Brilon/Winterberg. Schwer angeschlagen, aber nicht ausgeknockt: Die Urlaubsstatistik 2020 zeigt dramatische Rückgänge. Und warum es in Brilon nur 13,8 Prozent sind.

Zum Jahresende gab es noch einmal einen richtigen Schlag ins Kontor: Um bis zu 99,5 Prozent brachen im Hochsauerland im Dezember die Zahlen bei Besuchern und Übernachtungen ein. Übers Jahr gesehen hat das Land der tausend Berge aber längst nicht jenes historische Tief erreicht, das IT NRW am Dienstag für das landesweite Beherbergungsgewerbe bekanntgegeben hat.

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Mit einem Minus von 37 Prozent bei den Gästeankünften und 31,1 Prozent bei den Übernachtungen liegt das Hochsauerland deutlich unter den landesweiten Durchschnittsverlusten von 54,9 bzw. 46,5 Prozent. Am besten noch – wenn man es denn so sehen will - kam Brilon durch die Krise. In der Stadt des Waldes lagen die Übernachtungszahlen gerade einmal 13,8 Prozent unter denen des Vor-Corona-Jahres.

Hoher Anteil an Geschäftsreisenden in Brilon

Einen Teil der Erklärung liefert die Dezember-Statistik. Zwar brach auch in Brilon die Zahl der Gäste um 85 Prozent auf 468 und die Zahl der Übernachtungen um 65,9 Prozent auf 11.893 ein. Das sind allerdings kreisweit die geringsten Werte Grund: der hohe Anteil an Geschäftsreisenden. Dabei handelt es sich ja nicht nur um Anzugträger, sondern auch um Monteure, die in den heimischen Unternehmen zu tun habe. Für Brilon, so Tourismus-Chef Rüdiger Strenge, spiele der Urlaubssektor im Dezember keine nennenswerte Rolle. Das sieht im Frühjahr, Sommer und Herbst ganz anders aus. Dann haben Biker und Wanderer Saison. Seit Juli, so hatte Strenger kürzlich bilanziert , habe es im abgelaufenen Jahr in Brilon gebrummt wie noch nie.

Totalverlust in Medebach

Brummen können hätte es auch in den Wintersportgebieten rund um den Kahlen Asten. Angesichts der wochenlangen Naturschneeauflage hätten - so Winterbergs Tourismus-Chef Winfried Borgmann - „die Tränen einem auf den Wangen gefrieren“ können. Wir erinnern uns: Als zum Jahresanfang der Winter das Hochsauerland verzauberte, ballte sich alles rund um den Kahlen Asten. Mit dem bekannten Chaos, und ohne, dass Skiliftbetreiber, Gastronomen oder der Handel davon etwas gehabt hätte.

Tourismus-Vergleich 2020/2019

In den sechs Kommunen des Altkreises Brilon waren im vergangenen Jahr insgesamt 242 Beherbergungsbetriebe mit
mehr als zehn Betten geöffnet
davon entfielen 123 auf Winterberg.

Brilon: 33.594 Gäste (2019: 46.461), 133.494 Übernachtungen (2019: 154.896)

Hallenberg: 18.339 Gäste (32.775), 45.362 Übernachtungen (76.552)

Marsberg: 6637 Gäste (12.550), 14.850 Übernachtungen (33.998)

Medebach: 135.563 Gäste (208.928), 565.707 Übernachtungen (801.862)

Olsberg: 34.488 Gäste (65.548), 89.914 Übernachtungen (159.901)

Winterberg: 245.903 (374.095), 828.553 Übernachtungen (1.211.296)

Quasi einen Totalverlust hatte im Dezember Medebach zu verzeichnen. Hatten dort im Vor-Corona-Jahr noch 17.624 Gäste für 66.763 Übernachtungen gesorgt, so waren es jüngst nur noch 145 Gäste und 310 Übernachtungen. Ähnlich dramatisch der Dezember-Vergleich in Winterberg. 29.273 Gästen im Dezember 2019 stehen jetzt 547 gegenüber. Die Übernachtungszahl ging von 100.072 auf 5.481 zurück. Allerdings verlängerte sich die Aufenthaltsdauer in Winterberg von 3,6 auf 8,1 Tage. Nicht zu vergessen, aber nicht in der Statistik: Mancher der rund 1500 Zweitwohnungs-Inhaber nahm die Gelegenheit wahr, seine Immobilien als Corona-Fluchtort selbst zu nutzen, wenn er sie schon nicht vermieten durfte.

Winterbergs Bürgermeister initiiert Brandbrief an Bundesregierung

Was die Zukunft angeht, fordert Borgmann „klare Regeln und klare Ansagen“. Da liegt er auf einer Linie mit Sauerland-Tourismus-Chef Thomas Weber. Der hat sich, wie berichtet, dafür ausgesprochen, dem Tourismus „geordnet die Tür zu öffnen“. Es sei doch heute möglich, Besucherströme zu steuern und bei einer absehbaren Überfüllung Anreisenden alternative Ausflugsziele zu empfehlen - „wie bei bei einem Parkleitsystem“, sagt Borgmann.

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Die digitalen Möglichkeiten haben bereits dafür gesorgt, dass abseits der bekannten Hotspots zum Beispiel die „Sauerländer Seelenorte“ als Anziehungspunkte „wie eine Bombe eingeschlagen“, weiß Rüdiger Strenger. Etwa die Almequellen oder der idyllische Waldsee Schmala bei Brilon-Wald. Nach bundesweiten Berichten in Zeitschriften, Fernsehen und Sozialen Medien strömen Besucher geradezu hin zu den ‘Lebendige Stille’ und Inspiration versprechenden Stätten. In Alme, so Wolfgang Kraft von der Alme AG, sei schon mal kein freier Parkplatz mehr zu finden gewesen.

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