Olsberg/Brilon. Die Firma Oventrop verlagert einen Teil ihrer Produktion nach Polen. Damit verbunden ist ein Abbau von Arbeitsplätzen. Das sind die Hintergründe.
Die Firma Oventrop verlagert einen Teil ihrer Ventil-Produktion nach Polen. Damit verbunden ist ein Abbau von rund 45 Arbeitsplätzen in Brilon . Kündigungen werde es aber nicht geben. Das betonten die Geschäftsführer Jochen Fähnrich und Johannes Rump gegenüber der WP. Grund für den Aufbau eines neuen Werks in Osteuropa seien die hohen Arbeits- und Energiekosten in Deutschland. Dadurch sei man mit vielen Produkten vor allem auf den Auslandsmärkten nicht mehr wettbewerbsfähig: „Unser oberstes Ziel ist, das Familienunternehmen weiter zu entwickeln, die Standorte Brilon und Olsberg fit für die Zukunft zu machen und langfristig zu sichern.“
Eine Frage der Kosten
Vor allem im sogenannten Auslandsprojektgeschäft werde man regelmäßig massiv um bis zu 50 Prozent unterboten, so die Geschäftsführer. Rund 45 Prozent des Jahresumsatzes von etwa 200 Millionen Euro entfallen auf das Ausland. Die Kundenliste führt mehr als 50 Länder auf. Dort, so Johannes Rump, „müssen wir unseren Fußabdruck stärker sichtbar machen“. Ansonsten sei – auf Dauer gesehen – die Existenz des Unternehmens bedroht. Rump: „ Soweit darf es nicht kommen. Wir brauchen Produkte, die den jeweiligen Kostenmärkten gerecht werden. Das geht in Olsberg und Brilon allein nicht mehr.“
Auch interessant
Die Referenzliste des Unternehmens kann sich sehen lassen. Unter anderem sind dort die Große Moschee von Algier, die Opernhäuser von Dubai und Peking, die Flughäfen von Sao Paolo/Brasilien und Denpasar/Indonesien, Kreuzfahrtschiffe wie die Aida-Nova oder die Queen Mary 2, das futuristisch anmutende Weinmuseum Cité du Vin in Bordeaux und der 212 Meter hohe Sky Tower in Breslau aufgeführt.
In Moskau und Peking Niederlassungen
Technik aus dem Hochsauerland sorgt weltweit für ein angenehmes Raumklima. Neben Heizen kommt in Zeiten der Klimawende dem Thema Kühlung eine wachsende Bedeutung zu. Dabei ist für die Fa. Oventrop vor allem der Nahe Osten sowie der asiatische und der osteuropäischer Markt inklusive Russland von besonderer Bedeutung. In Moskau und Peking zum Beispiel unterhält das Unternehmen bereits Niederlassungen für den Vertrieb von Armaturen und Systemen.
Auch interessant
Für die neue Produktionsstätte hat die Geschäftsführung gemeinsam mit einer Unternehmensberatung den Raum Lublin, rund 200 km südlich von Warschau, ausgeguckt. Eigentlich wollte man schon viel weiter sein. Die Corona-Pandemie habe die Konkretisierung der Pläne verzögert, Verträge seien noch nicht unterzeichnet, so Jochen Fähnrich. Fest steht jedoch, und das ist bereits kürzlich der Belegschaft kommuniziert worden, dass Teile der Ventilfertigung und der Montage nach Polen verlagert werden. Rund 60 Arbeitsplätze sollen in der Region Lublin entstehen.
Fokus weiterhin auf Standorte im Sauerland
Die in Brilon und Olsberg getätigten Investitionen von rund zehn Millionen Euro pro Jahr sollen unabhängig von den Polen-Plänen weiterlaufen, betont Jochen Fähnrich. Derzeit ist die Software-Umstellung bei den Kernprozessen - zum Beispiel Finanz- und Personalwesen, Logistik - intern ein großes Thema. Rund um die Bereiche Technologie und Innovation kümmert sich ein eigenes etwa 40-köpfiges Entwicklungsteam, zudem kooperiert das Unternehmen mit externen Fach-Instituten. Stichworte sind hier Smart-Building, Trinkwasser-Hygiene und Klima-Komfort.
Auch interessant
Froh sind Jochen Fähnrich und Johannes Rump, dass ihr Unternehmen bisher ohne Kurzarbeit durch die Corona-Krise gekommen ist. Zwar habe es zu Beginn des Lock-Downs im Frühjahr wegen der Ladenschließungen und des damit weggebrochenen sogenannten Thekengeschäfts „einen Durchhänger“ (Fähnrich) gegeben. In dieser Zeit habe man aber die Auftragsüberhänge abgebaut. Jochen Fähnrich: „Nach zwei Monaten war beim Inlandsumsatz kein Unterschied zum Vorjahr mehr erkennbar.“ Das sieht im Ausland anders aus, dort haben sich die Umsätze bis einschließlich August noch nicht wieder erholt.
Kritik der IG Metall
Die Geschäftsführung hat Belegschaft und Betriebsrat in die Planungen einbezogen, soweit sie den Standort Brilon betreffen und darum gebeten, die Umsetzung zu unterstützen: Sie alle trügen damit „zur langfristigen Sicherung der Standorte Brilon und Olsberg“ bei.
Für die Gewerkschaft sind Produktionsauslagerungen meistens nur die zweitbeste Lösung. Auch hier, so der Chef der IG Metall-Verwaltungsstelle Olsberg, Helmut Kreutzmann, habe man „nicht wirklich geguckt, wie eine Optimierung“ in Brilon hinzubekommen gewesen wäre: „Aber das sind Mechanismen, die immer so laufen.“