Winterberg. Die Tenne in Winterberg ist die dienstälteste Disco im Sauerland. Wann Pächter Peter Mergheim an den Restart glaubt und welche Hürden er sieht.

„Möchten Sie ein Wasser? Alles andere ist abgelaufen.“ Mit diesen Worten dürften noch nicht viele Zeitgenossen in einer Disco begrüßt worden sein. Seit acht Monaten sind in der Tenne in Winterberg , einer der ältesten Discotheken Deutschlands, die Türen zu; etwa 50 Kisten Getränke plus ein halbes Dutzend Fässer Bier abgelaufen. Folgen der Corona - Krise . Pächter Peter Mergheim wirkt trotzdem nicht mutlos. „Es ist klar, dass das Business nicht so funktionieren kann wie normal“, meint er.

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Dass er relativ entspannt bleibt, liegt vor allem an Hilfen, die er bekommen hat oder erwartet: die Soforthilfe zu Beginn der Coronakrise, später die Überbrückungshilfen und aktuell die „außerordentliche Wirtschaftshilfe“. Sie ersetzen zwar nicht die kompletten Verluste, federn aber die finanziellen Sorgen so weit ab, dass Mergheim sich auch um andere Dinge Gedanken machen kann. Zum Beispiel um Investitionen. Die sanierte Herrentoilette im Keller ist fast fertig. Das klobig umbaute DJ-Pult stört Mergheim am jetzigen Platz. Würde es umziehen, würde die Tanzfläche im Erdgeschoss größer und der Weg zu den Toiletten freier. Auch die Lichtanlage in dem Bereich könnte nach Ansicht des Pächters eine Überholung vertragen. „Ich finde gerade heraus, was das kosten würde“, meint er mit Blick auf Handwerker, die sich dort umschauen. Eine Entscheidung ist noch nicht getroffen.

Branchentreffen Club Convention mit Corona-Konzept

Andere Themen wie Luftfilter betrachtet er noch mit Skepsis. „Ich denke, wir haben schon eine der stärksten Lüftungsanlagen in Winterberg.“ Weitere Investitionen in den Bereich wären teuer und brächten keinen garantierten Vorteil für eine Öffnungs-Erlaubnis. Plötzlich klingt der Discobetreiber wie ein Steuerberater: „Ich möchte keine Kapitalfehlleitungen produzieren.“

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Im Oktober hat Mergheim das Branchentreffen Club Convention und die angeschlossene Jahreshauptversammlung des Bundesverbands deutscher Discotheken und Tanzlokale in Osnabrück besucht. Dort bekam er einen umfassenden Eindruck von Hygienemaßnahmen bei einem großen Event („zusätzlich zu den AHA-Regeln ein Corona-Schnelltest, zwei Desinfektionsschleusen mit Sprühnebel, dazu Raumluftreiniger“). Der Tenne-Pächter war unter anderem vor Ort, um Präsenz und Gesicht zu zeigen. Ursprünglich seien die Discotheken, so sein Empfinden, in der Krise ein wenig als die Schmuddelkinder der Gastronomie betrachtet worden. „Das ist jetzt anders.“ Er und seine Branchenkollegen wollten Vorbilder sein und alle Regeln einhalten, erwarteten aber einen finanziellen Ausgleich seitens der Politik.

Teil der Lösung und nicht des Problems

Auch wenn er „nicht vor dem kommenden Frühling“ damit rechnet, seine erst 2019 übernommene Disco wieder öffnen zu dürfen, findet Mergheim: „Wir sind Teil der Lösung und nicht des Problems.“ Immerhin gebe es Hygienekonzepte, Security und Ausweiskontrollen seien ganz normal und das kontrollierte Partymachen allemal besser als das im privaten Rahmen. Andererseits rechnet auch er bei Leuten, die spätabends partylustig und mit dem ersten Schwips in der Tenne auftauchten, nicht mit großem Verständnis für Vorschriften.

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Die beiden festen Mitarbeiter mit zusammen 1,5 Stellen, die Mergheim beschäftigt, sind weiter in Kurzarbeit. Die über 40 Aushilfen der Tenne hingegen hätten sich teilweise umorientiert. „Da müssen wir aufpassen, dass bei einer Wiedereröffnung überhaupt noch genug Personal da ist.“

Im Hochsommer hatte Mergheim in Kooperation mit der Pferdefuhrhalterei Winterberg auf deren Gelände Biergarten-Abende veranstaltet. Schöne Abende, wie er resümiert. „Wirtschaftlich war es ein Nullsummenspiel. Aber es ist wichtig, im Gespräch und in Erinnerung zu bleiben.“ Dafür plane er auch weitere Aktionen zu Weihnachten und online. Ideen, die Krisenzeit mit einem veränderten Geschäftsmodell zu überbrücken, seien hingegen „zu 95 Prozent tot“. Denn aus der Tenne vorübergehend ein Speiselokal oder eine Lounge zu machen, scheide nicht nur aufgrund der fehlenden Küche aus. Zudem befürchtet er einen Imageschaden: „Es wäre einfach nicht die Tenne.“