Brilon. Nach Jahrzehnten Schonzeit ist die alte Briloner Bürgerglocke wieder voll einsatzfähig. Außerdem hat die Propsteikirche eine neue Glocke.
Für den ersten Ton musste Montagmittag ein ordinärer Schraubenschlüssel herhalten. Wenn Weihbischof Grothe am kommenden Samstag, 3. Oktober, in einer Festmesse um 15 Uhr die neue Marienglocke anschlägt, wird es vornehmer zugehen.
Das Geläut der Briloner Propsteikirche ist wieder komplett. Noch befinden sich die Klangkörper allerdings nicht hoch oben im Turm, sondern parterre vorne beim Altar. Auf Paletten aufgereiht die vier restaurierten Glocken und, bereits vorbereitet für die Segnung, in einem stabilen Holzrahmen aufgehängt die neue.
Klöppel ersetzt Hammeranschlag
Nicht nur die Marienglocke wird dem Geläut der Propsteikirche eine neue Farbe geben, auch die alte Bürgerglocke ist künftig wieder voll im Einsatz. Der 1583 gegossene Klangkörper war seit Jahrzehnten nur noch beim „Engel des Herrn“-Dreischlag und zur Uhrzeitangabe zu hören. Das wird künftig anders sein. Sie wird voll in das Geläut integriert, und sie wird ihren Nachfolger aus dem Jahr 1946 wieder ablösen und künftig das Schneeläuten übernehmen und den Auszug der Schnade untermalen.
Für Propst Dr. Reinhard Richter ist die Glockenweihe und -segnung mehr als nur ein freudiges Ereignis für die Propsteigemeinde. Schließlich feiere die Stadt Brilon ihr 800-jähriges Bestehen. Doch die Corona-Pandemie habe das geplante Jubiläumsprogramm „kräftig durchkreuzt“. Lediglich der Besuch des Kölner Kardinals Rainer Maria Woelki im Januar, der quasi als Nachfahre von Stadtgründer Engelbert I. dem Hochsauerland seine Aufwartung machte und eine Festmesse feierte, und nun die Segnung und Rückkehr der Glocken, und hier vor allem der beiden Bürgerglocken, haben gewisse Akzente setzen können.
Beitrag zum 800-Jahr-Jubiläum
Sobald alle Glocken hoch oben an ihrem Platz sind, schlägt die Stunde von Küster Willi Steffen. Dann gilt es nämlich, das Geläut aufeinander abzustimmen und die Motoren entsprechend zu programmieren. Die alte Bürgerglocke erhält dabei erstmals eine elektromechanische Steuerung. Zu den Hochfesten wie Weihnachten oder Ostern, sagt Willi Steffen, werden alle sieben Glocken zusammen ertönen.
Kunst und Handwerk
Der Kölner Bildhauer Götz Sambale hat die Marienglocke künstlerisch gestaltet.
Neben einer Marienfigur und Inschriften ist auf ihr der wuchtige Turm der Propsteikirche skizziert.
Hergestellt wurde die Marien-Glocke in der Glockengießerei Rincker aus Sinn (bei Herborn/Hessen.
Die Reparatur der vier alten Glocken nahm die Fa. Eijsbout in Asten/NL vor.
Rund 80.000 Euro wendet die Propsteigemeinde für die Instandsetzung der alten und den Guss der neuen Glocke auf. Allein 17.000 Euro kostet die Marienglocke. Auch im Glockenstuhl selbst waren hier und Holzarbeiten notwendig, um das Geläut für die nächsten Jahrzehnte zu gewährleisten. Fachliche Beratung kam von Theo Halekotte aus Werl, dem Glockensachverständigen des Erzbistums. Für die Instandsetzungsarbeiten steuert Paderborn Geld bei, für die Marien--Glocke allerdings muss die Propsteigemeinde alleine aufkommen.
20 Prozent muss die Propsteigemeinde auch zur Renovierung des Turmes und des Kirchendaches beisteuern. Konkrete Zahlen kann der Propst noch nicht nennen. Für sämtliche Arbeiten seien rund sechs Millionen Euro kalkuliert. Das Projekt sei eine „große historische. kirchliche und städtische Herausforderung“.
2017 haben die Arbeiten - hier gibt es Foto-Impressionen - begonnen. Im Vorjahr habe es eine mehrmonatige Unterbrechung gegeben, weil Paderborn die Aufbringung des Briloner Eigenanteils eine Zeitlang infrage gestellt habe.
Sinkende Spenden
Dass mit den sinkenden Gemeindezahlen auch Kirchensteuereinnahmen und Spenden schwinden, liege auf der Hand, zudem sei, so der Propst, „die Vorrangigkeit eines solchen Projektes angesichts anderer Herausforderungen nicht mehr so einfach zu transportieren.“
Andererseits sei die Propsteikirche ein bedeutendes Baudenkmal für ganz Westfalen.
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Sobald die Glocken wieder an ihrem Platz sind, werde das Gerüst am Turm Zug um Zug abgebaut werden können. Die meisten Arbeiten seien erledigt. Als letztes muss die zum Rathaus hin gelegene Dachseite neu gedeckt und die Fassade saniert werden.