Olsberg/Brilon. Für Nora Joch aus Olsberg steht seit dem 14. Lebensjahr fest, dass sie Landwirtin werden möchte. So geht sie mit lieben Kühen und Vorurteilen um.

„Andere sagen schon mal, dass das kein Beruf für Frauen ist oder wundern sich, wenn ich sage, was ich mache. Wieder andere sagen, dass wir eh nur Tierquäler sind. Das ist nicht schön“, sagt Nora Joch aus Olsberg. Die 20-Jährige entschied sich schon als Jugendliche für ihr späteres Berufsfeld, auch wenn das nicht immer ganz einfach ist.

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Nora Joch war 14, als sie in einem Buch nach möglichen Schulpraktika blätterte und dachte: „Landwirtin. Warum nicht?“ In ihrer Nachbarschaft in Wiemeringhausen hatte sie zu dem Zeitpunkt schon erste Kontakte mit der Branche, ihr Onkel hat selbst einen Hof, wo sie mit groß wurde und mit anpackte. Das machte immer Spaß, genau wie das Praktikum später auch. 2016 stand für die damals 16-Jährige dann fest, dass sie eine Ausbildung zur Landwirtin machen möchte und schloss diese im vergangenen Jahr ab.

Bedenken in der Familie

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Von dem Wunsch war ihre Mutter angetan, ihr Vater hatte zunächst Bedenken, ob die Tochter die Arbeit wirklich bei Wind und Wetter schafft beziehungsweise machen will. Denn er kennt die Tätigkeiten auf einem Hof. Und obwohl Nora Joch es sich nochmal überlegen sollte, wenn es nach ihrem Vater ging, wich sie nicht von ihrem Plan ab. Zum Glück für sie.

Der Morgen beginnt mit dem Melken

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„Jeder Tag ist einfach anders und doch so gleich. Morgens und abends werden die Kühe im Milchbetrieb gemolken, egal ob es Weihnachten ist oder Schützenfest. Aber es gibt auch immer wieder Überraschungen“, sagt Joch und freut sich hörbar. 90 bis 100 Kühe betreut sie auf einem Hof in Rösenbeck, wo sie derzeit nebenbei arbeitet und auch einen Teil ihrer Ausbildung absolviert hatte.

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Vielleicht müssen die Hufe von einer Kuh bearbeitet werden, eine andere Kuh ist eventuell trächtig und benötigt Unterstützung. Das Aufgabengebiet ist vielfältig, aber nicht langweilig, denn dafür sorgen vor allem die Tiere, die Joch sehr am Herzen liegen. Die Begründung liegt für die 20-Jährige auf der Hand: „Sie sind nicht zu klein, sind süß, elegant, und man braucht ein Auge für die Arbeit mit ihnen, um zu erkennen, wie es ihnen geht. Sie sind ruhig, aber doch auf ihre Art durchgeknallt. Jede hat ihren eigenen Charakter.“ Das Schönste an ihrer Arbeit ist für sie immer noch das Melken und den Kälbern die Milchflasche zu geben.

Olsbergerin erkennt jede Kuh auf dem Hof

Nora Joch erlebt einen Teil ihres Gesellenjahres in Neuseeland. Dort ist manches anders. Die 1300 Kühe werden dort mit dem Moped abgeholt, weil die Weidefläche so groß ist.
Nora Joch erlebt einen Teil ihres Gesellenjahres in Neuseeland. Dort ist manches anders. Die 1300 Kühe werden dort mit dem Moped abgeholt, weil die Weidefläche so groß ist. © Privat

Die Olsbergerin mag es, dass die Tiere trotz der großen Anzahl eher Einzelgänger sind und sie jedes von ihnen genau kennt. Nicht mit Namen, weil ihr Freund sich die nicht gut merken kann, aber zumindest mit Nummer. Für den Laien sind manche von ihnen vermutlich nicht zu unterscheiden, aber Joch ist sich sicher: „Wenn hier plötzlich eine andere Kuh stehen würde, würde ich das sofort erkennen.“

Lernen im Haus Düsse

Jeder, der zwischen Rhein und Weser Landwirt werden möchte, wohnt während seiner Ausbildung für ein paar Wochen auf Haus Düsse.

Im Versuchs- und Bildungszentrum der Landwirtschaftskammer NRW bei Bad Sassendorf im Kreis Soest vertiefen Azubis in der überbetrieblichen Ausbildung ihr Wissen zur Tierhaltung.

Während des Jahres auf der Düsse geht es um Sauenhaltung, Ökoschweine und Schweinemast, Versuchsackerbau, Ackerbau sowie Geflügel und Rinder.

Zweifel gab es während der Ausbildung nie. Auch nicht, als sie mit 16 Jahren bereits das Elternhaus verließ, um auf den jeweiligen Höfen zu wohnen. Pendeln machte durch den frühen Arbeitsbeginn wenig Sinn. Negative Gedanken gab es auch nicht, als sie acht Monate ihres Gesellenjahres in Neuseeland verbrachte, um völlig neue Eindrücke umgeben von 1300 Kühen zu gewinnen. „Zweifel kommen erst jetzt, wo die Stimmung in der Landwirtschaft bescheiden ist. Man hört nicht viel Gutes. In der Ausbildung war noch alles schön“, sagt Joch.

Noch mehr über den Beruf erlernen

Doch von der derzeitigen Situation möchte sie ihre Zukunftspläne nicht beeinflussen lassen. Sie möchte lieber die Zeit nutzen und noch mehr über ihren Beruf kennenlernen. Aus diesem Grund hat sie sich entschieden, in diesem Jahr noch ein Studium in Meschede anzufangen, um einen Abschluss als staatlich geprüfte Agrarwirtin zu erhalten. „Das ist noch einmal eine Umstellung, wenn ich morgens im Unterricht sitze. Da freue ich mich, wenn ich raus an die frische Luft komme und erstmal bei den Kühen sein kann.“

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Ihr geht es aber nicht nur darum, noch mehr Wissen zu erwerben, das ihrer Meinung nach nicht schaden kann, sondern auch darum, dass sie mit einer extra Prüfung im Anschluss an das Studium auch andere Lehrlinge ausbilden darf. Das möchte sie auf jeden Fall auch machen können.

Nora Joch reagiert auf Vorurteile

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Bis es so weit ist, versucht Joch weiterhin, Kritiker von ihren Vorurteilen zu befreien. Nach Möglichkeit würde sie sie für eine Woche auf den Hof in Wiemeringhausen einladen und zeigen, wie genau die Arbeitsabläufe aussehen und wie gut sie damit zurechtkommt. Da das nur schwierig umzusetzen ist, weist sie in sozialen Netzwerken bei falschen Fakten gerne auf die korrekten Informationen hin. Joch: „Wir sind keine Tierquäler. Wir erwarten etwas von den Tieren, aber wir müssen ihnen auch zuarbeiten und ihnen zeigen, dass wir für sie da sind. Viele wissen nicht, was wir machen und reden schlecht über unsere Arbeit. Ich kenne auch nicht die Einzelheiten zu jedem Job, aber ich weiß jene Arbeiten dennoch zu schätzen.“