Medebach/Winterberg. Der Bundesinnenminister hat eine rechtsextremistische Vereinigung aufgelöst und Wohnungen von Mitgliedern durchsuchen lassen - auch im Sauerland.

Die Spuren führen leider auch ins Sauerland. Bundesinnenminister Horst Seehofer hat gestern die rechtsextremistische Vereinigung „Wolfsbrigade 44“ verboten und aufgelöst. Zeitgleich durchsuchten bundesweit 187 Einsatzkräfte die Wohnungen aller elf Vereinsmitglieder. Drei Objekte knöpften sich die Beamten auch im Hochsauerlandkreis vor. Eins in der Kernstadt von Medebach und zwei in der Kernstadt von Winterberg. Auch im benachbarten Großraum Korbach soll es Durchsuchungen gegeben haben.

Zehn Beamte und Diensthund vor Ort

Die zehn Beamten der Landespolizei NRW und ein Diensthund waren gestern früh auf den Beinen. Um 5 Uhr klingelten sie an den betreffenden Haustüren und durchsuchten die Wohnungen. Dem Vernehmen nach sollen die Aktionen unspektakulär und ruhig verlaufen sein.

In NRW geht es um zwei Personen. Einer ist Vorstandsmitglied, Vizepräsident und Schatzmeister dieser Vereinigung“, sagte NRW-Innenminister Reul bei einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz in Düsseldorf. Demnach seien u. a. auch Drogen und Mobiltelefone sichergestellt worden. Das Bundesinnenministerium spricht bei den bundesweiten Durchsuchungen von Waffen wie Einhandmesser, Armbrust, Bajonett und Machete sowie von Hakenkreuzen, Fahnen und Speichermedien.

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Vizepräsident wohnt im HSK

Der Innenminister fand deutliche Worte gegenüber der Neonazi-Gruppe: „Die Vereinsmitglieder sind eindeutig rechtsextremistische und antisemitische Menschen, die auf Verhältnisse abzielen, wie sie zur Zeit des Nationalsozialismus waren. Das, was der Verein tut, läuft unseren Strafgesetzen entgegen und richtet sich gegen den Gedanken der Völkerverständigung.“ Mit elf Mitgliedern, so Reul weiter, sei der Verein zwar klein. Problematisch sei aber das Ausmaß der rechtsextremistischen Ideologie, die dahinter stecke. Reul: „Diese Leute verherrlichen Führungspersonen der NSDAP, sie nutzen Texte, Lieder, Symbole aus der NS-Zeit und tragen ihre nationalsozialistischen Gedanken ganz offen zur Schau.“ Darüber hinaus gebe es Verstöße gegen das Waffengesetz. Der Verein führe im Ausland ganz spezielle Schießtrainings durch und verfüge über verbotene Waffenarsenale.

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Staat zeigt Kante

Der Minister weiter: „Der Staat zeigt, dass er auch in Corona-Zeiten Antisemitismus und Rechtsextremismus nicht duldet. In diesem konkreten Fall waren es nur zwei Menschen und drei Stellen, aber es waren zwei zu viel.“

Bundesweites Verbot ausgesprochen

Das Bundesinnenministerium erklärte auf Nachfrage unserer Zeitung, dass es bei den gestrigen Maßnahmen keine Festnahmen gegeben habe.

Bundesinnenminister Horst Seehofer hat den Verein „Sturm- /Wolfsbrigade 44“ gestern bundesweit verboten und ihm jede Tätigkeit untersagt.

Anfang der 1990er Jahre gab es mit der Sauerländer Aktionsfront schon einmal eine neonazistische Vereinigung in der Region.

Die Polizei in Dortmund, wo auch die Abteilung für Staatsschutz ansässig ist, erklärte auf Nachfrage unserer Zeitung, dass es im Hochsauerlandkreis keine gefestigten rechtsextremen Strukturen gebe. Sprecherin Nina Kupferschmidt: „Die Straftaten aus diesem Bereich bewegen sich auf einem konstant niedrigen Niveau.“

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Das zeigt auch der Blick in eine Kleine Anfrage, die die Landtagsabgeordnete Verena Schäfer (Bündnis 90/Die Grünen) im August dieses Jahres gestellt hatte. Sie wollte wissen, wie sich die politisch motivierte Kriminalität Rechts entwickelt habe. Ergebnis: Während sich im Vergleich der ersten Halbjahre 2018 und 2019 ein deutlicher Anstieg der politisch rechts motivierten Kriminalität auf Landesebene zeigte, blieb die Anzahl der Straftaten im gesamten Jahr 2019 mit 3.661 Fällen in etwa auf der Ebene des Jahres 2018 mit 3.767 Straftaten. Diese Zahlen bewegen sich weiterhin deutlich über dem Niveau von 2014, also bevor die Anzahl der politisch rechts motivierten Straftaten unter dem Eindruck rechtspopulistischer Mobilisierung sprunghaft anstieg.

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Angefügt ist dort eine Tabelle für jede einzelne Stadt des Landes: Im ersten Halbjahr 2020 gab es demnach lediglich in Olsberg zwei Fälle, bei denen Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen gezeigt wurden. Ansonsten sind zumindest keine Straftaten rechtsextremistischer Art aktenkundig.