Bigge. Seit zwei Wochen bestimmt Corona den Alltag von Bewohnern und Mitarbeitern im Josfesheim in Bigge. Ein Einblick in die schwierige Lage.

Die Corona-Pandemie hat das Josefsheim in Bigge hart getroffen. Insgesamt 58 Menschen sind in den vergangenen zwei Wochen positiv auf das Covid-19-Virus getestet worden. Für Mitarbeiter, Bewohner und Angehörige ist das eine sehr belastende Situation. In einem Hintergrundgespräch berichten Verantwortliche aus verschiedenen Josefsheim-Bereichen, wie sie die aktuelle Lage erleben und wie sie mit Ängsten, Isolation und Unsicherheit umgehen.

Psychologische Belastung

„Die Situation ist für alle Beteiligten sehr schwierig. Das gilt natürlich insbesondere für die Menschen in den Wohnheimen und die Mitarbeiter, die dort im Einsatz sind. Die Situation im Wohnbereich ist sehr angespannt. Die psychologische Belastung steigt von Tag zu Tag. Unser Dank geht an die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die dort Unglaubliches leisten“, beschreibt Josefsheim-Geschäftsführer Gerhard Freund die aktuelle Lage.

Besondere Schutzvorkehrungen

„Leider verzeichnen wir nach den Ende letzter Woche durchgeführten POC-Reihentestungen weitere einzelne, ärztlich bestätigte Covid-19-Infektion“, berichtet Urlike Becker, Sprecherin des Josesfsheims Bigge. Aktuell sind 31 Bewohner/innen und 27 Mitarbeitende an Corona erkrankt. Sieben Patienten werden stationär im Krankenhaus behandelt. Die Bigger Werkstätten bleiben diese Woche geschlossen. Von den insgesamt acht Wohnheimen stehen vier komplett unter Quarantäne. Trotzdem müssen die Menschen mit Behinderung, die dort leben, aber versorgt und betreut werden. Möglich sei das nur unter besonderen Schutzvorkehrungen, erklärt die Pädagogische Geschäftsführerin Janine Rottler. Gearbeitet werde dort nur mit spezieller Schutzausrüstung (Brille, Kittel, FFP-2-Masken) und unter strenger Einhaltung der Hygienevorschriften.

Versorgung sicherstellen

Gerhard Freund, Geschäftsführer Josefsheim Bigge bedankt sich bei allen Mitarbeiter/innen für ihr großes Engagement.
Gerhard Freund, Geschäftsführer Josefsheim Bigge bedankt sich bei allen Mitarbeiter/innen für ihr großes Engagement. © Unbekannt | Josefsheim Bigge

Da etwa die Hälfte der Corona-Patienten aus dem Mitarbeiter-Bereich kommt, hat das Auswirkungen auch auf die Personalkapazitäten im Wohnbereich. Hinzu kommt, dass der Werkstattbereich und auch das Berufsbildungswerk zurzeit geschlossen sind, um eine weitere Ausbreitung der Pandemie zu verhindern. Folge ist, dass auch die Bewohner, die gar nicht unter Quarantäne stehen, sich nun überwiegend in ihren Wohnungen aufhalten. Sie brauchen eine Beschäftigung, eine Tagesstruktur, psychologische Betreuung und Ansprechpartner.

Josefsheim-Geschäftsführer Gerhard Freund erklärt, er sei deshalb sehr froh, dass sich Mitarbeiter aus der Werkstatt freiwillig bereit erklärt hätten, die Wohnbereiche personell zu unterstützen, um eine bedarfsgerechte Versorgung sicher zu stellen. Dabei setze man auf eine enge Zusammenarbeit mit der Mitarbeitervertretung, so Freund.

Das bestätigt auch Wolfgang Düppe. Er ist Vorsitzender des Mitwirkungs-Gremiums. „Natürlich ist es uns wichtig, dass die Versorgung aufrecht erhalten wird. Deshalb unterstützen wir es, dass Mitarbeiter/innen momentan nach Absprache auch in anderen Bereichen als vorgesehen einsetzt werden.“

Sportliche Videos

Inzwischen gibt es eine ganze Reihe von Angeboten, um den Menschen in den Wohnheimen den Corona-Alltag zu erleichtern. Jürgen Mies sorgt als Mobilitätstrainer auch in normalen Zeiten dafür, dass Menschen mit Behinderung möglichst mobil und eigenständig leben können. Viele seiner Angebote sind zurzeit allerdings nicht umzusetzen. Deshalb setzt er nun auf andere Unterstützungs-Möglichkeiten.

Und so werden im Josefsheim zurzeit regelmäßig Sport-Videos gedreht, mit denen sich die Heimbewohner fit halten können. Dabei spielen auch die sozialen Netzwerke und der Einsatz von Ipads zunehmend eine Rolle. „Und es wird natürlich zurzeit auch sehr viel telefoniert. Die Angehörigen haben große Sorgen und Ängste“, berichtet die Pädagogische Geschäftsführerin Janine Rottler. Gerade für die Angehörigen sei es sehr wichtig, Kontakt zu halten, wenn schon persönliche Besuche oder Heimfahrten nicht möglich sind.

Nur einige Häuser unter Quarantäne

Entdeckt worden waren erste Corona-Fälle im Josefsheim am 12. Januar über eigene POC-Reihentestungen. Daraufhin sei sofort damit begonnen worden, die betroffenen Wohngruppen zu separieren und die Öffentlichkeit zu informieren, erklärt die Josefsheim-Sprecherin Ulrike Becker. Durch regelmäßige Testungen soll nun das Pandemie-Geschehen möglichst schnell erfasst und heruntergefahren werden. Bislang waren durch die Tests immer wieder einzelne neue Corona-Fälle entdeckt worden. Für die betroffenen Wohnheime heißt das: Quarantäne. Für die nicht betroffenen Einrichtungen heißt das aber auch, dass die Menschen, die dort wohnen, nicht unter Quarantäne stehen.

Diskriminierung beim Einkaufen

Leider werde da in der Öffentlichkeit nicht immer differenziert, erzählt Josefsheim-Geschäftsführer Gerhard Freund: „Es kommt immer wieder vor, dass Josefsheim-Bewohner zum Beispiel beim Einkaufen pauschal diskriminiert werden. Wir haben hier sehr viele verschiedene Bereiche und Einrichtungen. Menschen, die nicht positiv getestet sind und keine Kontaktpersonen sind, stehen nicht unter Quarantäne und dürfen natürlich auch raus. Das gilt hier bei uns genau so wie in allen anderen gesellschaftlichen Bereichen.“

Ziel sei es, so Gerhard Freund, Teilhabe auch weiterhin so gut es gehe, zu ermöglichen. Denn: „Im Moment findet Inklusion nicht statt. Da wird nach der Pandemie viel Aufbauarbeit nötig sein.“ Mit Blick auf die Zukunft hofft er, dass die Zahl der Corona-Fälle am Josefsheim bald rückläufig ist und die Quarantäne zeitnah zumindest in Teilbereichen wieder aufgehoben werden kann. Weitere Infos rund um die Corona-Pandemie im Altkreis Brilon finden Sie unter www.wp.de,

Auch außerhalb der regulären Geschäftszeiten besteht die Möglichkeit, das Josefsheim-Team persönlich zu allen Fragen rund um die Pandemie zu befragen: 02962 800 3500. Einen direkten Draht zur psychologischen Hilfe bietet das Josefsheim allen Leistungsnehmer/innen, Mitarbeiter/innen und betroffenen Angehörigen via Mail oder Videocall. Terminvereinbarungen sind individuell nach Absprache auch außerhalb der Sprechzeiten möglich. Kontakt: Montag, Mittwoch und Freitag von 10 bis 12 Uhr sowie Dienstag und Donnerstag von 14 bis 16 Uhr , 02962 800480 oder 800 91480 sowie per Mail an m.eckert@josefsheim-bigge.de.,