Hallenberg. Es trifft die Spieler ins Mark, es enttäuscht die Zuschauer. Weit über 30.000 sind es alle zehn Jahre bei der Passion. 2020 fällt sie aus.

Ein Freilichttheater hat keinen Vorhang. Trotzdem fällt er in diesem Jahr (symbolisch betrachtet), bevor er sich überhaupt das erste Mal gehoben hat. Der Tempel bleibt ein Torso. Der Abendmahlstisch wird nicht gedeckt. Auf dem Hallenberger Golgatha werden keine Kreuze errichtet. Die Freilichtbühne wird in diesem Jahr die Passion nicht spielen.

Große Enttäuschung

Enttäuschte Gesichter beim gesamten Ensemble. Bis zuletzt hatten Bühnenbauer, Spieler, Techniker, Regisseur und alle anderen Beteiligten gehofft. Aber seit der Corona-Verfügung, dass bis zum 31. August alle Großveranstaltungen abgesagt sind, muss sich auch das Theater dem Virus beugen. Am Samstagabend kam die offizielle Absage.

32 Aufführungen standen vom 7. Juni bis zum 12. September im Spielplan. Die Passion ist stets eine besondere Herausforderung, weil es dann - alle zehn Jahre - immer nur ein Stück und nicht die Unterteilung in Erwachsenen- und Familientheater gibt. Das bedeutet die doppelte Schlagzahl an Aufführungsterminen für alle.

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Schon im Herbst hatte es Castings für die Rollen gegeben. Eine eigene Musik war in Auftrag gegeben und Regisseur Florian Hinxlage hatte viele Ideen, um die Passion zu etwas ganz Besonderem zu machen. In den vergangenen Wochen hatten Proben und Bühnenbau geruht; aber die Sprechrollen konnten mit Hinxlage via Skype an ihrem Profil feilen. Bis zuletzt wurden alle möglichen Szenarien durchgespielt, um das Stück doch noch spielen zu können: von der Verschiebung der Premiere über den Wegfall der Spielpause bis zur Begrenzung der Zuschauerkapazitäten. Aber die Verfügung vom Mittwoch lässt den Veranstaltern kaum Spielraum. „Es ist nun keine Überraschung, schmerzt aber dennoch sehr! Bleibt alle gesund und wir sehen uns im Jahr 2021 auf der Freilichtbühne Hallenberg im Jubiläumsjahr zur Passion“, schreibt der Regisseur auf seiner Facebookseite.

Einmaliges Ereignis

„Viele tausend Kartenvorbestellungen liegen bereits vor. Doch die aktuellen Entwicklungen zur Eindämmung des Coronavirus und die damit verbundenen aktuellen und zu erwartenden behördlichen Auflagen schränken unsere Arbeiten im Hinblick auf die anstehende Saison massiv ein. Das aktuell weiter anhaltende Kontaktverbot macht es uns unmöglich, die nötigen Saisonvorbereitungen umzusetzen“, so der Vorsitzende Albert Winter und sein Vertreter Lothar Rudolph in einer Presse-Mitteilung.

Durch die Corona-Pandemie sei ein Ereignis eingetreten, das in der Geschichte der Bühne einmalig sei. „Das Wichtigste in dieser Zeit ist es, weiterhin die Gesundheit unserer Besucher und unserer Mitwirkenden vor, auf und hinter der Bühne zu schützen.

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Dies hatte und hat immer oberste Priorität. Die vom Gesetzgeber geforderten Schutzmaßnahmen und die Abstandsregelungen können wir in unserem Spielbetrieb nicht gewährleisten“, heißt es weiter.

Bitte um Verständnis

Der gesamte Vorstand der Freilichtbühne Hallenberg habe sich daher einstimmig entschlossen, die Spielsaison abzusagen und auf das Jahr 2021 zu verschieben. Diese Entscheidung sei nach Abwägung aller Möglichkeiten und Alternativen unumgänglich. Hallenberg werde nun im Sommer 2021 erneut zum Passionsspielort. „Wir bitten um Ihr Verständnis für diese Entscheidung, die uns allen nicht leicht gefallen ist. Die nicht vorhersehbaren Probleme und die sich schnell verändernden Rahmenbedingungen stellen für uns alle ein nicht absehbares Risiko dar. Zudem sehen wir es als unsere gesellschaftliche Pflicht an, dass wir alle unseren Beitrag zur Bekämpfung der Corona-Pandemie leisten. Diese Aufgabe ist nur gemeinschaftlich von allen gemeinsam zu lösen“, so der Vorstand der Bühne.

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Die Spieltermine für 2021 sollen kurzfristig festgelegt werden. Bereits vorbestellte und bezahlte Eintrittskarten zur aktuellen Saison werden zurückerstattet bzw. können direkt auf das kommende Jahr übertragen und umgebucht werden. Gutscheine behalten weiterhin ihre Gültigkeit.

Lange Tradition

Das Theaterspielen hat in Hallenberg übrigens noch längere Tradition als in Oberammergau. Die Passionsspiele in dem bayerischen Dorf gehen auf ein Gelübde aus dem Jahre 1633 zurück. In Hallenberg wird das Theaterspiel im Freien schon 1588 erstmals urkundlich erwähnt. Die eigentliche Geburtsstunde der Freilichtbühne in Hallenberg schlägt aber 1946. Im Jahr 1950 wird erstmals Passion gespielt