Marsberg/Hochsauerlandkreis. Die Corona-Pandemie stellt Privatleben auf eine harte Probe. Lassen sich deshalb mehr Paare scheiden? Gespräch mit einer Fachanwältin.
Durch Corona werden die Kontakte nach außen sehr eingeschränkt, gleichzeitig rücken Familien zwangsläufig zu Hause näher zusammen. Das stellt alle Beteiligten manchmal auf eine harte Probe. Ob die Situation auch dazu führt, dass sich mehr Paare scheiden lassen? Wir haben darüber mit Rechtsanwältin Dr. Simone Schütte-Leifels aus Marsberg gesprochen. Sie ist Fachanwältin für Familienrecht.
2019 fast 500 Scheidungen im HSK
Fast 500 Ehepaare haben sich 2019 im HSK scheiden lassen. Das geht es aus einer Statistik von IT-NRW hervor. Zahlen für das Corona-Jahr 2020 gibt es zurzeit noch nicht. Bleibt also abzuwarten, was die Statistiker für das durch die Pandemie stark geprägte Jahr herausfinden werden. Dr. Simone Schütte-Leifels hat für uns noch mal das Jahr mit Blick auf ihre Arbeit Revue passieren lassen. Sie kommt zu dem Ergebnis: „Die Zahl der Scheidungsfälle, die ich bearbeitet habe, ist in diesem Jahr nicht gestiegen. Sie ist etwa gleich geblieben.“ Es könne allerdings sein, dass die Zahl im nächsten Jahr vielleicht noch ansteige. Denn die Juristin hat die Erfahrung gemacht: „Viele gehen nicht sofort zum Anwalt, wenn Probleme auftauchen. Die meisten versuchen es erstmal mit einer vorübergehenden Trennung. Ob diese dann endgültig ist und das Scheidungsverfahren eingeleitet wird, kristallisiert sich oft erst später heraus.“
„Lockdown wirkt wie ein Katalysator“
Dass die Corona-Situation sich auf Paare und das Familienleben auswirkt, hat die Marsberger Familienrechtlerin in den vergangenen Monaten aber sehr wohl gemerkt. „Auch, wenn sich die Zahl der Scheidungs-Fälle nicht auffällig verändert hat, die Gründe haben sich deutlich geändert“, so ihre persönliche Einschätzung: „Die Zwangspause durch den Lockdown hat in vielen Beziehungen wie ein Katalysator gewirkt. Durch die viele gemeinsame Zeit, die die Ehepartner plötzlich hatten, haben sie gemerkt, dass ihre Beziehung nicht auf Dauer tragfähig ist. Die Menschen hatten einfach viel weniger Ablenkung in diesem Jahr und dadurch haben sich zwischenmenschliche Probleme viel stärker herauskristallisiert“, erklärt Dr. Simone Schütte-Leifels. Sonst waren es eher die „klassischen“ Gründe, aus denen Paare sich scheiden lassen wollen: Ein Partner ist fremd gegangen oder das Paar merkt, wenn die Kinder aus dem Haus sind, dass die Beziehung keine Basis mehr hat.
Zur Person
Dr. Simone Schütte-Leifels ist 44 Jahre alt, hat drei Kinder und ist nach Studium und Promotion seit 2006 in der jetzigen Kanzlei Picht, Prümper und Dr. Schütte-Leifels in Marsberg als Rechtsanwältin tätig. Seit 2017 ist sie außerdem Notarin.
Viele neue Fragen
Festgestellt hat die Marsberger Anwältin auch, dass es durch Corona immer mal wieder zusätzlichen rechtlichen Klärungsbedarf gibt, zum Beispiel bei Fragen wie: Was ist mit dem Unterhaltsanspruch, wenn der Ex-Partner in Kurzarbeit ist und weniger Geld verdient? Welcher Elternteil bekommt den Kinderbonus? Was ist, wenn ein Elternteil sich nicht an die Kontaktbeschränkungen gegenüber anderen hält, sich zum Beispiel weiterhin mit anderen Familien trifft, trotz Verbot mit den Kindern auf den Spielplatz geht oder sogar Partys feiert? „Da gibt es manchmal recht viel Diskussionsbedarf“, so die Marsberger Rechtsanwältin.
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Zum Glück habe sie aber zumindest in ihrem Bereich keine gravierende Zunahme von häuslicher Gewalt während der Corona-Krise festgestellt: Die Zahl der Gewaltschutzmandate sei gegenüber den Vorjahren nicht gestiegen. Vielleicht wirke sich ja hier im ländlichen Raum vorteilhaft aus, dass die Menschen doch deutlich mehr Möglichkeiten haben, raus in die Natur zu gehen und sich aus dem Weg zu gehen als in engen städtischen Wohnungen, so ihre vorsichtige Vermutung.
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Tägliche Arbeit hat sich verändert
Verändert hat sich für die Rechtsanwältin allerdings die tägliche Arbeit mit ihren Klienten. Persönliche Kontakte wurden Corona bedingt stark eingeschränkt. Wie in anderen Bereichen auch, läuft zurzeit viel mehr über Telefon und E-Mail-Kontakt. Doch zumindest das Erstgespräch führe sie auch weiterhin persönlich. Das sei für sie wichtig, um sich besser ein Bild von der Situation zu machen, erzählt Dr. Simone Schütte-Leifels. Die 44-Jährige ist verheiratet, hat drei Kinder und ist nach Studium und Promotion seit 2006 in der jetzigen Kanzlei Picht, Prümper und Dr. Schütte-Leifels in Marsberg als Rechtsanwältin tätig. Seit 2017 ist sie außerdem Notarin.