher arbeitet Heidi Pütter schon an einer ganz anderen Idee. Sie kann sich vorstellen, ihr Büromobil für solche Dinner-Fahrten stundenweise zu vermieten. „Denkbar wäre es auch, dass wir das Mobil inklusive Fahrer anbieten. Ich könnte mir gut vorstellen, dass sich zum Beispiel ein Paar zur Silberhochzeit so etwas Besonderes gönnen möchte.“ Tja, und wenn der Camper inklusive Fahrer gebucht würde, dürfte man sogar mit einem Wein auf seinen Ehrentag anstoßen…