Brilon. Der Briloner Caritas-Vorstand Hanms-Georg Eirund kritisiert die Corona-Politik der Regierung. Die Behindertenhilfe werde vernachlässigt.
. Heinz-Georg Eirund wird sehr ernst, wenn er über die vielen Wochen und Monate spricht, in denen die Corona-Krise den Alltag und das Leben von Menschen mit Behinderung, die Mitarbeitenden sowie die Träger der Behindertenhilfe im Griff hat. Der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft der Einrichtungen und Dienste der Behindertenhilfe und Psychiatrie im Erzbistum Paderborn, in deren Diensten und Einrichtungen etwa 7400 Menschen leben, arbeiten und betreut werden, schildert die Probleme der vergangenen Monate: „Menschen mit Behinderung zählen – je nach Krankheitsbild – mitunter zur Risikogruppe bei einer Corona-Infektion. Deswegen haben die Mitarbeitenden in den Einrichtungen alles Menschenmögliche getan, um einen Viruseintrag mit umfangreichen Hygienevorkehrungen zu verhindern.“ Begleitet wurde diese Bemühung stets von Schutzverordnungen des Landes NRW, die sowohl Menschen mit Behinderung als auch Einrichtungen immer wieder vor große Herausforderungen gestellt hätten.
Permanent schwierige Entscheidungen
„Zu Beginn der Pandemie wurden Werkstätten geschlossen, Wohnheime mussten längere Zeit die fehlende Tagesstruktur der Menschen mit Behinderung personell auffangen und permanent schwierige Entscheidung im Sinne des Infektionsschutzes treffen“, berichtet Eirund.
Er betont, dass die behördlichen Maßnahmen größtenteils richtig und notwendig zur Infektionseindämmung gewesen seien – unabhängig von der mitunter schwierigen praktischen Umsetzung. Dennoch hätten mittlerweile mehrere Werkstätten und Wohnheime im Erzbistum mit Infektionsausbrüchen unter den Menschen mit Behinderung sowie dem Personal zu kämpfen.
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„Unsere Mitarbeitenden zeigen – ähnlich wie in den Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen – jeden Tag großes Engagement in der Arbeit mit Menschen mit Behinderung – wohlwissentlich, dass das Risiko einer Infektion bei körpernahen Assistenzleistungen groß ist.“
Kritik: Kein Pflegebonus
Völlig unverständlich ist für Eirund, dass die Belastungen der Mitarbeitenden in der Behindertenhilfe von der Politik aus seiner Sicht bisher nicht wahrgenommen würden. Ein Pflegebonus, wie ihn der Gesetzgeber für die Altenpflege als Zeichen der Anerkennung in der Corona-Pandemie im Sommer ermöglicht hat, stand für die Behindertenhilfe nicht zur Diskussion – obwohl die Arbeit in den Einrichtungen teilweise sehr pflegelastig und aufwändig sei.
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Der Arbeitsaufwand ist enorm
„Menschen mit kognitiven und seelischen Behinderungen benötigen vermehrt Erklärungen zum Geschehen – etwa, weshalb eine Maske zu tragen ist oder warum ein Stäbchen in den Hals geschoben wird.“ Die seit November laufenden Schnelltestungen in den Einrichtungen seien entsprechend zeit- und personalaufwändig. Gerade die neue Verordnung schreibe zwingend Reihentestungen vor. Auf Landesebene gäbe es diesbezüglich ein Gerangel um die Kostenzuständigkeit zwischen Sozialministerium und den Landschaftsverbänden als Kostenträger der Behindertenhilfe. „Die Einrichtungen wollen diese Testungen gerne zur Entlastung des öffentlichen Gesundheitssystems und zum Schutze der Menschen mit Behinderung sowie der Mitarbeitenden durchführen. Sie benötigen dafür aber dringend eine Zusage für die Kostenübernahme des zusätzlichen Personals. Wir wollen das vorhandene Personal auf keinen Fall aus der direkten Assistenzleistung zulasten der Menschen mit Behinderung abziehen“, ärgert sich Eirund.
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In den kommenden Wochen liegen noch weitere Herausforderungen vor den Menschen mit Behinderung sowie den Einrichtungen und Diensten: Im Zuge der bundesweiten Bemühungen um Immunisierung der Bevölkerung sind Reihenimpfungen in NRW angedacht. Heinz-Georg Eirund mahnt auch hier, Menschen mit Behinderung bei der Priorisierung, wer zuerst geimpft wird, nicht zu vergessen. Einrichtungen und Dienste würden bereits jetzt anfangen, den Bewohnern die Notwendigkeit der Impfungen zu erklären und Ängste zu nehmen. Der Vorsitzende der Caritas-Arbeitsgemeinschaft fordert: „Die Politik muss Menschen mit Behinderung stärker in den Blick nehmen.“ Zwar sei diese Personengruppe im Verhältnis kleiner als beispielsweise ältere, pflegebedürftige Menschen, dafür aber mitunter genauso vulnerabel.