Winterberg. Warum Liftbetreiber in Corona-Zeiten bei der Bemessung von staatlichen Hilfen eine Sonderstellung einnehmen sollten. Das sind die Fakten.

Wenn sich bis Mitte Februar in Sachen Corona-Lockerungen nichts tut, gehen in Winterberg die Lichter aus. Zumindest symbolisch will die Stadt dann darauf aufmerksam machen, wie sehr sie unter den Einschränkungen leidet. Liftbetreiber, Gastronomen und viele andere Wirtschaftszweige, die vom Tourismus leben, setzen große Erwartungen in die Politik: Die Forderungen nach teilweisen Lockerungen, nach einfacherer und besserer staatlicher Unterstützung werden immer lauter. Die heimische Wintersportregion erhofft sich einiges von dem Bund-Länder-Treffen kommende Woche. Und selbst Gesundheitsminister Spahn sagte gestern gegenüber der Funke-Mediengruppe: „Wir können nicht den ganzen Winter über in diesem harten Lockdown bleiben“. Aber was heißt das für Wintersport und Tourismus?

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Unterschiedliche Bewertung

Die heimischen Politiker, die auf Bund- bzw. Länderebene in Regierungsverantwortung stehen, bewerten die Perspektiven unterschiedlich. Der CDU-Landtagsabgeordnete Matthias Kerkhoff ist optimistisch, noch in diesem Winter im Sauerland Ski fahren zu können. Und er meint damit vermutlich nicht Langlauf im einsamen Wald. Sein Bundestagskollege Dr. Patrick Sensburg spricht sich unter der Prämisse für eine Öffnung der Skilifte aus, „wenn wir bei der 7-Tage-Inzidenz in Richtung 50 gehen“. Der SPD-Abgeordnete Dirk Wiese hat erhebliche Bedenken, ob eine generelle Öffnung zum jetzigen Zeitpunkt vor allem vor dem Hintergrund der Virusmutation möglich ist.

Kommentar: Blick in den existenziellen Abgrund

Es ist müßig, eine Rangfolge darüber zu erstellen, welche Branche besonders vom Lockdown betroffen ist. Einzelhändler, Gastronomen, Hoteliers oder Friseure – sie stehen nur exemplarisch für alle, die auf eine harte Geduldsprobe gestellt werden, die in den existenziellen Abgrund blicken und die nicht mehr wissen, wie es weitergehen soll. Große Hoffnungen ruhen auf dem Sommer, wenn hoffentlich bis dahin viele den Piks in den Oberarm bekommen haben. Den Skiliftbetreibern hilft der Sommer aber wenig.

Sie sind eine ganz spezielle Gruppe im Kreise derer, die der Lockdown down macht. Ihr Zeitfenster, um millionenschwere Investitionen zu refinanzieren und um ihr Geschäft zu machen, ist sehr begrenzt. Sollte sich ihr Anspruch auf staatliche Hilfen aus dem Ist-Ergebnis eines Nicht-Winters im vergangenen Jahr berechnen, gucken sie in die Röhre.

Wenn es um die Frage nach Wintersport Ja oder Nein geht, ist damit kein Après-Ski mit anschließendem Ischgl-Trauma gemeint. Es kann momentan nur ums Skifahren nach strengen Regeln gehen. Und wer das partout nicht will, der muss Entschädigungen zahlen - angemessen und unbürokratisch.

Denkbar ist für Wiese allenfalls eine Regelung wie in Baden-Württemberg, wo Skiliftbetreiber stundenweise Vermietungen an einen eng begrenzten und vorher angemeldeten Personenkreis vergeben dürfen. Auf der Schwäbischen Alb soll das Medienberichten zufolge zumindest für etwas Umsatz sorgen. Ein Betreiber berichtet, er habe Anfragen für die nächsten drei Wochen. Er vermietet seinen Skilift für 150 Euro die Stunde an Familien. Während sein Lift sonst von Menschen aus einem Umkreis von 60 Kilometern genutzt würde, kämen nun Skifahrer aus mehr als 200 Kilometern Entfernung. Eine „normale Saison“ könne aber auch das nicht ausgleichen.

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Ende des Lockdowns gefordert

rst vergangene Woche hatten die Liftbetreiber der Wintersportarena Sauerland in einer gemeinsamen Erklärung ein Ende des Lockdowns gefordert. Sie wollen noch in diesem Winter die Lifte laufen lassen - und zwar mit einem gut durchdachten Hygiene-Konzept, das einen sicheren Wintersport ermöglicht. Denkbar wäre es, den Verkauf der Tickets zu begrenzen, um vergleichsweise leere Pisten zu haben und das Ansteckungsrisiko so gering wie möglich zu halten. Eine andere Idee ist es, die Öffnungszeiten auszuweiten - um den Andrang zu entzerren.

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Brandbrief an Altmaier

Unterdessen hat Patrick Sensburg einen Brandbrief an den Bundeswirtschaftsminister in Sachen Unterstützung von Betrieben adressiert. Sensburg: „Zwei Punkte sind hier meiner Meinung nach von entscheidender Bedeutung. Zum einen muss bei den Hilfen sehr viel stärker als bislang berücksichtigt werden, dass die Skiliftbetreiber das ganze Jahr über Kosten haben, während die Einnahmen nur in den Wintermonaten hereinkommen. Zum anderen sollten in den saisonal-geprägten Branchen aber auch die Vergleichszeiträume flexibler gestaltet werden.“ Die letzte Wintersaison sei wegen des Wetters nicht besonders gut gelaufen, während man in diesem Winter bislang tolle Bedingungen gehabt hätte. Die Hilfen würden sich aber leider strikt an den Umsätzen des Vorjahresmonats bemessen. Sensburg: „Ein mehrjähriger Vergleichszeitraum wäre hier wesentlich fairer für die Betriebe.“