Hallenberg. Ein Tempel aus Holz als äußeres Zeichen der Hoffnung. Warum die Freilichtbühne Hallenberg 2021 auf jeden Fall ihre Passion spielen möchte.
Im Theater liegen bekanntlich die Bretter, die die Welt bedeuten. Auf der Freilichtbühne Hallenberg machen momentan ein paar schlichte Holzbretter zumindest etwas Hoffnung darauf, dass es vielleicht doch 2021 weitergehen könnte. Aus ihnen, aus Nägeln, Balken und menschlicher Energie ist in den letzten Wochen der Tempel von Jerusalem gebaut worden. Den hätte man schon in diesem Jahr für die Passions-Spiele gebraucht, die alle zehn Jahre stattfinden und dann bis zu 40.000 Zuschauer in die Nuhnestadt locken. Doch Corona hat dies verhindert.
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Auf bessere Zeiten hoffen
Nun hoffen die Hallenberger gespannt auf bessere Zeiten – auch wenn es aktuell nicht danach aussieht. „Der Probenbetrieb ruht natürlich nach wie vor. Aber wir haben in diesem Jahr trotzdem schon einiges geschafft und müssen im nächsten Jahr nicht bei Null anfangen“, sagt Bühnensprecher Georg Glade. Die Absage der kompletten Saison war dem Theater nicht leicht gefallen. Aber im April sah sich der Vorstand dann doch zu dem Schritt gezwungen, den nahezu alle Freilichtbühnen gehen mussten. Längst stehen die neuen Termine fest. 32 sind es zwischen dem 30. Mai und dem 4. September. Zusatzaufführungen sind je nach Resonanz nicht ausgeschlossen. Und auch der Paderborner Erzbischof Hans-Josef Becker hat sein Kommen zur Premiere erneut zugesagt.
Viele Gedankenmodelle
Viele Freilichtbühnen in ganz Deutschland überlegen zurzeit, ob sie 2021 - wenn sie denn überhaupt spielen können - das Stück aufführen, das 2020 coronabedingt auf Eis gelegt wurde. Vielfach wird mit dem Gedanken gespielt, Stücke in kleinerer Besetzung auf den Spielplan zu setzen - und dafür vielleicht zwei, statt eine Inszenierung.
Infos unter www.freilichtbuehne-hallenberg.de
Abstand halten
Exakt 1424 Sitzplätze hat der fast komplett überdachte Zuschauerraum – und die sind in Passions-Jahren fast immer belegt. Sollte sich die Corona-Lage bis zum Frühjahr nicht entspannen, müsste auch die Bühne einen Plan B entwickeln. Eine erneute Saison-Verschiebung wäre mehr als ärgerlich, zumal das Theater 2021 auf sein 75-jähriges Bestehen zurückblicken kann. Natürlich könnte die Bühne theoretisch und praktisch nur jede zweite Sitzreihe belegen und erforderliche Abstände einhalten. Schwieriger würde es aber mit dem „Begegnungsverkehr“ und einem separaten Ein- und Ausgang. Und selbst bei nur 700 Zuschauern müsste in der Pause - sofern eine erlaubt wäre - vor den Toiletten große Disziplin herrschen. Und was ist mit der Bratwurst aus dem Heimstudio?
Äußeres Symbol der Hoffnung
Dass der Tempel schon mal steht, hat in vorderster Linie praktische Gründe. Andreas Knecht, der im vierten Jahr für den Bühnenbau verantwortlich ist, und sein bis zu 15-köpfiges Team, wollten schon mal einen großen Schritt weiter sein. „Hier und da brauchten wir fachmännische Unterstützung. Coronabedingt war da jetzt etwas Luft und wer weiß, wie es im Frühjahr aussieht“, sagt der Kfz-Mechatroniker. Vor dem Winter soll noch die Dachpappe ‘drauf und dann heißt es Abwarten und Hoffen, dass die Saison stattfinden kann. Ein zentrales Gebäude ist eigentlich immer Bestandteil des Bühnenbildes. Der Tempel ist jedoch schon etwas größer als andere Häuser. Aber auch Andreas Knecht sieht in dem Holzkonstrukt so ganz nebenbei auch ein Symbol dafür, dass es irgendwie weitergeht.
Mit der aktuellen Lage der Bühnnen befasst sich der Verband Deutscher Freilichtbühnen (Region Nord) kommende Woche bei seiner Jahrestagung. Präsident Heribert Knecht - zugleich Ehrenmitglied der Hallenberger Bühne - hofft, bis dahin auch Antworten von der Landesregierung bekommen zu haben. Denn er sieht eine Ungleichbehandlung zwischen Sporttreibenden und Kulturschaffenden. Knecht: „Warum dürfen Sportvereine in Hallen trainieren und wir müssen - je nach Bundesland - 1,50 Meter und beim Gesang sogar sechs Meter Abstand halten?“
Auch für die Darsteller würde sich bei anhaltender Pandemie-Gefahr vieles ändern: Vielleicht müssten sie sich zu Hause kostümieren und schminken oder zu fest getakteten Zeiten in Garderobe bzw. Maske erscheinen. Das Abstand-Halten auf der 90 Meter breiten und 15 Meter tiefen Bühne dürfte möglich sein. All das sind Fragen, mit denen man sich am liebsten gar nicht beschäftigen möchte, die aber immer wieder mal diskutiert werden - zum Beispiel dann, wenn sich die Bühnenmitglieder unter Einhaltung der Auflagen zum Waldfest treffen. Denn neben der Abstinenz vom Spielbetrieb bedeutet die Corona-Zwangspause für die Mitwirkenden vor und hinter der Bühne auch einen Verzicht auf soziale Kontakte, die gepflegt werden wollen. Schließlich gibt es ein Leben auf und hinter der Bühne.
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Optimismus ist gefragt
Optimismus ist gefragt – und den zeigen die treuen Zuschauer. Schon jetzt liegen rund 5000 Kartenbestellungen vor. Die Programmhefte sind noch nicht gedruckt, aber die Druckvorlagen mit den neuen Terminen liegen bereit. Und die Fertigstellung des Tempels ist ein schönes sichtbares Zeichen der Hoffnung darauf: 2021 wird gespielt. Die Schluss-Szene aus „Kohlhiesel’s Töchter“ - 2019 als Welturaufführung in Hallenberg - bekommt in dem Zusammenhang eine neue Bedeutung: „Was morgen bringt werden wir seh‘n, wir werden alles übersteh‘n. Alles wird gut, wir glauben dran.“