Brilon. Die Anleitung übernimmt ein 89-jähriger Meister der Bildhauerkunst.
Bei Kaffee und Kuchen im Freien konnten die Besucher an der Hiebammenhütte an zwei September-Wochenenden verfolgen, wie unter den Händen von Hobby-Bildhauern kreative Kunstwerke aus Stein und Holz entstanden. Das Interesse am 13. Bildhauerworkshop war 2020 so groß, dass der Kunstverein Brilon ihn auf zwei Wochenenden verteilen musste.
25 Anfänger und Fortgeschrittene wollten bei dem Sauerländer Bildhauer Johannes Dröge aus Sundern Bildhauertechniken und Handhabung der Werkzeuge lernen. Er beherrscht das Handwerk perfekt und die Teilnehmer schätzen seine künstlerischen Tipps. Der erfahrene Künstler war ständig gefragt und lief zwischen den Werkbänken herum, um jeden individuell mit Anregungen für die plastische Gestaltung bis zur fertigen Skulptur zu unterstützen.
Anleitung von 89-jährigem Profi
Auf der Wiese unter einem 120-qm-Zelt lagen überall Werkzeuge und Schleifmaschinen herum, feiner Stein- und Holzstaub wirbelte durch die Luft und die Flex kreischte. Die Hobby-Bildhauer kreierten aus verschiedenen Holz- und Steinarten Unikate. „In diesem Jahr sind fünf Neue dabei und drei absolute Könner, wie das Urgestein Georg Steden aus Züschen“, erklärte Elisabeth Mette, die den 89-jährigen Johannes Dröge unterstützte.
Für das Duo gab es überall viel Lob: „Die beiden haben unheimlich viel Fachwissen. Johannes sieht immer alles und er hört, wenn jemand falsch klopft.“ Bernd Klante aus Winterberg meinte: „Der Kurs hier hat den Vorteil, dass man unter handwerklicher Anleitung viel lernen kann.“ Als er nicht weiterkam, gab es den Tipp von Elisabeth, einen leichten Schwung in sein Modell einzuarbeiten. „Es sind die Feinheiten, die es hinterher ausmachen.“
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So dachte auch Rosemarie Braun aus Düsseldorf. „Ich komme seit 20 Jahren zu den Workshops von Herrn Dröge, bin aber zum ersten Mal in Brilon und ganz entzückt von diesem idyllischen Ort hier. Ich habe mich in ihn verliebt. Diesmal habe ich hier gearbeitet, nächstes Mal komme ich zum Wandern nach Brilon. Deutschland ist so schön, das muss man jetzt einfach entdecken.“ Die Düsseldorferin arbeitete an einem Gesicht aus Alabaster. „Wenn man anfängt, ist es wie ein Dialog mit dem Stein. Steine leben und man spürt, wenn ihm etwas nicht gefällt. Alles findet er nicht gut, dann wehrt er sich. Deshalb arbeite ich auch in Handarbeit statt mit der Flex. Es ist mühsam, aber für mich Meditation.“
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Begeistert von Johannes Dröge und Assistentin Elisabeth Mette war auch Elke Markmann aus Bielefeld. „Weil die beiden so toll sind, würde ich auch woanders hinfahren. Der Hüttenwirt ist auch sehr gastfreundlich. Toll, was der alles für uns macht und auch die Atmosphäre hier ist super.“
Viele persönliche Geschichten
Hinter vielen Werkstücken verbarg sich eine Geschichte. Ein ganz alter Hase unter den Künstlern war Georg Steden aus Züschen. Unter seinen Händen entstand ein wunderschöner etwa 80 cm hoher Engel aus Zirbenholz. Kürzlich hat er etwa sechs Zentimeter kleine Engel für Entlassschüler in Soest geschnitzt und im Frühjahr 1.500 kleine Engel aus Massivholz für ein Kinderhospiz. „Knapp vier Wochen habe ich jeden Tag etwa 150 Stück einzeln ausgesägt“, erzählte der Senior.
„Dieser große Engel geht zum Hospizverein in den Abschiedsraum.“ Etwa 50 Stunden hat er an dem Schutzengel gesägt, geschnitzt, geschliffen und mehrfach verleimt, bis die Holzlasur aufgetragen werden konnte.
Über Bildhauer Johannes Dröge
Der Bildhauer Johannes Dröge ist ein Sauerländer Künstler: geboren 1931 in Sundern, Ausbildung in einer Bildhauerwerkstatt, Studienaufenthalte in Carrara u.a. im Atelier Luigi Corsani.
Seit 1966 freischaffender Künstler mit den Schwerpunkten Steinplastik (Granit, Marmor, Diabas). Zudem Arbeiten in Holz, Bronze und Stahl.
1981 Träger des Staatspreises „Stein“ des Landes NRW
Eine rührenden Hintergrund hatte auch ein Torso „Dame und Herr“ von Berty Hesse aus Wiemeringhausen. „Den Lindenbaum habe ich vor 29 Jahren gepflanzt, als meine Tochter geboren wurde.“ Dann sei er weggezogen, Haus und Grundstück wurden verkauft. Vor sieben Jahren bemerkte er, dass der Baum gefällt worden war. Ein Nachbar hatte ihn abgesägt und aus Zeitmangel noch nicht zu Brennholz verarbeitet. „Ich habe dann das Lindenholz bei ihm gesucht und tatsächlich gefunden“, strahlte Hesse.
Reinhold Klaholz aus Alme arbeitete aus Pflaumenbaumholz mit dem Schnitzeisen zwei Köpfe heraus. „Zwei Gesichter. Einmal mein Zwillingsbruder, einmal ich.“ Nanni Stuhldreier aus Marsberg hatte ein Stück beschädigtes Buchenholz im Wald gefunden und daraus etwas gearbeitet. „Ich dachte: Das ist es. Ein Symbol. Der Lebenskern ist nicht mehr ganz heile, schon etwas beschädigt. Aber jeder braucht Schutz.“
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Alexander Schröder aus Bigge formte aus Eichenholz eine große Kerze mit Tropfen. „Mein Hobby ist Schreinern, ich arbeite seit zehn Jahren zu Hause in der Garage. Ich spare immer Geld zusammen, um mir Holz zu kaufen.“