Winterberg. Die Skiliftbetreiber wollen öffnen. Sie schicken zusammen mit Patrick Sensburg einen Hilferuf an die Bundesregierung. Ihr verzweifelter Appell:

Es ist aber auch wie verhext. Vergangenes Jahr fiel die Wintersaison mangels Schnee und Kälte ins Wasser. Jetzt gibt es sogar seit Wochen ununterbrochen „Winter natur“, aber die Liftbetreiber und Gastronomen müssen wegen Corona die Füße still halten. Das wollen und können sie aber offensichtlich nicht mehr länger. In einem digitalen Corona-Krisengespräch haben die Winterberger Unternehmensbranchen die aktuelle Situation erörtert. Ihr Fazit: Es muss etwas geschehen. Ein schriftlicher Hilferuf an Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier ist auf dem Weg.

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Die Stimmung bei den Unternehmen ist angespannt. Bei Bürgern und Betrieben grassiert die Existenzangst. „Wäre ich nicht so ein Optimist, hätte ich schon längst den Kopf in den Sand gesteckt“, sagt Bürgermeister Michael Beckmann. Es habe viele Korrespondenz in Richtung Bundes- und Landesregierung gegeben. Immer sei es darum gegangen, finanzielle Unterstützung für die von der Gesundheitskrise gebeutelten Branchen in Winterberg vor allem im touristischen Bereich einzufordern.

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Insbesondere Betriebe im Nebenerwerb, Kulturschaffende, Solo-Selbstständige und die Wintersport-Branche würden allein gelassen. Beckmann: „Die Reaktionen sind sehr ernüchternd und stets gleich. Dennoch werden wir nicht lockerlassen und weiter kämpfen.“ Winterberg sei der einzige Wintersportort in NRW mit großer Strahlkraft für das ganze Land. Eine komplett ausfallende Wintersport-Saison könne auch kein guter Sommer gänzlich kompensieren, so Beckmann.

Für Branchen und Betriebe käme wenig Hilfe

Auch Skiliftbetreiber Christoph Klante kritisierte die mangelnde Bereitschaft der maßgebenden Politik, der Wintersport-Branche in dieser Ausnahmesituation zu helfen. „Die Stimmung bei uns und den Kollegen schwankt zwischen Enttäuschung ob der Tatsache, dass so wenig auf unsere Konzepte eingegangen wird, und Entsetzen, wenn man die vollmundigen Ankündigungen der Bundespolitik zum Thema großzügige Entschädigungen hört, es am Ende aber ganz viele bürokratische Hürden gibt und letztlich für Branchen und Betriebe relativ wenig dabei herauskommt.“

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Die Gefahr, dass sich in Winterberg die für Einheimische und Gäste gleichermaßen attraktive und vielfältige Infrastruktur mit den Pandemie-Folgen massiv ändere, sieht auch Unternehmer Heijo Krevet. Winterberg sei nicht austauschbar oder vergleichbar mit Städten im Ruhrgebiet. „Wenn die Entschädigungen weiter ausbleiben, dann wird es auch in Winterberg Leerstände geben. Deshalb brauchen wir dringend Hilfen und Öffnungs-Perspektiven.“

Das unterstrich auch Friseurmeister und Innungs-Vorsitzender Ulrich Brieden: „Die Salons kämpfen um die blanke Existenz, die Nerven liegen blank. Überbrückungshilfen mit Konzentration auf Fixkosten sind für uns Friseure nicht geeignet. Ich hoffe auf die Unterstützung seitens der Politik.“

Patrick Sensburg schickt Hilferuf an Peter Altmaier

Der heimische Bundestagsabgeordnete Patrick Sensburg hat unterdessen nach enger Absprache mit der CDU-Ratsfraktion in Winterberg und dessen Vorsitzendem Timo Bundkirchen einen Hilferuf an Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier gesendet. „Durch den Lockdown droht den Unternehmern der Wintersport-Arena Sauerland trotz aller Anstrengungen im Vorfeld der komplette Ausfall der Saison, womit sich für die Verantwortlichen auch die Frage nach weiteren Hilfen immer drängender stellt.“ Dabei gehe es nicht nur um Liftbetreiber, sondern um eine ganze regionale Wertschöpfungskette. Weiterhin macht Sensburg darauf aufmerksam, dass es zu wenige individuell betrachtete Lockdown-Regelungen gebe.

Der heimische Europaabgeordneter Dr. Peter Liese wird da in einem Schreiben an Landrat Dr. Karl Schneider schon konkreter. Er spricht sich dafür aus, eine kontrollierte, stufenweise Öffnung der Skigebiete in Betracht zu ziehen. Dabei müssten die Hygienekonzepte natürlich strikt eingehalten werden. Durch ein begrenztes Online-Tagesticketkontingent müsse der Reiseverkehr gesteuert und durch zusätzliche Kontrollkräfte die Einhaltung der Abstandsregelung umgesetzt werden.

Restart-Kampagnen werden schon ausgearbeitet

Hinter den Kulissen wird bei der Winterberg Wirtschaft und Tourismus (WTW) und beim Stadtmarketingverein bereits intensiv an Restart-Kampagnen sowohl im Binnen- als auch im Außenmarketing gearbeitet, um bei möglichen Lockerungen schnell und effizient durchstarten zu können. „Wir planen eine noch intensivere Netzwerk-Arbeit jeweils in den Bereichen Freizeit und Gastronomie und werden die Stadt- und Dorfentwicklung sowie das Quartiersmanagement mit Volldampf forcieren“, betont Stadtmarketing-Projektmanagerin Julia Aschenbrenner.

Krisengespräch im Videocall

Unter dem Motto „Corona-Krisentalk“ hatten Bürgermeister Michael Beckmann, der Geschäftsführer der Winterberg Touristik und Wirtschaft, Winfried Borgmann, sowie Stadtmarketing-Projektmanagerin Julia Aschenbrenner zu diesem virtuellen Videotreffen eingeladen.

Vertreter fast aller Wirtschaftsbranchen, des St.-Franziskus-Hospitals sowie der Fraktionen im Winterberger Stadtrat nahmen daran teil.

Ziel war es, auf die Sorgen und Nöte der Betriebe, ihrer Belegschaften und auf deren Forderungen nach Öffnungs-Perspektiven sowie unbürokratischen Finanzhilfen, die schnell fließen müssten, aufmerksam zu machen.

Es wurde diskutiert, die Maßnahmen der Vergangenheit wurden beleuchtet und es wurde ein Blick in die Zukunft geworfen.

Existenzgefährdend ist der Lockdown auch für Vereine. Das machte Vera Altenbeck, Vorsitzende des Verkehrsvereins Niedersfeld, deutlich. Es gebe zwar eine Mindestzusage der Stadt und der WTW für laufende Kosten, die Haupteinnahmequelle aus der Kurtaxe falle aber weg. „Hinzu kommt, dass viele Nebenerwerbsbetriebe, ohne die ein erfolgreicher Tourismus nicht möglich ist, keine Ansprüche auf Finanzhilfen haben. Ich sehe da derzeit kein Licht am Ende des Tunnels“, so Altenbeck.

Reiselust sei bisher ungebrochen

„Wir werden den Winterberger Weg weiter konsequent gehen, arbeiten intensiv an der Restart-Kampagne, werden die Betriebe weiterhin mit Informationen versorgen und hören auf allen Kanälen aufmerksam zu“, fasst WTW-Geschäftsführer Winfried Borgmann die Strategie der nächsten Wochen zusammen. „Wir sind uns zusammen mit dem SauerlandTourismus aber einig, dass die Reiselust ungebrochen ist und auch wir davon profitieren werden.“ Bei dem zu erwartenden großen Gästeaufkommen im kommenden Sommer werde die Besucher-Lenkung ein großes Thema, das von WTW, Stadtmarketing und Ordnungsamt gemeinsam zu bearbeiten sei. Es gelte, im Sommer wieder gut aufgestellt zu sein.

Sollte es ab dem 14. Februar weiterhin keine Perspektive für Lockerungen und Öffnungen geben, geht in Winterberg zumindest temporär das Licht aus. Michael Beckmann: „Das machen wir dann symbolisch und öffentlichkeitswirksam.“

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